Tödliche Aktien
gewußt?«
Ich erzählte, was Willie mir über die Klageandrohung des Bergey-Anwalts gegen FairSystems berichtet hatte und über den Brief des Vaters, in dem dieser mitgeteilt hatte, er werde keine Klage erheben.
»Das sieht nach Erpressung aus«, sagte Kerr.
»In der Tat.«
»Haben Sie seit Richards Tod von Doogie Fisher gehört?«
»Nein. Eigentlich weiß ich gar nichts über ihn, abgesehen von dem, was Sie und Superintendent Donaldson mir erzählt haben.«
Kerr sah Rachel an. »Haben Sie davon gewußt?«
Die Augen immer noch auf den Brief gerichtet, schüttelte sie den Kopf. »Nein, Richard hat nie etwas davon gesagt. Aber ich bin keineswegs überrascht, daß Doogie so was macht.«
»Ich auch nicht«, sagte Kerr und nahm den Ordner wieder an sich. »Wir haben bereits mit Doogie geredet. Sieht so aus, als müßten wir ihn uns noch mal vorknöpfen.«
»Haben Sie im Bootsschuppen noch mehr entdeckt?«
»Noch nicht. Die meisten Papiere sind vernichtet, aber es ist erstaunlich, was für Papiere die Techniker heutzutage rekonstruieren können.« Er runzelte die Stirn. »Den hier hätten wir bei der ersten Untersuchung eigentlich nicht übersehen dürfen. Er war unter einem Haufen technischer Papiere verborgen. Aber diesmal sehen wir uns jeden Fetzen Papier an. Keine Sorge.«
Ich überlegte einen Augenblick. Zwar wußte ich herzlich wenig über Doogie Fisher oder BOWL, aber ich fand die Aussicht wenig erfreulich, daß er Einzelheiten über den Motorradunfall veröffentlichen könnte. Das konnte dem Ruf von FairSystems nur schaden. Ja, es wäre höchst nachteilig für die gesamte VR-Industrie.
»Könnten Sie bei diesem Doogie nicht ein bißchen vorsichtig zu Werke gehen?« fragte ich. »Zumindest so lange, bis ich mit ihm geredet habe. Ich würde ungern sehen, daß dieser Brief publik wird.«
»Da ist nichts zu machen, Mr. Fairfax«, sagte Kerr. »Wir haben hier schließlich einen Mord zu klären. Da lasse ich mir nicht von so einem erbärmlichen Erpresser ins Handwerk pfuschen. Ich werde umgehend ein paar Takte mit unserem Freund Doogie reden. Und versuchen Sie nicht, mir zuvorzukommen!« Streng sah er mich an.
»Glauben Sie, das hier könnte ein Motiv für den Mord an Richard sein?« fragte ich.
»Ein unmittelbarer Zusammenhang ist schwer zu erkennen«, sagte Kerr. »Aber ganz offensichtlich herrschte eine Art Erzfeindschaft zwischen Ihrem Bruder und diesem Doogie. Vielleicht haben sie sich im Bootsschuppen getroffen, um über diesen Brief zu sprechen, und da ist der Streit dann außer Kontrolle geraten. Wer weiß? Aber ich werde es schon herausfinden.«
Mit diesen Worten brach er auf und überließ es Cochrane, die Beamten zu beaufsichtigen, die die verkohlten Überreste des Bootsschuppens durchwühlten.
Nachdem ich die Tür hinter den beiden geschlossen hatte, wandte ich mich zu Rachel um. Sie saß am Küchentisch und dachte offensichtlich nach.
Angesichts all der neuen Dinge, die bei FairSystems auf mich eingestürmt waren, hatte ich keine Zeit gefunden, sie nach BOWL zu fragen. Nun war mein Interesse geweckt.
»Dann erzählen Sie mir mal von Doogie Fisher«, sagte ich und nahm ihr gegenüber Platz.
Sie schreckte aus ihren Gedanken auf und blickte mich an. »Doogie hat einmal bei FairSystems gearbeitet«, begann sie. »Kennengelernt habe ich ihn an der Universität von Edinburgh. Wie Richard und ich war er am Fachbereich Künstliche Intelligenz eingeschrieben. Er war glänzend, besessen geradezu. Wochenlang saß er an einem Problem, bis er es gelöst hatte.
Doch dann ließ er das Studium mehr oder weniger sausen. Er wurde eine Art Berufsprotestierer. An allen Demos war er beteiligt, gegen die Kopfsteuer, gegen die British National Party oder einfach gegen die Polizei. Wenn in der Presse berichtet wurde, Agitatoren von außerhalb hätten das Geschehen angeheizt, war Doogie in fünfzig Prozent der Fälle mit von der Partie. Wie Sie sich vorstellen können, war die Uni nicht gerade begeistert.«
»Kam das von heute auf morgen?«
»Nein, seit der Schulzeit war er Mitglied der Socialist Workers Party. Sein Vater war Stahlkocher in Ravenscraig, bis er nach einem Unfall arbeitslos wurde. Doogie war davon überzeugt, daß das Werk die Schuld trug. Dem Direktor, den er für verantwortlich hielt, hat er die Beine gebrochen. Dafür bekam er zwei Jahre. Er ist sehr verbittert. Die Art, wie in diesem Lande Politik gemacht wird, ist ihm verhaßt. Seiner Meinung nach lassen die Tories die Arbeiter und
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