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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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das Denken, das lag ihm«, setzte er sinnend hinzu. Selbst nicht gerade dumm, hatte er immer erklärt, Richard sei der Gescheitere von ihnen beiden.
    Er fuhr fort: »Als er damals die Universität verließ, um FairSystems zu gründen, war ich zunächst enttäuscht. Richard hätte ein großer Wissenschaftler werden können. Doch als wir im letzten Jahr über seine Firma sprachen, begann ich, ihn zu verstehen und sogar zu bewundern.«
    Schweigend hörte ich ihm zu.
    »In der Wissenschaft sind Fortschritte nur mühsam zu erzielen. Dazu muß man in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichen, was bedeutet, daß man sich zuvor der strengen Prüfung durch Fachkollegen zu unterwerfen hat.« Nun sprach Dad wieder konzentriert und präzise. Die Kathederroutine setzte sich durch. »Auf diese Weise ließ sich das Problem nicht lösen, das Richard am Herzen lag. Er wollte die Virtuelle Realität in allen Bereichen unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit heimisch machen. Das ist nicht nur ein Problem der Elektronik und der Softwareentwicklung, sondern auch eines von Management, Marketing, Produktentwicklung, Strategie und Finanzplanung. Das erschwert die Sache natürlich. Trotzdem glaubte Richard sich fast am Ziel. Ein Jahr noch …«
    Ich wußte, daß Richard auf seinem Gebiet, auf dem technischen Sektor, viel geleistet hatte. Doch ich war ein Fachmann für Finanzen, und auf meinem Gebiet liegt die Besonderheit darin, daß sich alles quantifizieren läßt. Es geht immer um die berühmte Bottom Line, das Ergebnis unter dem Strich. Ich war mir nicht ganz sicher, ob sich Richards Unternehmen auch finanziell als Erfolg erweisen würde.
    Mein Vater sah mich direkt an. »Wir müssen uns um die Firma kümmern, Mark, um seinetwillen.«
    Ich stand auf und ging zum Fenster hinüber. Ein Fischkutter lief in den Hafen ein. »Vernünftiger wäre es zu verkaufen«, sagte ich.
    »Finanziell vernünftiger vielleicht. Aber Richard wollte nicht verkaufen.«
    »Ich weiß. Aber glaub mir, es steht nicht besonders gut um FairSystems. Vielleicht haben wir bald keine andere Wahl mehr.«
    »Tu, was du kannst.«
    »Okay, Dad.«
    »Danke.« Mein Vater nippte an seinem Tee. Keiner sagte etwas.
    Schließlich räusperte er sich. »Was deine Mutter angeht …«
    Ich hob die Hand. »Bitte nicht, Dad. Nicht heute. Am besten überhaupt nie.«
    Er lächelte mir zu, mühsam und nervös, schob die Tasse zurück und stand auf, um zu gehen.
    »Fährst du direkt zurück nach Oxford?« fragte ich.
    »Wir essen bei Walter zu Mittag. Am Nachmittag nehmen wir das Flugzeug nach Heathrow.«
    Ich hätte ihn zum Bleiben auffordern können, aber mir war nicht danach zumute. Außerdem wartete draußen seine Frau. Ich war froh, daß ich ihr hatte aus dem Weg gehen können.
    Er stand an der Tür. »Ich freue mich, daß wir heute miteinander geredet haben.«
    »Ich mich auch.«
    Meinte ich das ehrlich? Ich wußte es selbst nicht.
    Er ging. Ein paar Minuten später klopfte es. Es war Karen. Sie sah bedrückt aus, hatte aber nicht geweint.
    »Wie geht’s dir?« fragte sie.
    »Beschissen.«
    »Wie war’s mit deinem Vater?«
    »Ach, ich weiß nicht. Richards Tod macht ihm zu schaffen. Außerdem hat er Angst, daß wir FairSystems verkaufen müssen.« Ich schwieg einen Augenblick. Karen ebenfalls.
    »Es war merkwürdig, mit ihm zusammenzukommen. Anfangs tat es gut, aber dann mußte ich daran denken, was er mit meiner Mutter gemacht hatte …« Nur mühsam beherrschte ich den aufkeimenden Zorn. Ich schlang meine Arme um ihre Hüfte. »Ich bin schrecklich allein, Karen. Richard ist tot, meine Mutter auch, und mit meinem Vater kann ich beim besten Willen nicht reden.«
    »Du könntest es doch wenigstens versuchen.«
    »Nein«, sagte ich rasch. »Es geht nicht. Es wäre wie … Verrat an meiner Mutter.«
    Karen sagte nichts, sondern legte nur den Kopf an meine Schulter.
    »Mußt du wirklich schon heute nachmittag zurück?« fragte ich.
    »Ja«, sagte sie. »Tut mir leid. Aber es war schwierig genug, mich überhaupt loszueisen. Morgen früh muß ich pünktlich erscheinen.«
    »Na, dann«, sagte ich enttäuscht.
    Gegen halb drei kam Sorenson in mein Büro. Ich hatte mit Karen eine Suppe zu Mittag gegessen und sie am Flughafen abgesetzt, bevor ich wieder nach Glenrothes gefahren war. Die Anspannung des Vormittags hatte ich noch nicht abgeschüttelt.
    Sorenson war gut gelaunt und voller Energie. Die Beerdigung hatte er scheinbar abgehakt. »Na, wie läuft’s hier?«
    »Wir wursteln

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