Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
Vom Netzwerk:
verstand.
    »Leider wird FairSystems das Programm für FairSim1 nicht aus der Hand geben können«, fuhr ich fort. »Statt dessen möchte ich ein ähnliches Verfahren vorschlagen, wie wir es mit unseren anderen Geschäftspartnern sehr erfolgreich praktizieren. Das heißt, wir arbeiten bei der Entwicklung aller Anwendungen eng mit ihnen zusammen.«
    Sehr elegant war das nicht. David war völlig schockiert. Er brachte keinen Ton heraus. Fast tat er mir leid. Vor den Augen seines wichtigsten Kunden hatte ihm sein Vorgesetzter, der fünf Jahre jünger war als er, den Teppich unter den Füßen weggezogen. Das war hart, zugegeben, aber ich konnte den Vertrag so nicht durchgehen lassen. Und er hätte nicht versuchen sollen, ihn durchzuboxen.
    Yoshi starrte mich ein paar Sekunden an, während sein Gesicht sich langsam verfärbte. Dann wandte er sich Mr. Akama zu und redete hastig auf ihn ein. Mr. Akama wirkte auf einmal ganz ausgeschlafen. Nun äußerte er sich rasch und zornig, wobei er wütende Blicke auf mich abfeuerte. Yoshi hatte keine Gelegenheit mehr, etwas einzuwerfen, sondern vermochte nur noch zu nicken und von Zeit zu Zeit ein »Hai« hervorzustoßen.
    Endlich versiegte der Redefluß. Yoshi wandte sich wieder uns zu. Er brauchte einen Augenblick, um sich zu beruhigen. »Mr. Akama möchte Ihnen danken, daß Sie sich soviel Zeit für ihn genommen haben«, sagte er mit betonter Höflichkeit. »Leider ist er zu dem Schluß gekommen, daß diese Verhandlungen kaum zu einem für beide Seiten befriedigenden Ergebnis führen können. Daher bitten wir Sie, uns zu entschuldigen. Wir müssen unser Flugzeug bekommen.«
    Daraufhin standen die Japaner geschlossen auf, verbeugten sich unterschiedlich tief, je nach Rang, und gingen in unserer Begleitung zu ihrem langgestreckten Mercedes, der sie wieder nach Edinburgh brachte.
    »Was zum Teufel sollte das denn?« rief David, kaum daß die Limousine den Parkplatz verlassen hatte. »Ich dachte, wir waren uns einig. Onada wäre unser größter Kunde gewesen. Das Geschäft hätte uns zwei Millionen Dollar pro Jahr eingebracht!«
    »Wenn wir FairSim1 weggeben, geben wir die Firma weg«, sagte ich ruhig. »Und wir waren uns keineswegs einig.«
    »Wenn wir ihnen nicht FairSim1 geben, wird nichts aus dem Geschäft«, rief David außer sich. »Ein halbes Jahr habe ich in diesen Abschluß gesteckt. Ein halbes Jahr für die Katz!«
    »Die kommen wieder. Wenn sie ein VR-Unterhaltungsspiel auf den Markt bringen wollen, was ja offensichtlich der Fall ist, dann kommen sie wieder. Sie können sich an niemand anderen wenden.«
    »Einen Scheiß werden sie!« schrie David. »Sie haben gerade das beste Geschäft versaut, das die Firma je in Aussicht hatte!« Damit stürmte er davon, zurück ins Werk.
    Ich blickte mich um. Ein paar Techniker hatten uns gehört. Die Empfangsdame blickte mit offenem Mund herüber. Zweifellos würde unser Streit noch vor Feierabend in allen Einzelheiten die Runde machen.
    Auf dem Weg in mein Büro fragte ich mich, was Richard wohl gemacht hätte.
    Plötzlich kam mir ein Gedanke. »Hat Richard eine Akte über Onada Industries anlegen lassen?« fragte ich Susan.
    »O ja«, sagte sie. Dreißig Sekunden später lag der Ordner auf meinem Tisch. Ich sah mir die letzten Dokumente an. Darunter befand sich ein Vertragsentwurf vom siebzehnten März. Das war gut einen Monat vor Richards Tod. Ich suchte Punkt 4 (a), der FairSim1 behandelte. Da war er, schwarz durchgestrichen und am Rand mit einem großen »Nein« in Richards Handschrift versehen. Außerdem war ein kurzes Fax von Onada Industries abgeheftet, in dem es hieß, daß Onada Industries alle weiteren Gespräche für überflüssig halte, da sich FairSystems mit Punkt 4(a) in der vorgeschlagenen Form nicht einverstanden erkläre.
    Ich war schockiert. Offenbar hatte David die Verhandlungen mit Onada unmittelbar nach Richards Tod wiederaufgenommen und eine entscheidende Klausel in den Vertrag setzen lassen, die Richard ausdrücklich abgelehnt hatte.
    Nun tat es mir überhaupt nicht mehr leid, ihn bloßgestellt zu haben.
    FÜNFZEHN
    Strahlender Sonnenschein lag über Richards Beerdigung. Der Geistliche hatte sich sehr gefreut, daß die Trauerfeier in seiner Kirche stattfinden sollte. Wie sich im Gespräch mit ihm herausstellte, war Richard gelegentlich zu den Sonntagsgottesdiensten erschienen, was mich nicht wenig überrascht hatte. Die Andacht war einfach und ergreifend, keine langen Lobreden. Aufs Meer hinausblickend, dachte

Weitere Kostenlose Bücher