Tödliche Aktien
Fairfax!« Ich erkannte Doogies Stimme, schrill übertönte sie die Rufe der anderen Demonstranten. Ich beschloß, mich an den beiden Männern vorbeizudrängen. Sie leisteten einen Augenblick Widerstand, ließen mich dann aber durch.
Doch plötzlich tauchte Doogies Gesicht dicht vor meinem auf. Es war ein entschlossenes, wütendes Gesicht. Er stand unter großer Anspannung; dick waren die Adern an seiner Schläfe angeschwollen. Unterhalb des Haaransatzes glänzten Schweißtropfen auf seiner Stirn. Ich konnte den Schweiß und die Wut riechen.
»Hören Sie gut zu, Fairfax«, sagte er mit ruhiger, drohender Stimme. Doogie unterbrach sich, um der Presse Gelegenheit zu geben, näher zu kommen. Die Demonstranten verstummten. »Hören Sie, Mark Fairfax«, wiederholte er.
Mein erster Impuls war, ihn niederzuschlagen. Er war mir so dicht auf die Pelle gerückt, daß ich seine Nähe instinktiv als körperliche Bedrohung empfand. Doch dann rief ich mir die Fernsehkameras ins Gedächtnis, vergrub die Hände tief in den Hosentaschen und zwang mich, meinen Zorn zu zügeln.
Doogie zog einige Papiere aus der Tasche. Mir stockte der Atem. Ich hatte den Briefkopf erkannt.
Er hielt den Brief hoch. »Dieser Brief ist vom Anwalt einer Familie, deren Sohn verunglückt ist. Der junge Mann hatte durch die Benutzung eines VR-Geräts jegliche Orientierung verloren, fuhr mit seinem Motorrad gegen einen Baum und fand den Tod.«
Hinter mir hörte ich die Stifte der Presseleute übers Papier kratzen. »Das ist noch nicht alles«, sagte Doogie. »Richard Fairfax hat große Anstrengungen unternommen, um die Familie des Jungen mundtot zu machen. Sie hat Angst. Solche Angst, daß sie ihre Identität nicht preisgeben mag. Aber Virtuelle Realität bringt die Menschen um! Das können Sie nicht ewig unter Verschluß halten.« Triumphierend schwenkte er den Brief. Papier raschelte, als die Demonstranten den Journalisten vorbereitete Pressemeldungen aushändigten. »Was haben Sie dazu zu sagen?«
Ich atmete tief durch und zählte bis drei. »Nichts«, sagte ich, so ruhig ich konnte. »Sind Sie fertig? Dann lassen Sie mich bitte durch.«
Hinter mir ertönte eine Stimme. »Wissen Sie von diesem Unfall?« Ich sah mich nach dem Sprecher um. Ein großer, dünner Mann, noch keine dreißig, den Bleistift erwartungsvoll gezückt. Offensichtlich gab Doogie den Reportern Gelegenheit, Fragen zu stellen. Ein abgekartetes Spiel, dachte ich. Um so mehr Grund, vorsichtig zu sein.
»Kein Kommentar.«
»Aber dazu müssen Sie sich äußern, schließlich ist es eine Frage der öffentlichen Sicherheit.«
»Ich sagte, kein Kommentar.«
»Können wir den Brief sehen?« Eine andere Stimme. Eine Journalistin mit englischem Akzent.
»Tut mir leid, den kann ich nicht aus der Hand geben«, sagte Doogie. »Ich habe der Familie versprochen, ihre Identität zu schützen.«
»Leugnen Sie, daß dieser Junge nach der Benutzung eines VR-Geräts ums Leben kam?« Das war wieder der dünne Reporter.
Mir fiel es immer schwerer, meine Taktik beizubehalten. Dieser Typ war nicht gewillt aufzugeben. Die Fragen, die er in schrillem Ton auf mich abschoß, gingen mir zunehmend auf die Nerven. Angesichts der Leute, die auf mich eindrängten, und vor allem der Fernsehkameras, die kaum einen Meter von meinem Gesicht entfernt waren, bekam ich Platzangst. Ich beschloß, der Sache ein Ende zu machen.
Gewaltsam drängte ich mich durch die Menge. »Tut mir leid, ich kann Ihnen nicht helfen. Ich muß jetzt an meine Arbeit.«
»Mr. Fairfax! Mr. Fairfax!« rief der Reporter noch hinter mir her.
Ich hatte mich schon freigekämpft, als eine Hand meinen Arm erfaßte und mich zurückriß. Ich fuhr herum. Es war Doogie. Dicht schob er sein böse lächelndes Gesicht an das meine heran. »Hören Sie auf meinen Rat, und hauen Sie endlich ab!« flüsterte er.
Ich wandte mich ab und betrat das Werk.
»Wenn ich sage, es läßt sich nicht in zwei Wochen machen, dann läßt es sich in zwei Wochen nicht machen!« Heftig gestikulierend ging Keith auf und ab. David, Rachel, Andy und ich waren alle in meinem viel zu kleinen Büro versammelt. Die Wogen der Erregung schlugen zusehends höher.
»Wir haben öffentlich angekündigt, Fair Render am ersten Juni auf den Markt zu bringen«, sagte David eisig. »Heute haben wir den achtzehnten Mai. Sie haben keine zwei Wochen mehr.«
»Aber ich sage Ihnen doch, Mann, das ist ’ne haarige Sache. Hier geht es um zwei Monate und nicht um zwei Wochen.«
David war
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