Tödliche Aspekte Kommissarin Julia Sanders 2. Fall (Krimis aus Schleswig-Holstein) (German Edition)
LKA Kiel,
Hauptkommissarin Sanders und Oberkommissarin Ballschuh. Wir würden gerne wegen
des Todesfalles Jochen Müller mit Ihnen sprechen.“ Der Arzt runzelte die Stirn.
„Kommen Sie bitte in mein Sprechzimmer.
Im Wartezimmer sitzen noch einige Patienten. Nehmen Sie doch Platz. Ich darf
Ihnen eigentlich gar nichts erzählen, Schweigepflicht, Sie wissen schon. Aber
in diesem Fall kann ich wohl eine Ausnahme machen. Herr Müller ist tot, da
schadet es ihm ja nicht mehr. Was möchten Sie denn wissen, meine Damen?“ Julia
und Andrea sahen sich um. Zwei einfache alte Holzstühle, ohne Kissen, standen
vor seinem altertümlichen Schreibtisch. Nachdem sie sich vorsichtig
niedergelassen hatten, um mit den Stühlen nicht zusammenzubrechen, begann
Julia:
„Herr Dr. Meinhardt, wir wüssten gern,
woran Jochen Müller gestorben ist. Sein Vater erzählte uns, dass ein Virus
schuld war?“ Der Arzt sah von Julia zu Andrea. Er machte einen unsicheren
Eindruck.
„Nun ja, ich will Ihnen nichts Falsches
erzählen. Herr Müller litt, wie viele Menschen hier in unserer Gegend, an einer
gefährlichen Immunschwäche. Wodurch diese Krankheit ausgelöst wird, wissen wir
nicht. Wir tappen völlig im Dunkeln. Durch die Immunschwäche haben natürliche
Viren und Bakterien leichten Eintritt in den Körper. In diesen Fällen, so auch
bei Herrn Müller, waren es gefährliche Bakterien. Da hilft kein Antibiotikum.
Junge Menschen können mit der Krankheit besser umgehen, das heißt, sie können
länger damit leben. Jedoch gehen diese Bakterien oft auf die Nieren oder die Leber
und zerstören sie langsam, hohes Fieber und Schwäche treten ein, und irgendwann
rafft es auch junge Menschen dahin. Meistens ein langes quälendes Leiden. Herr
Müller war erst 45 Jahre alt, als es ihn traf, und es ging schnell bei ihm.
Aber warum ermittelt die Polizei in diesem Fall?“ Julia nickte Andrea zu.
„Wir gehen einem Verdachtsfall nach,
wonach es sich um unerlaubte Tests mit Medikamenten handelt. Mehr dürfen wir
Ihnen im Moment noch nicht sagen. Aber Ihre Auskunft unterstützt unseren
Verdacht. Herr Dr. Meinhardt wir danken Ihnen sehr. Julia hast du noch Fragen
an den Doktor?“ Julia schüttelte den Kopf.
„Nein, das habe ich nicht. Wenn Ihnen
noch etwas einfällt, dann rufen Sie uns doch bitte an.“ Ein Griff in ihre Umhängetasche
genügte, um dem Doktor ihre Visitenkarte zu überreichen. Sie verabschiedeten
sich rasch und machten sich auf den Weg nach Seligengeist zu Dr. Hinrich
Weinlaub. Der Arzt hatte seine Praxis in einem zweigeschossigen, weiß
gestrichenen Haus, das ihm augenscheinlich auch als Wohnhaus diente. Ein Pfeil
auf einem Messingschild, vorn am Gartenzaun, zeugte vom Bestehen der Praxis im
Erdgeschoss. Ein langer Sandweg, der links und rechts von verblühten
Azaleenbüschen gesäumt wurde, führte sie zum Eingang des Hauses. Dr. Weinlaub
hatte seinen letzten Patienten an diesem späten Nachmittag versorgt. Seine
Assistentin bat die beiden Polizistinnen herein und führte sie direkt in das
Sprechzimmer. Er saß hinter seinem Schreibtisch und erhob sich, als Julia und Andrea
eintraten.
„Guten Tag meine Damen, ich bin Dr.
Weinlaub“, begrüßte er sie, als Julia sich und Andrea vorgestellt hatte. Sie
setzten sich. „Ich hatte Ihnen ein Fax geschickt. Kommen Sie deshalb zu mir?“
Julia erwiderte:
„Auch. Sie äußerten in Ihrem Fax den
Verdacht, dass Erkrankungen in Ihrem Dorf mit dem Pharmaunternehmen Kummer
& Schwarz zusammenhängen könnten.“ Weinlaub nickte.
„Ja das stimmt. Jeden Tag kommen neue
Patienten in meine Praxis, die über Infektionserscheinungen klagen. Nach
umfangreichen Blutuntersuchungen wird bei fast jedem die Immunschwäche
festgestellt. Ich kann es mir anders nicht erklären, als dass Kummer &
Schwarz etwas damit zu tun hat. Möglicherweise leiten die ihre Abwässer in den
Selenter See, wo im Sommer viele Menschen baden. Ich weiß es nicht. Keiner der
Erkrankten konnte mir bisher Hinweise geben.“ Julia nickte.
„Wir haben bei Kummer & Schwarz eine
Hausdurchsuchung gemacht und Unterlagen gefunden über das Medikament Cleridon.“
„Hm, das sagt mir nichts“, erwiderte der
Arzt.
„Es ist auch noch nicht im Handel“,
meinte Julia. „Laut Aussage des Chefchemikers der Firma ist es ein Antibiotikum
und wurde offiziell an Mäusen, Ratten und Affen getestet.“
„Sie meinen, es sei illegal in den
Handel gelangt?“, fragte Weinlaub, hellhörig geworden.
„Das wissen wir nicht. Es gibt
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