Tödliche Aspekte Kommissarin Julia Sanders 2. Fall (Krimis aus Schleswig-Holstein) (German Edition)
Kurzem noch
Schweine lebten, konnte man riechen. Der Altbauer hatte die Boxen nicht
ausgemistet, nachdem er die Tiere zum Schlachten gegeben hatte.
„Ganz schöner Gestank hier“, meinte
Andrea und hielt sich die Nase zu. Julia nickte belustigt.
„Das ist gute Landluft.“ Dafür erntete
sie von ihrer Kollegin einen empörten Blick. Sie teilten den Stall in zwei
Bereiche auf. In einer Ecke befand sich eine Werkbank, auf der ein Hammer, eine
Bohrmaschine und eine Schachtel mit Nägeln lagen. An der Wand darüber hing ein
Schrank, der, wenn man ihn berührte, bedenklich schaukelte. Der Landwirt hatte
nur zwei Nägel verwendet, um ihn dort anzuhängen. Viele kleine Schubladen waren
an einer Seite aufgezogen. Verrostete Nägel, Schrauben aller Art, Gummibänder
in allen Farben und Größen und jede Menge Müll, jedoch keinerlei Tabletten.
Bedrückt stiegen die beiden Frauen in ihr Auto.
„Wo fahren wir als nächstes hin?“,
wollte Andrea wissen. Julia dachte kurz nach.
„Wir statten diesem Dr. Meinhardt einen
Besuch ab. Er muss uns sagen, woran Jochen Müller wirklich gestorben ist. Und
dann besuchen wir Dr. Weinlaub in Seligengeist, der uns vor Kurzem das Fax
geschickt hatte.“ Andrea nickte.
„Da hat Kummer den Bauern Geld gegeben,
wenn sie die Tabletten an ihre Schweine verfütterten. Wenn sie es nicht getan
hätten und das Geld trotzdem kassierten, wäre es auch nicht aufgefallen oder
was meinst du?“
„Ich glaube, da hätten sie zu viel Angst
gehabt, dass es herauskommt. Landwirte sind durchweg einfache Menschen.“ Andrea
nickte versonnen.
„Überleg mal, das Fleisch mit den
Tabletten ist bestimmt in den Handel gegangen.“ Julia schüttelte den Kopf.
„Das glaub ich nicht. Bevor es an
Supermärkte oder Metzgereien gegangen wäre, hätte ein Veterinär es noch einmal
untersucht. Es trug ja keinen Stempel, und es gab bestimmt auch keine Papiere. Es
genügt jedoch schon, dass das Fleisch an Freunde und Nachbarn verkauft wurde.“
„Wirklich weiter hat uns dieser Besuch
nicht gebracht“, meinte Andrea nachdenklich.
„Na ja wir haben immerhin einen Arzt,
der uns Rede und Antwort stehen muss. Ich bin auf das Gespräch mit ihm
gespannt“, erwiderte Julia. „Sag mal hast du auch so einen Hunger? Ich glaube,
ich habe heute noch gar nichts gegessen. Hier muss es doch irgendwo ein Café
oder zumindest einen Bäcker geben.“ Andrea stimmte ihr zu.
„In Selent gibt‘s bestimmt so etwas.
Lass uns erst einmal dort hinfahren, wir sind doch noch gut in der Zeit.“
Kapitel 19
Ein
großes Stück Bienenstich und ein Latte macchiato, brachten Julias Lebensgeister
zurück. Sie lehnte sich im bequemen Sessel des Cafés zurück, sah sich um und
lächelte Andrea zu.
„Hübsch hier nicht?“ Das Café war im
ländlichen Stil eingerichtet. Bunt geraffte Bauerngardinen hingen an den
Fenstern. Eine bemalte Wanduhr zierte die Wand, an der sie saßen. In einer Nische
stand ein alter weißer Küchenschrank. Daneben befand sich eine Holzstange an
der Wand, über der ein Küchenhandtuch mit dem gestickten Spruch: Eigener
Herd ist Goldes wert , hing. „Die Dörfer liegen doch alle relativ dicht
zusammen. Ich denke, wir fahren erst noch einmal nach Giekau und dann nach
Seligengeist und statten den Doktoren einen Besuch ab. Dann machen wir bei den
Landwirten weiter. Was meinst du?“ Andrea stimmte zu.
„Ja das würde ich auch sagen. Vielleicht
erfahren wir dann etwas mehr.“ Nachdem sie ihre Rechnung bezahlt hatten, fuhren
sie nach Giekau, einem kleinen verschlafenen Dorf. Gleich hinter dem Ortsschild
fiel ihnen an einem roten Backsteinhaus das weiße Schild der Arztpraxis auf.
Dr. Norbert Meinhardt war der einzige Arzt in dem 500-Seelendorf. Das
Türschloss war so eingestellt, dass die Tür nur locker ins Schloss fiel und
jedermann, ohne zu klingeln, eintreten konnte. Allerdings hing über der Tür
eine kleine Glocke, die jeden Besucher durch ihr Bimmeln ankündigte. Wenige
Sekunden später stand der Doktor vor ihnen und entschuldigte sich.
„Schön guten Tag meine Damen. Ich bin
Dr. Meinhardt. Vielleicht haben Sie schon von mir gehört?“ Julia schüttelte den
Kopf. Einbildung ist auch eine Bildung , dachte sie. „Ich hoffe, Sie
haben sich durch die Klingel nicht erschreckt, aber meine Sprechstundenhilfe
ist krank, und ich wusste mir nicht anders zu helfen. So merke ich stets, wenn
ein Patient hereinkommt.“ Julia streckte ihm die Hand entgegen und stellte sich
vor:
„Guten Tag, wir sind vom
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