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Tödliche Beute

Tödliche Beute

Titel: Tödliche Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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vom Dorf weg.
    Einige Minuten später sah er Scheinwerfer mit hoher Geschwindigkeit über den See genau auf die verlassene Ansiedlung zurasen. Er schwamm weiter, bis er weichen Schlamm unter den Füßen spürte. Erschöpft kroch er an Land, hielt aber nur kurz inne, um sein Hemd auszuwringen.
    Am Ufer kamen Lichter in seine Richtung.
    Nighthawk warf einen letzten traurigen Blick über den See und verschmolz dann wie ein durchnässtes Gespenst mit dem Wald.

20
    Austins sonnengebräuntes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, als das Taxi auf die lange Kiesauffahrt in Fairfax, Virginia, einbog. Er bezahlte den Fahrpreis für den Transfer vom Dulles Airport und lief die Stufen des viktorianischen Bootshauses hinauf, das zu einem alten Anwesen am Ufer des Potomac River gehörte. Drinnen ließ er sein Gepäck fallen, musterte das kombinierte Wohn- und Arbeitszimmer und dachte an das vertraute Zitat von Robert Louis Stevenson.
    Der Seemann ist daheim, zurück von großer Fahrt.
    Genau wie Austin stellte auch sein Haus eine Ansammlung scheinbarer Gegensätze dar. Er war ein Mann der Tat, dessen Körperkraft, Mut und Schnelligkeit ihresgleichen suchten. Dennoch besaß er einen kühlen Intellekt und ließ sich häufig von den großen Geistern früherer Jahrhunderte inspirieren. Seine Arbeit hatte meistens mit den neuesten Errungenschaften der Technik zu tun, aber sein Respekt für die Vergangenheit manifestierte sich in den beiden Duellpistolen, die über seinem Kamin hingen. Sie waren Teil einer Sammlung, die mehr als zweihundert Paare umfasste und von ihm beständig erweitert wurde, obwohl er als Regierungsbeamter kein besonders üppiges Gehalt bezog.
    Die zwei Seiten seiner Persönlichkeit spiegelten sich in dem behaglichen dunklen Holzmobiliar aus der Kolonialzeit und dem scharfen Kontrast der schlichten weißen Wände wider, an denen – wie in einer New Yorker Kunstgalerie – zeitgenössische Originale hingen. Die zahlreichen Regale bogen sich unter der Last Hunderter von Büchern, zu denen Erstausgaben von Joseph Conrad und Herman Melville sowie oft genutzte Bände mit den Schriften der großen Philosophen zählten. Während Kurt sich einerseits stundenlang mit den Werken und Weisheiten von Plato und Kant beschäftigen konnte, enthielt seine umfangreiche Plattensammlung vornehmlich Progressive Jazz. Merkwürdigerweise deutete kaum etwas darauf hin, dass er den größten Teil seiner Arbeitszeit auf oder unter dem Meer verbrachte, abgesehen von dem primitiven Gemälde eines Klippers und einiger anderer Segelschiffe, einem Foto seines Einmasters bei voller Fahrt und einem kleinen Glaskasten mit einem Modell seines Rennboots.
    Austin hatte das Bootshaus mit Sorgfalt – und größtenteils eigenhändig – in ein Heim verwandelt. Seine Aufträge für die NUMA und davor für die CIA verschlugen ihn in alle Winkel des Erdballs. Doch wenn die Arbeit getan war, konnte er stets in seinen sicheren Hafen zurückkehren, die Segel einholen und vor Anker gehen. Um das maritime Bild zu vervollständigen, fehlte eigentlich nur noch eine Ration Grog, dachte er.
    Er ging in die Küche und schenkte sich dunklen Rum mit jamaikanischem Ingwerbier ein. Als er die Verandatüren öffnete, um frische Luft ins Haus zu lassen, klimperten in seinem Glas leise die Eiswürfel. Er schlenderte hinaus in die Dämmerung, atmete die kühle Brise ein und ließ den Blick über den träge dahinströmenden Potomac schweifen. Der Fluss war so schön und friedlich wie immer.
    Kurt nahm auf seinem hölzernen Liegestuhl Platz, lehnte sich zurück und starrte in den Himmel, als könnten die Sterne ihm verraten, was hinter dem Geschehen der letzten Tage steckte. Die misslichen Ereignisse auf den Färöer-Inseln und in Kopenhagen kamen ihm beinahe wie ein böser Traum vor, wäre da nicht das Jucken der heilenden Brustverletzung gewesen oder die Beule unter dem Haar, die er dem Knüppelhieb zu verdanken hatte. Die Sabotage des SOS-Schiffs stand in direkter Verbindung zu dem Überfall in einer ruhigen Kopenhagener Seitenstraße, wobei die Versenkung der
Sea Sentinel
lediglich Mittel zum Zweck gewesen war. Jemand hatte die SOS schlicht als Störfaktor ausschalten wollen. Als Austin neugierig wurde, geriet auch er ins Visier der Täter, erst in Skaalshavn, dann in Kopenhagen.
    Die Situation ließ sich in einer einfachen Gleichung zusammenfassen: Sobald jemand sich zu sehr für eine Firma namens Oceanus interessierte, beschwor er verhängnisvolle Konsequenzen herauf.

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