Toedliche Blumen
glücklich, auch wenn sie geglückt waren. Berg selbst war mit beiden Elternteilen aufgewachsen, aber auch das war definitiv kein hundertprozentiger Glücksfall, nicht einmal besonders zuträglich, wie er fand. Vielleicht war er deswegen oftmals so schwermütig? Zwischen Doris und seiner eigenen Mutter fielen ihm gewisse Ähnlichkeiten auf. Sein Vater hingegen war bedeutend passiver gewesen. Er hatte nicht einmal den Versuch unternommen, seine etwas überdrehte und egozentrische Ehefrau zu verlassen. Vielleicht liebte er sie ganz einfach?, fiel ihm plötzlich ein. Er wollte es auf jeden Fall gerne glauben. Denn es fühlte sich besser an, aus einer liebevollen Beziehung entsprungen zu sein, auch wenn sie irgendwie verrückt war. Oder hielt sein Vater gar das Unterfangen einer Scheidung für praktisch undurchführbar? Sie waren ja viele Geschwister zu Hause. Und natürlich konnte man die soziale Kontrolle durch die Kirchengemeinde nicht ganz außer Acht lassen. Jedenfalls nicht, ohne das Risiko einzugehen, ausgeschlossen zu werden.
»Aber das Kapitel ist jetzt zum Glück abgeschlossen«, rundete Ted Västlund seine Ausführungen ab und nickte Peter Berg stumm zu, der sich beeilte, den gedanklichen Ausflug in seine eigene Kindheit zu beenden.
Die Sonne zeigte sich zwischen den Wolken, gelblich weiße Strahlen brachen sich im Glas des Kronleuchters im Wohnzimmer und ließen ihn in allen Farben des Regenbogens erstrahlen.
Peter Berg wollte es nicht versäumen, Ted Västlund einige Fragen über die finanzielle Situation seiner Mutter zu stellen, um eventuellen Aufschluss über das Geld in dem Karton zu erhalten. Doch er wusste nicht, wie er das Thema ansprechen sollte, ohne dass die Stimmung kippte.
»Was wissen Sie über die finanzielle Situation Ihrer Mutter?«, fragte er schließlich geradeheraus.
»Was sollte damit sein?«
»Was wissen Sie über ihre Finanzen?«
»Eigentlich nichts Besonderes. Sie war wohl ähnlich gestellt wie die meisten anderen auch«, meinte der Sohn schließlich.
Berg fragte ihn, was genau er damit meine.
»Tja, sie war nicht gerade freigebig. Sie hatte wohl ein Händchen, was den Umgang mit Geld betraf. Kam mit dem aus, was sie besaß. Hatte nicht viel über, besonders dann nicht mehr, als mein Vater starb und sie nicht länger den Unterhalt bezog, zu dessen Zahlung er zu seinen Lebzeiten verpflichtet war. Aber sie hatte genügend, um über die Runden zu kommen. Vielleicht sogar ein wenig Erspartes. Aber nicht viel, würde ich meinen. Ich kann es allerdings nur annehmen. Wir haben selten über Geld gesprochen.«
Was Peter Berg merkwürdig fand, wo Ted Västlund doch beruflich mit Geld zu tun hatte, als Wirtschaftsprüfer – oder wie seine Berufsbezeichnung nun genau lautete. Aber vielleicht stand das Private auf einem ganz anderen Blatt.
»Vielleicht besaß sie ein wenig Erspartes«, wiederholte Ted Västlund nicht ohne eine gewisse Neugier, als mutmaße er, dass die Polizei ihm womöglich Informationen über das ausstehende Erbe vorenthielt. »Aber um viel kann es sich dabei nicht handeln«, fügte er erneut hinzu.
Peter Berg sah das Ersparte vor seinem inneren Auge. Fast eine halbe Million. Die Ansprüche der Menschen waren unterschiedlich.
»Also besaß sie keine größeren Ersparnisse, von denen Sie wussten?«
»Ich weiß es nicht, aber ich vermute, dass sie etwas Geld auf die hohe Kante gelegt hat. Aber es kann sich wirklich nicht um größere Summen handeln«, sagte er zum dritten Mal, wobei er jetzt sowohl unsicher als auch deutlich verlegen wirkte.
Er begriff wahrscheinlich, dass die Polizei mehr wusste als er. Doch Peter Berg enthielt sich jeden Kommentars.
Kjell E. Johansson stand erneut vor dem Badezimmerspiegel und versuchte sich zu rasieren. Das letzte Mal lag über eine Woche zurück, wie ihm einfiel. Genauer gesagt, war es vor dieser Veranstaltung gewesen, diesem makaberen Kostümfest, das er im Nachhinein schon unzählige Male verflucht hatte – nicht zuletzt, weil er dumm genug gewesen war, überhaupt dort hinzugehen. Er hatte sich überreden lassen. Und noch bevor er sich auf den Weg gemacht hatte, hatten ihn bereits böse Vorahnungen beschlichen. Er war einfach nicht der Typ für Kostümfeste. In den Kreisen, in denen er verkehrte, legte man keinen Wert darauf, sich zu verkleiden und so zu tun, als sei man Seeräuber oder Haremsdame. Kein Wunder, dass ihm die Galle übergelaufen war und er mit diesem Typ aneinander geriet, der meinte, für alle Fragen des
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