Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman
müsst Ihr erklären!“, rief ich.
Odo murmelte: „Ich fürchte, er wird die Wahrheit sagen, nicht gut für uns!“ Seufzend ließ er sich auf der Bank nieder.
Sparuna übersetzte eifrig den nun in unserer Sprache geführten Wortwechsel. Die Filzhüte hingen an seinen Lippen. Die Frauen im anderen Teil des Hauses, zu denen sich mittlerweile noch weitere gesellt hatten, jammerten und klagten nur leise, offenbar wollten sie die Beratung der Männer nicht stören. Die Weißhaarige, Slawomirs Mutter, sah dabei unverwandt zu uns herüber, besonders streng und erwartungsvoll traf ihr stechender Blick den Sohn. Sie konnte nicht verstehen, was gesprochen wurde, erriet aber wohl aus unseren Mienen und unserem Gebaren, was vorging.
„Ihr wollt eine Erklärung?“, sagte Slawomir. „Ihr sollt sie bekommen, hört zu. Wir gingen über den Fluss, um Zelibor, den schlechten und verdorbenen Wilzen, endlich zu fassen. Das war am fünften Tag, von heute gerechnet. Wir wollten das Räubernest zerstören und unsere Leute befreien. Nichts anderes wollten wir, und unsere Götter, die wir im Tempel befragten, gaben ihr Einverständnis. In der Nacht setzten wir mit zwei Booten über, eine Meile flussaufwärts, damit sie uns nicht zu früh entdeckten. Aber ein scharfer Ostwind blies, und die Strömung trug uns weit fort. Das größere Boot mit 20 Mann trieb so weit ab, dass es von Zelibors Wachen entdeckt wurde. Die beschossen es mit Pfeilen und Lanzen, brachten es auf, und ich glaube, sie töteten alle. Wir im zweiten Boot waren nur 12, und wir gelangten glücklich ans andere Ufer. Aber wir waren zu wenige und konnten nun nicht mehr ausführen, was wir vorhatten. Es wurde Tag, und wir mussten die Nacht abwarten, um sicher zurückzukehren. So lagen wir, 300 Schritte von Zelibors Haus entfernt, im Gebüsch. Als nun die Sonne schon sehr hoch stand, da sahen wir von unserem Versteck aus, wie sich dort Leute versammelten und zu Pferde stiegen. Die ritten los und kamen direkt auf uns zu. Es war der Brautzug. Sie kamen näher, und wir erkannten an der Spitze einige unserer schlimmsten Feinde: Remmert, seinen Sohn Wido und Berulf. Und wir sahen auch dieses Mädchen, die Braut, sie saß gut zu Pferde. Und als sie noch näher kamen, hörten wir, dass sie sich stritten – das Mädchen und die drei Männer. Ich verstand nicht, was sie redeten, aber das Mädchen war zornig, sehr zornig. Wir duckten uns unter die Büsche, und sie bemerkten uns nicht und ritten vorüber. Schon waren sie eine Weile verschwunden – da plötzlich kam das Mädchen zurück … allein! Sie trieb das Pferd an, blickte sich um … und da waren sie auch schon hinter ihr her … vier, fünf, sechs Männer vom Gefolge. Überholten sie, kreisten sie ein, schnitten ihr den Weg ab. Sie versuchte zu entkommen, wehrte sich heftig, doch einer warf sich von hinten auf sie und riss sie vom Pferd. Sie schrie, doch wer hört sie? Nur wir! Da kamen auch Remmert, Wido und Berulf zurück. Lieferten die Götter uns unsere Feinde aus? Durften wir zögern und das Geschenk nicht annehmen? Ich gab Befehl, und wir brachen hervor. Wir waren fast ebenso viele wie sie. Doch überraschten wir sie, und das war unser Vorteil. Nur wenige kämpften, die meisten flohen, auch Remmert und Wido. Berulf verteidigte sich, und wir töteten ihn. Und dann nahmen wir vier von ihnen gefangen. Aber das Mädchen kam freiwillig mit. Sie sagte: ‚Dank euch, ihr seid meine Befreier!‘ Erst später erfuhr ich, dass es Warattos Tochter war.“
„Ihr behauptet also“, sagte Odo, zu der respektvolleren Anrede übergehend, „die Tochter des Grafen habe ihren Bräutigam nach einem Streit verlassen und sich davonmachen wollen. Wohin?“
„Zu ihrer Familie“, erwiderte Slawomir. „Sie wollte nicht bei den Sachsen leben. So sagte sie mir.“
„Ein waghalsiges Unterfangen. Und völlig aussichtslos, wenn schon der Ehevertrag geschlossen wurde.“
„Das wusste sie. Ihr Vater hätte sie zu den Sachsen zurückgebracht.“
„Und trotzdem kehrte sie um?“
„Sie war verzweifelt. Dachte nicht lange nach, wusste nicht, was daraus werden sollte. Sie wollte fort und sagte sich nur: Alles besser, als Widos Frau zu werden.“
„Alles besser? Auch die Frau Eures Vaters zu werden?“
„Davon ahnte sie ja noch nichts“, sagte Slawomir leise, wobei er Odos forschendem Blick nicht standhielt und sich verlegen abwandte.
„Die Geschichte würde ich gern von ihr selbst hören“, sagte Odo. „Wo ist sie jetzt? Dürfen
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