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Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Titel: Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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wollten, hätten, um alle zu täuschen, menschliche Gestalt – unsere Gestalt angenommen. Da hatten Sparuna und Niklot alle Überredungskunst aufbieten müssen, um die Wüteriche – an ihrer Spitze einen gewissen Pribislaw, von dem noch die Rede sein wird – davon abzuhalten, den arglistigen Dämonen, die sich in Gesandte des „großen Knes der Franken und Sachsen“ verwandelt hatten, ein menschliches Schicksal zu bereiten. Unsere beiden Freunde sorgten dann auch dafür, dass wir einen einigermaßen sicheren Platz zur Übernachtung erhielten. Am Ufer des Sees, etwa 100 Schritte von der Burg entfernt, auf der dem Tor abgewandten Seite und von dichtem Buschwerk gedeckt, durften wir unsere Zelte aufbauen. Im Mondschein gingen wir ans Werk. Später fanden sich einige junge Kerle ein, angeblich Verwandte Sparunas, die uns schützen, aber wohl auch beobachten sollten. Natürlich war an Ruhe kaum zu denken. Die ganze Nacht lang schallten das Klagegeheul der Frauen und dumpfe Trauergesänge der Männer aus der Burg herüber. Erst gegen Morgen, als sich die zarte Röte der ersten Sonnenstrahlen auf der glatten Fläche des Sees spiegelte, wurde es still.
    Schlaf fanden wir trotzdem nicht, denn Niklot kam, um uns abzuholen. Die Verwandten des so plötzlich verstorbenen Knes und die Stammesältesten wünschten, dass wir vor ihnen erschienen. Wir hatten unsere Kleider nicht abgelegt, um bei Gefahr keine Zeit zu verlieren, und waren bereit. Ich befahl unseren Leuten, die eisenbeschlagene Truhe mit den Geschenken abzuladen. Glücklich hatten wir es geschafft, die kostbaren Gegenstände, die sie enthielt, vor den Tücken unseres Reisewegs und den Begehrlichkeiten der Räuber zu retten.
    Odo wollte sich mit seiner Spatha, dem Langschwert, gürten, aber Niklot erklärte uns, wir dürften nur unbewaffnet kommen. Auch Helko und Fulk, die uns mit der Truhe begleiteten, mussten widerstrebend auf ihre geliebten Schwerter, Dolche und Äxte verzichten. Der Igelkopf führte uns durch das Haupttor über den Burghof. Hier schwelten noch die Freudenfeuer der Hochzeit. Der Boden war mit klebriger, festgetretener Asche bedeckt und übersät mit Tonscherben, Knochen, zerstampften Äpfeln, Eiern und Blumen. Wir stiegen über alles hinweg und betraten das längliche Haus in der Mitte.
    Rechts auf der Ruhebank an der Wand lag der Tote, wohl noch genau an der Stelle, wo er gestorben war. Man hatte ihn mit einem Bärenfell zugedeckt, unter dem sein winziger, bleicher Kopf mit dem spitzen Graubart recht kümmerlich hervorsah. Um ihn herum hockten jammernd und greinend einige Weiber unterschiedlichen Alters. Kaum waren wir eingetreten, sprang eine von ihnen auf und kam uns mit raschen Schritten, doch stark hinkend entgegen.
    Es war eine große, knochige Frau mit straff nach hinten gekämmten, von einem Schläfenband gehaltenen weißen Haaren und bronzenen Reifen an beiden Armen. Diese Frau war, daran erinnerte ich mich, in der Nacht die Erste von denen gewesen, die in das Haus eingedrungen waren. Sie hatte tiefschwarze Augen und einen stechenden Blick, der kaum auszuhalten war. Aus ihrem breiten, faltigen Mund, in dem schon die meisten Zähne fehlten, tönte uns ein heftiger wendischer Wortschwall entgegen.
    Man musste der Sprache nicht mächtig sein, um zu verstehen, dass es sich um eine Anklage handelte. Mit schriller Stimme, die sich fast überschlug, schrie die Frau die Worte heraus, kaum Atem holend, die dürren Arme mit den klirrenden Reifen immer wieder in Richtung des Toten ausstreckend. Ich verstand nur wenig, aber zwei Worte, die sie mehrmals hervorstieß, die Worte „Gift“ und „Zauberei“, ließen keinen Zweifel: Sie glaubte, der Knes, dessen älteste Ehefrau sie anscheinend war, sei ermordet worden. Ermordet in seiner Brautnacht mit der Neuen, der Jüngsten – der Fränkin.
    Ein junger Mann mit langen blonden Haaren trat an die Seite der Weißhaarigen und versuchte, sie zu beruhigen. Er nannte sie „Mutter“, ergriff sie am Arm und wollte sie von uns fortziehen. Sie machte sich heftig los und schrie weiter auf uns ein. Ich hörte alles in Demut an, aber Odo hatte schließlich genug, drehte sich zu Helko und Fulk um und bedeutete ihnen, die Truhe auf den Boden zu stellen und zu öffnen. Unter dem Deckel kam ihr glitzernder, funkelnder Inhalt zum Vorschein. Das verfehlte nicht seine Wirkung.
    Die Frau verstummte und ließ sogar den ausgestreckten Arm, der anklagend auf den Leichnam wies, in der Luft stehen. Odo bückte sich, griff

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