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Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Titel: Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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in die Truhe und zog eine schöne, fast handtellergroße Fibel aus Almandin und Gold hervor. Mit höflichem Lächeln ergriff er den ausgestreckten Arm, bog ihn zu sich herum und legte der Frau den Schmuck in die Hand. Einen Augenblick starrte sie auf das Geschenk, und es schien fast, als sei sie geneigt, es zu nehmen. Dann aber warf sie die Fibel verächtlich in die Truhe zurück und wandte sich ab. Immerhin hörte sie auf zu schreien. Ich blickte Odo vorwurfsvoll an. Gehörte es sich, auf diese Weise eine trauernde Witwe trösten zu wollen? Zunächst einmal hatten wir eine höhere Pflicht. Ich gab auch den beiden anderen ein Zeichen. Wir traten an das Lager des Toten, und ich verbeugte mich so tief, dass meine Stirn den Boden berührte. Die drei folgten meinem Beispiel, wenn auch nicht ganz so ehrerbietig.
    Nun erst bemerkten wir, dass wir in dem gegenüberliegenden Teil des Hauses, wo sich die Feuerstelle befand, erwartet wurden. Wohl zehn, zwölf spitzbärtige, streng blickende Männer mit Filzkappen saßen dort auf den Wandbänken, einige Alte darunter, die meisten in der Blüte ihrer Jahre. Der blonde Langhaarige schien der Jüngste zu sein. Neben diesem saß Sparuna, der gleich das Wort nahm. Er bat uns, auf einer der Bänke Platz zu nehmen, nannte den anderen unsere Namen und unseren Rang und erklärte ihnen, dass wir als Freunde und als Abgesandte des „mächtigen Knes Karolus Magnus“ kämen.
    Dann erfuhren wir auch die Namen der Männer. Stellvertretend für den Verstorbenen und bis zur Wahl seines Nachfolgers sollten sie dem Obodritengau vorstehen. Gleich beim ersten Namen horchte ich auf – es war der des Jüngsten, des Blonden. Sparuna nannte ihn respektvoll und fügte hinzu, es handele sich um den ältesten Sohn des Ratibor. Der etwa 23-Jährige war also Slawomir. Dieser junge Mann mit ebenso tiefschwarzen Augen wie die zornige Frau, aber sanften, sinnlichen Zügen war der Entführer der Tochter des Grafen Waratto, die seine Mutter vor wenigen Augenblicken des Mordes an seinem Vater beschuldigt hatte.
    Wo befand sich jetzt diese Hereswind? Wohin mochte man sie gebracht haben? Während Sparuna die Namen der anderen Männer nannte, wandte ich den Kopf und blickte zu den Frauen hinüber, die bei dem Toten hockten. Nein, sie war nicht dabei. Zwar hatte ich in der Nacht das Gesicht der Braut nicht erkennen können, doch musste sie im Vergleich zu diesen hier kräftiger, größer und wesentlich jünger sein.
    Odo stand auf und begann zu reden. Er beklagte den plötzlichen Tod des Knes Ratibor, eines guten alten Freundes, zu dem wir uns zwecks Erneuerung des bewährten Bündnisses aufgemacht hatten, und gab so getreu wie möglich wieder, was uns vom Herrn Karl aufgetragen war. Er hatte sich in den Purpurmantel gehüllt und war von Kopf bis Fuß ein Stellvertreter des Kaisers. Sparuna übersetzte, und bald bemerkte ich, dass sich einige Mienen unter den Filzkappen wohlwollend in die Breite zogen. Die offene Truhe mit den Geschenken, auf deren Kante Odo bei seiner Rede lässig den Fuß setzte, lieferte zusätzlich glänzende Argumente für unsere Mission. So schien zunächst alles gutzugehen.
    Dann aber kam es doch noch anders.
    Einer der Männer sprang auf, fiel Odo heftig ins Wort und überhäufte uns, so wie vorher die Frau, mit Vorwürfen. Es war jener schon erwähnte Pribislaw, der uns für böse Geister gehalten hatte. Mit seiner langen spitzen Nase und dem flammend roten Bart, mit seinen zuckenden Bewegungen und sogar seiner krähenden Stimme ähnelte er einem wütenden Gockel. Wie wir gerade erfahren hatten, war er ein Neffe des Verstorbenen und unter den Verwandten nach Slawomir der Ranghöchste. Er brachte seine Anschuldigungen so hastig und zungenfertig vor, dass Sparuna mit dem Übersetzen kaum nachkam. Freundschaft biete der große Knes? Wolle Beschützer sein? Treuer Bundesgenosse? Schicke Geschenke? Die Erde verschlinge den Heuchler! Der Blitz erschlage den Räuber und Mörder! Morgen werde er wieder die Banden des Zelibor schicken, um Obodriten zu erschlagen und zu verschleppen. Und in den Truhen von dessen Auftraggebern Waratto und Remmert werde sich zehnmal, hundertmal so viel Gold und Silber ansammeln, als er hier zur schäbigen Abfindung anbiete. Aber der stolze Obodrit sei nicht käuflich, und, bei Siwa und den anderen Göttern, er werde für alles, was ihm angetan wurde, Rache nehmen.
    So sprach, stark verkürzt wiedergegeben, dieser Pribislaw. Und leider war der wütende Gockel im

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