Tödliche Ernte
dass … Ich kann das nicht erklären. Aber Blessing sollte nicht alles abkriegen.«
»Na gut. Dann also McArdle.«
Ich drückte sie an mich, was sie zuließ wie eine Hündin, die es mit einem überdrehten Welpen zu tun hatte. Ich brachte sie zur Tür. »Schließ ab«, sagte sie.
»Mache ich immer.«
»Manchmal braucht man einen Beschützer, Tally.«
Manchmal wünschte ich, ich hätte einen.
* * *
Die Trommeln hielten mich wach. Ich hörte sie schon seit Jahren, eine Erinnerung an den Tod meines Vaters. Heute Nacht echoten sie in meinem Kopf, sanft, säuselnd.
Um zwei Uhr morgens saß ich in meinem Bett, Penny neben mir, ein ungelesenes Buch im Schoß. In manchen Nächten pochten die Trommeln da-damm, da-damm. Heute Nacht war ihr Klang leise und langsam.
Chesa. Wo war sie – wo war ihre Seele, ihr Innerstes? Und wo war Della? Vielleicht tanzte sie mit ihrer Schwester, obwohl ich das bezweifelte. Genauso wie ich bezweifelte, dass mein Vater mit der Mutter, die ich nie gekannt hatte, durch den himmlischen Ballsaal wirbelte. Aber ich wünschte, es wäre so.
Mein Mund wurde feucht. Ein weiterer Bourbon würde die Trommeln zum Schweigen bringen. Penny fing an, mir das Kinn zu lecken.
Ich kippte noch einen Schluck Bourbon und lehnte mich dann, statt die Trommeln zu bekämpfen, zurück, verschränkte die Hände im Nacken und versuchte, die Nachricht zu entziffern, die sie mir schickten.
Kranak ging mir auch am nächsten Tag aus dem Weg. Nach dem Mittagessen fuhr ich hinaus nach Newton zu meinem Treffen mit Dave Haywood.
Als ich mich auf die Couch in Daves Wohnungsanbau plumpsen ließ, war ich ziemlich fertig mit den Nerven.
Er reichte mir eine Cola Light. »Dieser McArdle.« Kopfschüttelnd schwang er sich auf einen Stuhl, die Lehne zwischen den Beinen. »Ich frage mich nur, wie jemand ein falsches Beerdigungsunternehmen führen kann.«
»Falsch?«
»Genau. Alles Schall und Rauch. Keine Genehmigung. Kein Papierkram. Es gibt keine Unterlagen über ihn oder sein Unternehmen.«
»Die Firmensitze. Er hatte auch noch einen in Harvard. Also war das alles Schwindel?«, sagte ich. »Aber warum? Wie?«
Haywood nickte. »Ein unechtes Beerdigungsunternehmen ist verdammt schwer zu führen. Wie lang war er denn in Roxbury?«
»Drei Jahre. Wie hat er das gemacht? Und warum?«
»Er muss die nötigen Unterlagen gefälscht haben«, sagte Haywood. »Oder aber er hat sich gar nicht mit dem Papierkram aufgehalten. Hat einfach ein Schild rausgehängt. Wer hinterfragt das schon? Das Einbalsamieren ist da schon komplizierter.«
Irgendwo in der Leichenhalle fiel eine Tür ins Schloss. »Man sagte mir, er hätte wenigstens einige Trauerfeiern organisiert. Eine davon muss auch in der Firma in Harvard stattgefunden haben, sonst wäre er ja nicht in der Datenbank von mgap . Aber wer behauptet, er hätte die Leichen einbalsamiert? Verstehst du, was ich meine?«
»Leider ja.«
»Vielleicht hat er die Leichen einfach irgendwo entsorgt. Oder die Sache in Roxbury war eine Fassade, um eine Spielhölle oder einen Drogenhandel zu verbergen.«
»Du sagtest doch, die Schwester deiner Freundin sei lebend dort gewesen«, meinte Haywood. »Vielleicht ist sie ja da gestorben, an einer Überdosis zum Beispiel, und daraufhin zieht McArdle diese falsche Trauerfeier auf.«
»Bis auf die Autopsieschnitte. Ich vermute, sie stammen vielleicht von einer OP. Sicher. Della war vielleicht krank. Deshalb wurde sie operiert. Und sie stirbt bei McArdle.
Und weil seine Putzfrau, Mrs Cheadle, Chesa von ihrem Tod erzählt, muss er die Trauerfeier aufziehen. Genau. Und Mrs Cheadle hat sein Vorhaben vereitelt, indem sie Chesa davon berichtete, die es wiederum mir gesagt hat. Verstehst du?«
Haywood nickte. »Verstehe. Nur zu gut.«
»Deshalb musste Dellas Sarg auch echt sein.«
»Echt?«, wiederholte Haywood.
»Im Untergeschoss habe ich lauter nachgemachte Särge gefunden, die Blessing zerschlagen hatte.«
Haywood lachte schallend und schlug sich auf die Knie. »Da hast du dein ›warum‹. Die Särge hättest du früher erwähnen sollen.«
»Wenn man bedenkt, dass Chesa ermordet wurde und McArdle mit Dellas Leiche verschwunden ist, dann erscheint einem so was eher nebensächlich.«
»Meine Berufskollegen würden mich umbringen, wenn sie wüssten, dass ich darüber lache. Ich glaube, mit dem Drogenhandel liegen wir falsch.«
»Hm?«
»Dein McArdle ist nichts anderes als ein Betrüger. Der alte Trick mit der Mogelpackung. Stellt den teuren Sarg aus,
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