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Tödliche Ewigkeit

Tödliche Ewigkeit

Titel: Tödliche Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Marquet
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Morgen begegneten sich Jeff und Ann wieder. Beide mussten die Untersuchungen über sich ergehen lassen, die Raúl vor ihnen durchgestanden hatte. Sie konnten sich nur mit Blicken verständigen. Ann war kurz davor zusammenzubrechen, und Jeff versuchte, ihr etwas Kraft zu spenden. Die Spuren der Ohrfeige waren noch immer deutlich auf ihrem Gesicht zu sehen, was Jeff außer sich brachte – und zwar in einem Maße, das ihn selbst überraschte. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als diesem Mendoza, der sie geschlagen hatte, noch einmal gegenüberzutreten.
    Für wenige Augenblicke standen sie dicht nebeneinander, und Jeff gelang es trotz seiner Fesseln, sie an der Schulter zu berühren.
    »Keine Angst«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Wir kommen hier schon wieder raus.«
    Eher dank der flüchtigen Berührung als wegen seiner Worte spürte Ann, wie neue Energie durch ihren Körper strömte. Doch sie wurden wieder getrennt. Die junge Frau, die man für die Rolle des Versuchskaninchens ausersehen hatte, wurde ins Behandlungszentrum gebracht. Jeff brauchte nach seinem Unfall ein paar Tage Ruhe. Da er als gefährlich galt, ließ man ihn nicht ins Camp, aus dem Raúl entkommen war, sondern sperrte ihn in einen winzigen Raum, vor dem ständig zwei Wachen postiert waren.
    Für Ann begann die Hölle.
    Den ersten Vormittag ihres Martyriums verbrachte Ann zusammen mit Steve Buchanan. Während sie auf dem Bett lag, bombardierte er sie mit allen erdenklichen Informationen und überwachte gleichzeitig peinlich genau die sorgfältige Verabreichung der Substanzen. Man würde an ihr ein vielversprechendes Präparat zur Umprogrammierung der Zellen testen. Ihr wurde lokal ein gentechnisch verändertes Virus injiziert, dem die Fähigkeit zur Vermehrung genommen worden war. Es würde mit ihren Zellen verschmelzen und sie mit einem neu entwickelten genetischen Programm versehen, das die Konzentration zweier antioxidativer Enzyme über das normale Maß ansteigen ließ. Auf diese Weise sollte eine deutliche Verlangsamung der Zellalterung erreicht werden.
    Ann versuchte nicht daran zu denken, was man ihr in die Venen spritzte. Sie beobachtete den unterkühlten jungen Mann, der zu ihr sprach, als hielte er einen Vortrag. »Wir betrachten Sie als unsere Mitarbeiterin«, so hatte er begonnen, »und Sie haben natürlich das Recht, alles über die Veränderungen zu erfahren, die an Ihrem Organismus vorgenommen werden.« Dass dieser Forscher, der jegliche menschliche Regung in sich abgetötet hatte, von ethischen Prinzipien sprach, war für sie das Erschreckendste.
    Es kostete sie einige Überwindung, aber dann fragte sie doch:
    »Welche Risiken gehe ich ein?«
    »Jedes durch ein Gen ›maskierte‹ Enzym ist Teil einer Reihe voneinander unabhängiger Reaktionen. Seine Wirkung zieht zwangsläufig andere metabolische Veränderungen nach sich. Man kann diese nicht vorhersagen. Doch Tierversuche wären unzureichend, da ein Tier anders reagiert als der Mensch. Daher ist Ihre Teilnahme für uns auch so wertvoll.«
    Ann schloss für einen Moment die Augen. Ruhig bleiben. Bloß nicht diesem Irren widersprechen, von dem ihr Leben abhing.
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
    »Wenn ich das könnte, wäre es nicht erforderlich, die Wirkung an Ihrem Organismus zu erproben. Wir sind nicht imstande vorherzusehen, was geschehen kann, und deshalb werden wir, dank Ihrer Mithilfe, wertvolle Erkenntnisse gewinnen können.«
    Ann begann zu zittern und konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. Tränen der Angst und auch der Wut. Sie war nur ein Gegenstand in ihren Händen, eine gewöhnliche Laborratte. Ihr Körper wurde als Forschungsobjekt angesehen, ein Instrument im Dienste ihres wahnsinnigen Ziels!
    Steve trat an das Bett der jungen Frau und legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. Merkwürdigerweise spendete ihr diese Berührung Trost. Die Hand dieses Mannes strahlte eine beruhigende Wärme aus, die im Gegensatz zu seiner eisigen Art stand. Ann schöpfte Hoffnung. Sie durfte nicht panisch werden. Vielleicht hatte sie eine Chance, wenn es ihr gelang, sein Mitgefühl zu wecken. Sie suchte seinen Blick und sagte:
    »Steve, Sie sind kein Monster. Wie konnte es nur so weit kommen?«
    »Ihre derzeitige Lage erlaubt es Ihnen nicht, mein Verhalten nachzuvollziehen«, erwiderte er mit einer seltsamen Ruhe. »Es wird sehr lange dauern, bis unser Projekt Anerkennung findet.«
    »Sie waren glücklich, Sie hatten alles«, fuhr sie fort, stets bemüht, ihren Atem

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