Tödliche Feindschaft
Forschungsreisende, die soeben aus Afrika kommen. Sie belieben stets, in diesem Hotel zu wohnen, und daran wird auch eure Anwesenheit nichts ändern. Im übrigen ist die Vergabe von Zimmern meine Angelegenheit und nicht die eure.« »Unverschämtheit!« rief die jüngere.
»Ihr flegeliger Kerl«, schloß sich die ältere an. »Ihr scheint zu verkennen, wen Ihr vor Euch habt. Und ich versichere Euch, daß Ihr den letzten Tag in diesem Hotel bedienstet seid. Mein Mann ist ein Freund des Besitzers.«
Ojo hatte bisher still zugehört. Es bereitete ihm Vergnügen, wie der Empfangschef die brillantenbehängten Weiber abkanzelte. Aber als er vernahm, daß dem Guten mit Entlassung gedroht wurde, ging sein gutes Herz mit ihm durch. Er wollte etwas für ihn tun. Aber in seiner Ungeschicklichkeit tat er gerade das Verkehrte.
Er trat auf die Frauen zu, stemmte die Hände in die Hüften und meinte so laut, daß es jeder hören konnte :
»Ihr Vogelscheuchen, ihr Nichtstuerinnen, wie kommt ihr dazu, euren Einfluß dazu zu benutzen, einen braven Mann brotlos zu machen? Wenn ihr das nicht sein laßt, so werdet ihr Sansibar nicht lebend verlassen. Hier, seht euch meine Fäuste an. Mit diesen werde ich eure Köpfe zusammenstauchen, bis sie platzen.«
Die Damen rissen die Augen auf. Ojo hatte seinen letzten Satz noch nicht ganz beendet, als die Alte in Ohnmacht fiel. Die jüngere stand ihr in Empfindlichkeit nicht nach und legte sich daneben.
Die Hotelgäste waren dem ganzen Auftritt interessiert gefolgt. Manche schüttelten sich innerlich vor Lachen, andere standen auf der Seite der beiden Frauen.
Der Empfangschef sprang hinzu, rief seine Pikkolos und befahl ihnen, einen Arzt zu holen. Bisher war alles ruhig geblieben. Aber gerade in diesem Augenblick öffnete sich das
Hotelportal. Ein älterer, sehr vornehm wirkender Herr in der Uniform eines portugiesischen Generals betrat die Halle. Als er die beiden in Ohnmacht gefallenen Frauen sah, stieß er einen Ruf des Schrecks aus und eilte auf sie zu.
»Josephina!« rief er, »Isabella! — Was ist mit ihnen?« wandte er sich an den Empfangschef. Der stotterte irgend etwas, aus dem man nichts entnehmen konnte.
»So sprecht doch«, drängte der General. »Wie konnte das geschehen?«
Michel war bis jetzt stumm geblieben. Aber als er sah, daß einer von den Gästen Miene machte aufzustehen, sich dem General zu nähern und diesen aufzuklären, kam erjenem zuvor. Er trat auf den General zu und verneigte sich verbindlich.
»Baum«, stellte er sich vor, »Doktor Baum. Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß Euch diese Damen sehr nahestehen?«
Der General maß Michel mit einem prüfenden Blick. Aber er hatte bessere Menschenkenntnis als die Frauen. Er schätzte Leute nicht nach ihrer Kleidung ein. »Es sind meine Frau und meine Tochter«, erwiderte er.
»Ich bin Arzt«, sagte Michel. »Gestattet Ihr, daß ich den Damen behilflich bin?«
Der General nickte. Michel winkte Ojo und befahl diesem, die Alte aufzuheben und auf ihr Zimmer zu tragen. Zwei Pagen folgten mit der jüngeren.
Kaum waren sie jedoch oben, als die beiden Ohnmächtigen wie auf Kommando die Augen
öffneten.
»Laß die beiden einsperren, Hernán«, kreischte Josephina.
Der General war verwundert.
»Aber sie haben dir doch geholfen, Liebling !«
Nun sprudelte auch Isabella hervor und erzählte, was geschehen war.
Der General wandte sich an Michel.
»Stimmt das, Señor Baum?«
Michel konnte nicht umhin, alles zu bestätigen.
»Hm«, machte der General. Dann wandte er sich langsam Ojo zu. »Ihr habt meine Damen beleidigt, Señor. Ist Euch das klar?« Ojo fuhr sich durch den Bart. Dann meinte er:
»Wenn Ihr das so auffaßt, Señor, dann kann ich nicht widersprechen.«
Der General war offensichtlich ein wenig pikiert, daß Ojo ihn mit Señor ansprach. Einfach mit Señor.
»Hm«, machte er wieder. »Ihr werdet die Beleidigung zurücknehmen und Euch entschuldigen?« Da lachte ihm Ojo mitten ins Gesicht.
»Entschuldigen? — Hombre, seid Ihr des Teufels? Eher beiße ich mir die Zunge ab.«
Da wich mit einem Schlag die Gelassenheit des Generals. Als Offizier, Gatte und Vater dieser Damen hatte er gewisse gesellschaftliche Pflichten, die er nicht außer acht lassen durfte, wollte er den Schild seiner Ehre rein halten. So nahm er also stramme Haltung an, verbeugte sich leicht vor Ojo, der diese Höflichkeit höchst albern fand, und sagte:
»So bleibt mir nicht anderes übrig, Señor, als Genugtuung mit der Waffe von
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