Tödliche Flammen: Roman (German Edition)
Ernsthafte unter ihnen.
Opa schwieg lange Zeit. Reena fragte sich, was er wohl dachte. An die Zeit, in der sein Haar noch nicht weiß und sein Bauch noch nicht so dick gewesen war und er mit Oma Pizza gebacken und den ersten verdienten Dollar in einem Rahmen an die Wand gehängt hatte?
Vielleicht dachte er auch daran, wie sie vor Mamas Geburt in der Wohnung über dem Sirico gewohnt hatten oder wie einmal der Oberbürgermeister von Baltimore zum Essen gekommen war. Oder daran, wie Onkel Larry ein Glas zerbrochen und sich in die Hand geschnitten hatte und Dr. Trivani seine mit Parmesan überbackene Aubergine stehen ließ, ihn in seine Praxis mitnahm und die Wunde nähte. Er und Oma erzählten viele Geschichten von den alten Zeiten, und Reena hörte sie sich gerne an, auch wenn sie sie schon kannte.
Sie schlängelte sich an ihren Cousins und Tanten vorbei und ergriff seine Hand. »Es tut mir leid, Opa.«
Er drückte ihre Finger und schob dann zu ihrem Erstaunen eine der Sperren beiseite. Ihr Herz klopfte heftig, als er sie die Stufen hinaufführte. Sie konnte das verbrannte schwarze Holz und die Pfützen mit Schmutzwasser sehen. Die Sitzfläche eines der hohen Hocker war zu einer seltsamen Form zusammengeschmolzen. Überall waren Brandflecken, und der Boden hatte dort, wo er nicht ganz verbrannt war, Blasen geworfen.
Verwundert betrachtete sie eine Spraydose, die in einer der Wände steckte, als wäre sie mit einer Kanone dort hineingeschossen worden. Die fröhlichen Farben waren verschwunden, ebenso wie die Flaschen mit den Kerzen, an denen seitlich das Wachs heruntergetropft war. Keines der hübschen Bilder, die ihre Mutter gezeichnet hatte, hing mehr an der Wand.
»Ich sehe Geister hier, Catarina. Gute Geister. Ein Feuer kann sie nicht vertreiben. Gibson?« Er wandte sich um, und ihr Vater trat durch die Öffnung in der Absperrung. »Bist du versichert?«
»Ja. Die Leute waren schon da, um sich umzuschauen. Damit wird es keine Probleme geben.«
»Willst du die Versicherungssumme für den Wiederaufbau verwenden?«
»Keine Frage. Vielleicht können wir morgen schon wieder hinein und damit anfangen.«
»Wie willst du das anstellen?«
Onkel Sal fing zu sprechen an, weil er zu allem eine Meinung hatte, aber Opa hob den Zeigefinger. Laut Reenas Mutter war er der Einzige, der Onkel Sal zum Schweigen bringen konnte. »Gibson und Bianca sind die Eigentümer des Sirico, also ist es ihr Recht zu entscheiden, was und wie es getan werden soll. Wie kann die Familie euch helfen?«
»Bianca und mir mag der Laden zwar gehören, aber du hast ihn aufgebaut. Ich würde gerne deinen Rat hören.«
Opa lächelte. Reena beobachtete, wie das Lächeln über sein Gesicht wanderte, den dichten weißen Schnurrbart nach oben zog und die Trauer aus seinen Augen vertrieb. »Du bist mein Lieblingsschwiegersohn.«
Mit diesem alten Familienscherz trat er wieder auf die Straße. »Lasst uns zum Haus zurückgehen und reden.«
Als sie wie in einer Parade zurückmarschierten, sah Reena, dass sich die Vorhänge im Haus der Pastorellis bewegten.
»Gespräch« war nicht das passende Wort, um zu beschreiben, was sich bei einem Familientreffen abspielte. Riesige Mengen von Essen wurden zubereitet. Die älteren Kinder wurden damit beauftragt, die jüngeren zu beaufsichtigen, was zu Streitereien oder offenem Krieg führte. Je nach Stimmung wurden sie dann gescholten, oder man lachte über sie.
Der Geruch nach Knoblauch und Basilikum, das Reena frisch aus dem Garten geholt hatte, zog durch das Haus. Und es ging laut zu.
Als Opa Reena befahl, mit den Erwachsenen ins Esszimmer zu kommen, hatte sie Schmetterlinge im Bauch.
Der Tisch war ganz ausgezogen, aber immer noch nicht
groß genug für alle. Die meisten Kinder hatten sich draußen an Klapptische oder auf Decken gesetzt, und einige der Frauen hüteten die Schar. Aber Reena befand sich im Esszimmer mit allen Männern, ihrer Mutter und Tante Mag, die Anwältin und sehr klug war.
Opa teilte die Nudeln aus einer großen Schüssel aus und reichte Reena eine Portion. »Also dieser Junge, dieser Joey Pastorelli, hat dich geschlagen.«
»Er hat mich in den Bauch gehauen, mich auf den Boden geworfen und dann noch einmal geschlagen.«
Opa schnaubte laut, und da seine Nase sehr groß war, erinnerte sie das Geräusch an einen angriffslustigen Stier. »Wir leben in einer Zeit der Gleichberechtigung von Mann und Frau, aber ein Mann darf niemals eine Frau schlagen und ein Junge niemals ein Mädchen.
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