Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung
Rechtsmedizin prüft, ob das eventuell eine der Tatwaffen war. Es gab dort einen Computer, einen Drucker und von Krüger verfasste, in Ordnern abgelegte Texte – Kopien des Manuskripts, das wir bei Kanther beschlagnahmt haben. Im Zimmer lagen außerdem die Reste aller möglicher Materialien verstreut: Bleche, Schrauben, elektrische Kabel.«
»Deine Vermutung?«, fragte Hartmann.
»Vielleicht baut er einen Sprengkörper?«
»Besser, wir setzen noch ein paar zusätzliche Kollegen zum Schutz des Mädchens ein. Sonst noch was, Gisbert?«
»Krügers Rechner wird zurzeit in der Technik überprüft. Wenn er nicht gerade ein Computergenie ist, wissen wir bald, ob von dort aus die E-Mails verschickt und die Bilder in das von Nora entdeckte Forum eingestellt wurden.«
Gisbert legte eine effektvolle Pause ein. Dann fuhr er fort – leiser und schwermütiger. In seiner Stimme schwang ein Funke des Grauens mit, den ein weiterer Fund in Krügers Wohnung ausgelöst hatte. »Das wichtigste Beweisstück sind jedoch die Fotografien. Dutzende Fotos, von den sterbenden oder toten Frauen, Serienaufnahmen, in kurzen Abständen aufgenommen. Die Wände neben seinem Computer waren damit geschmückt. Zwei der drei Opfer, Adriana Anghel und Natalia Pawlenko, konnten wir auf seinen Fotos eindeutig identifizieren.«
Hartmann seufzte. Für Nora klang es beinahe erleichtert. Wenn es noch Zweifel an Krügers Täterschaft gegeben haben mochte, waren sie jetzt eindeutig ausgeräumt.
»Also: Wenn wir uns sicher sind, dass Krüger der Täter ist, sollten wir ihn sofort zur Fahndung ausschreiben«, schlug Hartmann vor.
Grauvogel nickte, das war üblicherweise seine Aufgabe.
»Siegfried Bär steht bereits auf der Fahndungsliste?«
Grauvogel nickte erneut und fügte hinzu: »Seit Kanthers Freilassung. Bisher ergebnislos.«
»Gideon, was machen wir mit Kanther?«
»Da sind uns die Hände gebunden. Sein Handy wird über-wacht, wir warten also darauf, dass Bär mit ihm Kontakt aufnimmt. Außerdem hat er ja nichts Verbotenes getan. Er hat lediglich die Polizei zum Narren gehalten.«
Nora spürte Richters Seitenblick.
»Gab es in dem Schließfach noch verwertbare Spuren?«, wollte Hartmann wissen.
»Zu viele«, antwortete Kühnast. »Die DNA hätte für eine komplette Kleinstadt gereicht. Da das Bedienfeld mit einem Hygienetuch abgewischt wurde, dürfte es schwer sein, die Spuren im Fach oder am Spielzeug Krüger zuzuweisen. Wir haben Proben genommen und auch Vergleichs-DNA aus seiner Wohnung, aber es wird eine Weile dauern, bis die Er-gebnisse vorliegen, vor allem wegen der Fülle des Materials.«
Hartmann hakte einen weiteren Punkt auf seiner Liste ab. »Sonst noch was?«
Zehn Augenpaare waren auf den Leiter der MK 5 gerichtet. Alle warteten auf Hartmanns Schlusswort.
»Auch wenn er uns entwischt ist: Wir können mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Krüger unser Mann ist. Wir wissen, wie er aussieht, und wir wissen in etwa, was er vorhat. Er befindet sich auf der Flucht und ist zur Fahndung ausgeschrieben. Ich habe ein gutes Gefühl. Der Kerl wird uns schon bald ins Netz gehen.«
Hartmann lehnte sich zurück und verschränkte die Hände im Nacken. »Drei gelöste Mordfälle in so kurzer Zeit. Ich glaube, mit der Statistik ist sogar die Revision zufrieden, was meinst du, Gideon?«
Erleichtertes Lachen rund um den Tisch. Nora lächelte mit. Auch wenn sie das Gefühl hatte, die Euphorie, die Hartmann zu verbreiten versuchte, nicht ganz teilen zu können. So sehr sie sich auch konzentrierte, ein Bild in ihrem Kopf weigerte sich beharrlich, zu verschwinden: das Bild eines kleinen Mädchens mit einem rosa Plüschhasen im Arm.
Dreißig Minuten später tauchte Hartmanns Name auf dem Display ihres Telefons auf. Nora wurde eiskalt. Wenn er sie so bald wieder sprechen wollte, musste etwas Ungewöhnliches vorgefallen sein.
Fünf Minuten später betrat sie das Büro ihres Chefs.
Kühnast stand über seinen Laptop gebeugt und richtete sich auf, als Nora eintrat. Hartmann nickte ihm zu, Kühnast räusperte sich. »Krüger weiß, wo Agniezka ist. Jedenfalls so ungefähr.«
Nora stockte der Atem.
»Wir haben auf seinem Computer Satellitenaufnahmen von Seckbach gefunden, dort wo die Pflegefamilie wohnt.«
»Woher um Himmels Willen bekommt man solche Satellitenbilder?«, fragte sie.
»Es gibt einige Programme in Internet, mit denen jeder Satellitenaufnahmen aus aller Welt auf seinem Rechner anschauen
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