Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
Vom Netzwerk:
einem Herrn … Kanther.«
    »Martin Kanther?«
    »Martin Kanther, Luisenstraße in Frankfurt«, las er laut. »Sie sind doch Frau Winter, oder?«
    Eine Weile war aus der Sprechanlage nur ein Rauschen zu vernehmen. Die Frau schien nachzudenken. Dann ertönte das Summen des Türöffners. »Zweiter Stock rechts.«
    Der Bote drückte die Tür mit der Schulter auf. In einer routinierten Bewegung holte er ein Papiertaschentuch hervor und wischte über Nora Winters Klingelknopf.
    Er bestaunte das gepflegte Innere des Treppenhauses. Ein liebevoll renovierter Altbau: die Fliesen der Eingangshalle ein Schachbrettmuster, Stuckverzierungen an den weiß getünchten Wänden, blank polierte Treppengeländer aus dunklem Holz. Die Stufen, von denen er jeweils zwei auf einmal nahm, schützte ein roter Sisalläufer, von Messingstangen an Ort und Stelle gehalten. Das dumpfe Knarzen der Holztreppe hatte etwas Anheimelndes.
    Die Frau stand im Türrahmen. Aus dem Raum hinter ihr ertönte klassische Musik. Sie trug legere Kleidung: Jeans, T-Shirt, das blonde Haar fiel offen auf ihre Schultern. Der Anblick ihrer nackten Füße und rot lackierten Fußnägel erregte ihn, rasch hob er den Blick.  
    Sie musterte ihn. Hinter seinen dicken Brillengläsern konnte er ihren Blick nicht deuten, ließ ihn aber auf sich ruhen.
    Er hielt ihr das Päckchen hin, legte den Ausdruck eines Lieferscheins darauf. Zog den Kugelschreiber aus der Tasche, klickte ihn auf, bot ihn der Frau an. Das Zittern seiner Hände war kaum zu kontrollieren. Er atmete tief ein, in der Hoffnung, den Anflug von Panik zu unterdrücken.
    Sie schickte sich an, den Empfang zu quittieren, doch der Stift versagte. Der Bote war weder peinlich berührt noch überrascht – es lief alles nach Plan, er hatte den Kugelschreiber eigenhändig präpariert. Nun setzte er eine betretene Miene auf.
    »Warten Sie, ich hole einen Stift«, erbot sich die Frau. Sie drehte sich um, eilte den Flur der Wohnung entlang.  
    Für den Bruchteil einer Sekunde betrachtete er ihren festen Hintern, der ihrer engen Jeans eine ansprechende Form verlieh. Dann drehte er ihr den Rücken zu. Er verstaute den defekten Kugelschreiber und zog eine kleine Glasphiole aus der Tasche. Als sich ihre Schritte näherten, atmete er tief ein, dann hielt er die Luft an. Mit zittrigen Fingern entfernte er den Verschluss und träufelte den gesamten Inhalt des Fläschchens auf das Paket. Die durchsichtige Flüssigkeit versickerte im braunen Karton, hinterließ dunkle Flecken. Der Flur war nun von einem süßlichen Duft erfüllt, das wusste er, auch wenn er selbst ihn nicht riechen konnte.
    Er ließ die Glasphiole in die Tasche zurückgleiten. Um die Spuren der Flüssigkeit zu verdecken, legte er erneut den Lieferschein auf das Paket. Er wandte sich der Frau zu und hielt es ihr hin. Sie stutzte einen Moment, schnupperte, dann beugte sie sich hinunter und setzte eine schwungvolle Unterschrift unter das Dokument.
    Er lächelte, nickte. Die Luft ging ihm aus; hoffentlich setzte die Wirkung der Chemikalie bald ein. Vier Apotheken hatte er abklappern müssen, bis man ihm die Geschichte glaubte, er sei Lehrer und brauche Trichlormethan für eine Vorführung im Chemieunterricht.  
    Sie nahm das Paket entgegen und sah ihn erstaunt an. Allmählich driftete ihr Blick ab und ihre Augen wurden glasig. Sie tastete mit der Hand nach dem Türrahmen, verfehlte ihn knapp. Ihre Knie gaben nach und sie sank im Zeitlupentempo zu Boden.  
    Hoffentlich kam nicht ausgerechnet in diesem Moment einer der Nachbarn auf die Idee, den Flur zu betreten.  
    Die Frau versuchte benommen, sich wieder aufzurappeln und griff nach dem Schirmständer neben der Wohnungstür. Das metallene Behältnis kippte scheppernd um.
    Er wich einen Schritt zurück, blickte erschrocken über die Schulter. Der Drang, das Weite zu suchen, überwältigte ihn beinahe. Aber im Haus rührte sich nichts. Seine Lungen schrien nach Luft. Er wusste nicht, ob er bereits gefahrlos einatmen konnte, doch er hielt es nicht länger aus. Mit dem Ärmel seiner Jacke bedeckte er Mund und Nase und sog geräuschvoll die Luft ein. Der süßliche Duft war so gut wie verflogen.
    Nora Winter kippte mit einem Seufzen zur Seite und blieb reglos liegen.
    Paul Krüger trat rasch über die Schwelle und schloss lautlos die Tür hinter sich. An der Wand über dem umgestürzten Schirmständer befand sich eine Garderobe, an der eine Kostümjacke und ein Lederholster hingen. Er öffnete den Druckverschluss des

Weitere Kostenlose Bücher