Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung
etwas mit den realen Morden des Drachentöters zu tun hatten, haben Sie mit diesem Satz geantwortet.«
Ja, weil ich mich damit wichtig machen konnte, weil es verdammt clever klang, und weil die Medien ganz scharf da-rauf waren, so etwas zu hören, dachte Kanther und nahm die Brille ab, um sich den Schweiß aus den Augen zu wischen.
»Dieser Kommentar in meinem Aufsatz war Ihre Aufforderung an mich, in Ihre Fußstapfen zu treten. Ich weiß noch, wie Sie mir tief in die Augen gesehen haben. ›Eine ganz ordentliche Arbeit Krüger‹, sagten Sie, ›aber ihr fehlt das Authentische. Machen Sie echte Erfahrungen und dann schreiben Sie darüber.‹ Ich habe Ihren Rat befolgt. Und Sie?« Seine Stimme überschlug sich beinahe, seine Augen glitzerten. »Sie haben mich verraten!«
»Darum haben Sie die Frauen umgebracht?«, fragte Kan-ther erschüttert. »Damit Sie glaubwürdig darüber schreiben können?«
»Aber das haben Sie doch auch getan!«, schrie Krüger.
Die Waffe, die nach wie vor auf Kanthers Kopf zeigte, zitterte in seiner Hand. Er stand kurz davor, die Kontrolle zu verlieren. Trotzdem wollte, musste Kanther sich erklären: »Aber ich …«
»Wie fühlt sich das an?«, ertönte Siegfrieds butterweiche Stimme aus der dunklen Ecke neben der Seitentür.
Paul riss den Kopf zur Seite. Erst jetzt bemerkte er den weiteren Besucher in der Halle. Die Pistole in seiner Hand fuhr hektisch zwischen den beiden Männern hin und her, genauso wie Krügers flackernder Blick.
»Sie sollten alleine kommen!«, zischte er in Kanthers Richtung.
»Nein, Sie sagten, Sie wollten keine Polizei«, entgegnete Siegfried, der sich aus der Hocke aufrichtete, ohne dabei die Hände zu benutzen.
Geschmeidig wie ein Fuchs schlich er die Tragpfeiler entlang. »Ich bin nicht von der Polizei.«
»Wer sind Sie dann? Was wollen Sie hier?«, keuchte Paul, dem die Anspannung beinahe den Verstand raubte.
Siegfried lächelte. »Ich bin ein Freund, Paul.«
*
Richter sah Hartmanns silbernen Zafira auf das Gelände rollen. Draußen vor der Absperrung hielt ein orangefarbener Porsche-Oldtimer, ein hagerer Mann mit schulterlangem weißem Haar schwang sich dynamisch aus dem Fahrersitz und begann eine erregte Diskussion mit einem der Streifenbeamten am Absperrband.
»Blau an Eins: Es gibt hier eine neue Entwicklung«, schnarrte die Stimme des Beobachtungspostens auf dem Dach im Funkgerät.
»Bericht, Blau«, forderte der Einsatzleiter.
»Erstens: Das Zielobjekt ist bewaffnet. Sieht aus wie eine P 30.«
Richter und die SEK-Mitglieder tauschten einen sorgenvollen Blick. Krüger hatte also Noras Dienstwaffe an sich genommen. Richter bezweifelte, dass er damit fachgerecht umgehen konnte, aber darauf ankommen lassen wollte er es lieber nicht.
»Zweitens: Es befindet sich noch eine dritte Person in der Halle. Männlich, etwa einssechzig groß, rote Haare, athletische Statur.«
Werner Hartmann tauchte plötzlich in Richters Blickfeld auf. Er suchte sich eine Lücke im Ring der SEK’ler und ging in die Hocke.
Richter begrüßte ihn mit einem finsteren Blick. »Kanther hat Siegfried Bär dort hineingelockt.«
Hartmanns Stirn legte sich in tiefe Falten. Er schien zu überlegen, ob er sich freuen oder besser die Hände über dem Kopf zusammenschlagen sollte.
»Herzlichen Glückwunsch: Sie haben jetzt zwei Zielpersonen«, erklärte Richter dem SEK-Leiter süffisant, der die Information mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte.
Er wies umgehend seine Kollegen an: »Achtung: Wir gehen auf zwei Zielobjekte: den Bewaffneten und den Rothaarigen.«
»Zugriff?«, fragte er knapp an Hartmann gewandt.
Der Leiter der MK 5 schüttelte den Kopf. »Nichts überstürzen. Können wir Krüger in dem Gebäude irgendwie erreichen?«
»Kanther hat sein Handy dabei«, erklärte Richter. »Wir könnten versuchen, ihn anzurufen.«
Hartmann nickte bestätigend: »Dann los.«
Richter funkte Kühnast an, der für die Überwachung von Kanthers Mobiltelefon zuständig war, und notierte sich die Nummer. Er hoffte, Kanthers defektes Handy würde wenigstens diesen einen wichtigen Anruf noch empfangen.
Im selben Moment, als er Hartmann die Notiz übergab, erklang eine leise Stimme hinter ihnen. »Lassen Sie mich mit Kanther reden. Ich kann ihn sicher zum Aufgeben bewegen.« Wilfried Winter stand am äußeren Rand des Kreises; der junge Streifenbeamte, der ihn von der Absperrung hierher begleitet hatte, flüsterte mit Hundeblick: »Herr Winter hat darauf
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