Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
Vom Netzwerk:
bestanden, mit Ihnen zu sprechen, Herr Kriminalhauptkommissar.«
    Hartmann erhob sich, legte Noras Vater die Hand auf die Schulter und drückte ihn in die Hocke, um ihn aus der Sicht- und Schusslinie zu halten.  
    »Wenn meiner Tochter etwas zustößt …«
    »Keine Ahnung, wer Ihnen den Tipp gegeben hat, Winter«, schnitt Hartmann ihm das Wort ab. »Aber ich glaube, Sie haben etwas gründlich missverstanden.«
    Dann erklärte er ihm in knappen Worten die Lage.
    *
    »Wie fühlt sich das an, Paul?«
    »Was denn?«, bellte Krüger, der den Blick nicht von Siegfrieds grünen Augen abwenden konnte.
    »Die Kontrolle zu besitzen. Das Leben eines Menschen in der Hand zu halten. Was ist das für ein Gefühl?« Siegfrieds Stimme klang weich und honigsüß. Eine Stimme voller Wärme und Mitgefühl, der man sich hingeben, der man vertrauen wollte. Die Stimme eines echten Freundes. Doch diese Stimme war lediglich eine Fassade. Die Stimme, die Aufmerksamkeit, das freundliche Interesse. Siegfried Bär war ein exzellentes Beispiel für die menschliche Form aggressiver Mimikry : die beinahe perfekte Nachahmung einer biologischen Art, mit dem einzigen Zweck, Beutetiere anzulocken. Siegfried ahmte menschliches Verhalten nach. Der Zahl seiner Opfer nach zu urteilen mit großem Erfolg.
    »Ich … empfinde gar nichts«, sagte Paul und versuchte, lässig zu wirken, indem er die freie Hand in die Hosentasche steckte. Dann zog er sie wieder heraus und legte sie ebenfalls an die Waffe. Offensichtlich benötigte er dringend ein Ventil für den inneren Druck.
    Du hast seinen wunden Punkt berührt, dachte Kanther und beobachtete voller Bewunderung seinen alten Freund, der nun in die Hocke gegangen war und mit dem Holzstäbchen aus seinem Teebecher Linien in den Dreck zog, die nach und nach eine geflügelte Schlange darstellten. Es war das Tattoo auf dem Titelblatt von Kanthers Buch Drachentöter . Nun erst fielen ihm die schwarzen Linien an Krügers Unterarmen auf, eine Kopie des Titelmotivs.
    Kanther warf einen Blick zu Nora auf dem Podest. Sie zitterte am ganzen Körper und ihre Lippen hatte eine leichte Blaufärbung angenommen. Trotzdem wand sie hinter ihrem Rücken die Hände beim Versuch, sich von den Fesseln zu befreien.
    »Doch, du empfindest etwas, nicht wahr, Paul?« Siegfried blickte fragend zu dem jungen Mann empor. Eine Geste der Unterwürfigkeit. Trotz der Waffe in seiner Hand starrte Krüger Siegfried an wie ein Tier, das darauf wartete, jeden Moment gefressen zu werden.
    »Das ist ja das Problem«, fuhr Siegfried nachdenklich fort. »Du willst sein wie er, nicht wahr? Du willst dich gut fühlen, wenn du sie tötest. Du willst keine Angst spüren, keine Wut, nur Erregung. Du willst sein wie der Drachentöter.«
    Paul sah verunsichert zu Kanther hinüber, bevor sein Blick zu Siegfried zurückkehrte.
    »Und genau das ist das Problem. Denn er ist kein Drachentöter. Er ist nicht der Meister. Er ist nur der Mann, der die Geschichte des Drachentöters aufgeschrieben hat.« Bedächtig richtete sich Siegfried auf. Er streifte das Jackett ab wie ein Reptil seine alte Haut und warf es auf die Bühne, direkt vor Noras Füße. Dann öffnete er die Manschettenknöpfe an seinem Hemd und begann, die Ärmel hochzukrempeln. Vor Kanthers und Krügers Augen krochen langsam die grünschuppigen Körper der beiden Drachen unter dem Hemdstoff hervor. Pauls Augen wurden immer größer. Die Waffe in seiner Hand zitterte unkontrolliert.
    Kanther hörte Nora von der Bühne her stöhnen, aber er konnte den Blick nicht von Siegfrieds Armen abwenden. Die deutlich hervortretenden Adern schienen gleichsam zu pulsieren, verliehen den mythologischen Figuren auf Siegfrieds Haut etwas Lebendiges.
    »Ich möchte wirklich gerne wissen, was du empfunden hast, während sie starben. So von … Experte zu Experte. Verstehst du das Paul?«
    Krüger schüttelte schweigend den Kopf. Dann starrte er wie hypnotisiert auf Siegfrieds Tätowierungen. Er schien unfähig, die Frage zu beantworten.
    »Soll ich dir verraten, was du tun musst, um so zu werden, wie der Drachentöter? Um dich in den Drachentöter … zu verwandeln?«
    »Ich … ja!«
    »Du musst die Kontrolle abgeben. Du musst dem Drachentöter die absolute Macht überlassen. Dann kann er dich zu seinesgleichen machen. Wir werden die Verwandlung mit einem Ritual besiegeln.« Siegfried sah zu Nora hinüber.
    Er schlägt Paul vor, sie in einer kultischen Handlung gemeinsam zu töten, dachte Kanther und fragte sich

Weitere Kostenlose Bücher