Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung
Luft zerreißen würde, das von ihr kam. »Und was dann?«
Er holte aus seinem Schnellhefter ein farbig bedrucktes DIN-A4-Blatt hervor und legte es auf den Tisch. Es handelte sich um einen stark vergrößerten Ausschnitt aus einer Fotografie und zeigte den Oberschenkel eines Menschen. Auf der Innenseite erkannte man Teile einer Tätowierung. Sie sah aus wie die obere Hälfte des Buchstaben M.
Hartmann hob den Blick. »Haben Sie das aus dem forensischen Bericht von Dr. Chiazza?«
Richter lächelte. »Nein. Das ist der Oberschenkel von Elena Pawlenko. Ich habe mir die Fotografie von der Razzia aus unserer Datenbank geholt. Wir haben die Leiche zwar nicht obduzieren lassen, aber immerhin fotografiert. Beide Frauen tragen die gleiche charakteristische Markierung. Sie gehören offenbar demselben Zuhälter. Gehörten.«
Hartmann pfiff anerkennend und bedachte Nora mit einem tadelnden Blick. »Ausgezeichnet, Richter, sehr gut. Dann fokussieren wir uns also auf die Suche nach M.«
Er wandte sich an Nora. »Vielleicht kannst du mal deinen Freund von der Sitte anspitzen, ob der ein paar Tätowierstudios kennt, die so etwas machen?«
Nora seufzte. Es war typisch für Hartmann, die Aufgaben ständig umzuverteilen. So wollte er vermeiden, dass ein Ermittler immer tiefer in die Kerbe schlug, die er selbst geschlagen hatte. Angewandtes Vieraugenprinzip. Wenn sie ihren Chef richtig einschätzte, würde er Richter gleich damit beauftragen, sich der Spermaspuren anzunehmen.
»Wissen Sie, Kollege Richter«, sagte Hartmann mit gespielter Nachdenklichkeit, »was ich nicht verstehe? Das ist die Bedeutung der Spermaspuren.«
Richter setzte eine Unschuldsmiene auf. »Was ist daran so schwer zu verstehen? Sie war eine Prostituierte. Sie hat vermutlich ihr Geld damit verdient, jemanden …«
»Gehen Sie der Sache nach, Richter«, unterbrach ihn Hartmann unwirsch. »Ich denke, es ist für das Ergebnis wichtig, bald zu wissen, von wem das Sperma stammt. Rufen Sie noch mal im Labor an, ob sie die Analyse vorziehen können.«
Richter presste die Lippen zusammen.
Nora lächelte zufrieden. Endlich bekam dieser Angeber die Leviten gelesen.
11. März
Aktenzeichen ST/0001177/2010
Pathologisches Gutachten
DNA-Analyse nach PCR-Methode und DNA-Abgleich [Auszug]:
Der Abgleich der beiden eingereichten Proben A und B mit der beim BKA vorliegenden DNA-Analyse-Datei (DAD) erbrachte folgende Ergebnisse:
Probe A: Träger unbekannt
Probe B: DNA-Übereinstimmungswahrscheinlichkeit P = 92,5 % mit Träger Kurylenko, Maksym Oleksyi, Beruf: Fitnesstrainer, geb.
8.4.1982 in Ternopil/Ukraine, Staatsangehörigkeit: Deutsch
Anklage November 2007 wegen versuchter Vergewaltigung, Verfahren eingestellt. Februar 2010 Strafantrag wegen leichter Körperverletzung. Zurückgenommen am 2.3.2010.
Es dauerte keine zehn Minuten, bis die Kommissare über das Einwohnermeldeamt Kurylenkos Adresse herausgefunden hatten. Beim Anblick zweier uniformierter Beamter und eines Mannes im anthrazitfarbenen Einreiher, der vor ihrer Wohnungstür mit einem Haftbefehl herumwedelte, war seine hochbetagte Mutter einem Herzinfarkt nahe. Sie verwies die Herren an Maksyms bevorzugten Aufenthaltsort: Tareks Emporium.
Als die Polizisten im Trainingscenter auftauchten, verdüsterte sich die Miene des Ukrainers. Tarek selbst feixte lediglich: »Hast dein Auto im Halteverbot abgestellt, Alder?« Er hatte sich daran gewöhnt, dass seine Schäfchen gelegentlich mit der Ordnungsmacht in Konflikt gerieten.
Nun saß Kurylenko wie versteinert in einem Vernehmungszimmer im vierten Stock, einen unberührten Plastikbecher mit Wasser vor sich auf dem Tisch. Richter, Hartmann und Winter beobachteten ihn auf dem Bildschirm von Noras PC. Die Bilder der Überwachungskamera waren farblos und perspektivisch verzerrt, aber aufgrund der eingeschalteten Mikrofone hörte man Kurylenko leise vor sich hin summen.
Gideon Richter und Nora Winter packten ihre Unterlagen zusammen, Hartmann ergriff sein Handy. Die drei begaben sich auf den Weg vom grünen in den gelben Trakt.
»Hat man Sie über Ihre Rechte belehrt?«, erkundigte sich der dunkelhaarige Dressman. Er und die Pferdeschwanz-Blondine ohne Titten hatten sich ihm gegenüber an den Tisch gesetzt.
Maksym war nicht so dumm zu glauben, die beiden hätten irgendetwas zu melden. Der ältere Bulle, der sich unauffällig einen Stuhl in der Ecke gekrallt hatte und so tat, als beschäftigte er sich mit seinem Handy, hatte hier offensichtlich
Weitere Kostenlose Bücher