Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung
haben!« Nach einer Pause fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. »Bist du deswegen gekommen? Um deine Millionen zu kassieren?« Er lachte abermals, aber es klang wie das verzweifelte Lachen des säumigen Schuldners, der die leeren Hosentaschen herauszog.
Siegfried schwieg.
»Tut mir leid«, erklärte Kanther. »Aber du kommst zu spät. Von dem Geld, das ich mit dem Buch verdient habe – und es waren keine Millionen, das versichere ich dir –, ist nichts mehr übrig. Deal hin oder her. Der einzige Luxus, den ich mir noch leiste, ist Alkohol und einmal die Woche das Tagesmenü im Möbelhaus.«
»Und hin und wieder eine russische Nutte«, warf Siegfried vielsagend ein, dem es sichtlich Freude bereitete, in den dunklen Löchern von Kanthers Seele zu stochern.
Kanther erstarrte. Was wusste Siegfried? Und woher?
»Wenn ich dich recht verstehe, gibt es also keine Kohle für den Drachentöter. « Siegfrieds Stimme wurde gefährlich leise. »So war das nicht abgemacht. Wir hatten einen Deal. Einen Deal mit mir kann man nicht einfach kündigen. Du weißt, wie ich solche Dinge handhabe. Aber wie ich sehe, schreibst du ja bereits ein neues Buch.«
Kanther stand schon wieder auf dem Schlauch.
»Drachenstich – Der Drachentöter kehrt zurück« , erklärte Siegfried. Die Erkenntnis traf Kanther wie ein Schlag. Das Deckblatt des Manuskripts lag auf seinem Schreibtisch. Siegfried hatte sich nicht damit begnügt, auf dem Sofa zu sitzen und Nelkenzigaretten zu rauchen. Er hatte die Zeit von Kanthers Abwesenheit genutzt, um sich in der Wohnung umzusehen. Nun zog er das Deckblatt aus seiner Tasche und faltete es auf.
»Das ist nicht mein Manuskript«, erklärte Kanther, der die Wut über Siegfrieds Missachtung seiner Privatsphäre nieder-kämpfte. »Es stammt von jemand anderem und ich korrigiere es lediglich.«
Siegfried grinste. »Hermann Rittka.«
Kanther wunderte sich, dass Siegfried ihn überhaupt als Verfasser vermutete, auf dem Deckblatt stand der Name des Autors in unübersehbar großen Lettern.
»Genau. Rittka. Er bezahlt mich dafür, seinen Text zu redigieren.«
»Tut er das?«, fragte Siegfried amüsiert, und im selben Moment wurde Kanther sein Fehler bewusst. »Toll. Dann wissen wir ja jetzt, wie du deinen Teil des Deals erfüllen kannst.«
Kanther verwünschte seine lose Zunge.
»Und wie machst du das genau? Schiebst du das Geld von einer Hosentasche in die andere?«, lästerte Siegfried.
»Was redest du da?«
»Weißt du noch, wie wir dich damals im Albanus nannten?«
»Was hat das jetzt wieder damit zu tun?«, blaffte Kanther.
»Nachdem sie dich aus der Klapse wieder ins Heim zurückgeschafft hatten, hast du doch diesen Jungen beinahe umgebracht. Seitdem nannten wir dich Mr. Hyde, wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Einmal haben die Jungs deine Tabletten versteckt. Einen Riesenaufstand gab das. Die hatten echt Panik, du würdest wieder durchdrehen, wenn du sie nicht rechtzeitig zurückbekommst. Du erinnerst dich?«
»Wenn du in meinem Arbeitszimmer herumgestöbert hast, hast du im Bad sicher auch die Schachteln gesehen, Siegfried. Hör auf, mir was vorzuspielen.«
»Ich hab einen Haufen leerer Schachteln entdeckt. Aber keine Tabletten …« Es folgte eine kurze Pause. Dann holte Siegfried die Zeitung hervor und schlug die Seite drei auf. Er zitierte aus dem Kommentar: »… und obwohl ein stadtbekannter Bestsellerautor unter dringendem Tatverdacht stand, ließ man ihn unbegreiflicherweise wieder frei, und er lebt bis heute unbehelligt unter uns. Nicht die Art von Publicity, die man sich als Autor wünscht.«
Siegfrieds Grinsen wurde zu einer Grimasse. »Und, warst du es?«
Kanther sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Obwohl er sich dieses Szenario vor kaum drei Stunden selbst ausgemalt hatte, klang es an den Haaren herbeigezogen, wenn man es aus dem Munde eines anderen hörte. Aber er hatte keine Lust, seine Überlegungen mit Siegfried zu teilen. Noch nicht.
»Glaub doch, was du willst. Das Buch ist von Hermann Rittka, nicht von mir. Ich kann dir seine E-Mails zeigen.«
»Martin. Hör auf, mich für dumm zu verkaufen. Es gibt keinen Hermann Rittka. Hermann Rittka ist ein … wie nennt man das …?«
»Ein Pseudonym?«
»Heißt das so, wenn man die Buchstaben eines Wortes nimmt und umstellt?«
»Nein, das nennt man ein Anagramm.«
»Wie auch immer. Bring die Buchstaben von Hermann Rittka in eine andere Reihenfolge!«
Kanther dachte angestrengt nach. Der Buchstabenwirbel in
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