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Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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sagen wir ihm erst ganz am Schluss. Dieses Druckmittel behalten wir noch in der Hand.«
    Richter sah Nora erstaunt an. Ihre Kaltschnäuzigkeit über- raschte ihn.  
    Seine Kollegin grinste und öffnete die Tür. »Herr Kanther?«
    Kanther richtete sich ruckartig auf. Er hatte nicht geschlafen.
     
    Die Insekten, die sich in seinem Inneren ihren Weg zu den Körperöffnungen bahnten, bis sie aus Mund, Augen und Ohren krochen, ließen keinen Schlaf zu. Minutenlang hatte Kanther auf seine Hand gestarrt, seinen Unter- und Oberarm, sich das Hemd aufgeknöpft, seinen Brustkorb gemustert. Voller Schrecken war sein Blick den haselnussgroßen Wölbungen unter seiner Haut gefolgt.  
    Irgendwann drang eine verunsicherte Stimme durch den Nebel.  
    »Alles in Ordnung, Herr Kanther?«
    Später: »Nein, tut mir leid, hier gibt es keinen Alkohol. Möchten Sie ein Glas Wasser?«
    Als das Kribbeln nach Stunden der Qual ein wenig nachgelassen hatte, war er in einen resignierten Dämmerzustand verfallen. Bis Wilfried Winters Tochter wieder aufgetaucht war. Mit dem Superbullen Richter im Schlepptau.
    »Herr Kanther? Können wir weitermachen?«
    Etwas war passiert. Er hatte es schon während ihrer nächtlichen Unterhaltung gespürt, als der Anruf einging. Wie sich ihre Haltung verändert hatte. Wie sie ihn ansah.
    Hatten sie seine Wohnung noch einmal durchsucht? Womöglich etwas gefunden? Er tat sich schwer, die Situation einzuschätzen. Er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Mit seinen Entzugserscheinungen oder den Symptomen, die das Fehlen der Tabletten auslöste, oder mit beidem.
    »Was ist passiert?«, krächzte er. Seine Stimme verweigerte ihm den Dienst.
    Der Superbulle ignorierte Kanthers Frage.  
    Winters Tochter legte eine Medikamentenschachtel auf den Tisch. »Die hat mir der Polizeiarzt für Sie mitgegeben. Ich hoffe, es sind die richtigen.«
    Kanther studierte mit zusammengekniffenen Augen die Liste der Inhaltsstoffe auf der Rückseite und nickte. Dann drückte er eine Tablette aus der Folie und spülte sie mit einem Schluck Wasser hinunter.
    »Sie behaupten also, Siegfried Bär sei der Drachentöter«, stellte Richter fest.
    »Das habe ich doch alles schon Ihrer Kollegin erklärt«, gab Kanther matt zurück.
    »Und warum haben Sie das nicht erwähnt, als Sie vor zwanzig Jahren von der Polizei befragt wurden?« Richter klang angriffslustig.
    Warum überlässt du dem Kerl die Initiative, Nora Winter?, wunderte Kanther sich. Ist das ein Spiel? Aber er hatte die Spielregeln gründlich studiert. Schon vor langer Zeit.
    »Warum hätte ich das tun sollen?«
    »Man hat Sie beschuldigt, der Mörder zu sein. Sie hätten sich sofort reinwaschen können. Und obendrein als Held dagestanden.«
    »Die hatten doch gar nichts gegen mich in der Hand. Außer einem Bestseller, den jeder hätte schreiben können.«
    »Nicht jeder, Herr Kanther. Ungeachtet Ihres Talents. Dazu musste man schon Insiderwissen haben. Außerdem macht man sich strafbar, wenn man weiß, dass jemand ein Kapitalverbrechen begangen hat und die Information für sich behält«, fuhr Richter fort. »Sodass der Täter ungeschoren davonkommt. Strafvereitelung nennt man das.«
    Kanther lächelte. Jetzt war er in seinem Element. »Da liegen Sie völlig falsch. Erstens: Ich wurde als Hauptverdächtiger befragt, nicht als Zeuge. Darum hatte ich das Recht auf Aussageverweigerung. Und das habe ich weidlich genutzt. Zweitens: Strafvereitelung gilt nur für jemanden, der die Strafe auch wirklich vereiteln kann. Also Polizisten, Richter, Staatsanwälte. Als Privatmann ist dieser Paragraf für mich irrelevant.«
    Die beiden Polizisten sahen sich ungläubig an.
    »Haben Sie das etwa auswendig gelernt?«, fragte Richter.
    »Bevor ich das Manuskript meinem Verlag angeboten habe, habe ich meine letzten Kröten zusammengekratzt und einen Rechtsanwalt konsultiert. Der hat mir alles erklärt.« Kanther erinnerte sich noch genau an den jungen Mann, frisch von der Uni, Ansatz zur Halbglatze, hinter einem schmucklosen Schreibtisch inmitten Bergen von Aktenordnern und Gesetzestexten verbarrikadiert, den er mit seinen gezielten Fragen gelöchert hatte.  
    Ich recherchiere für mein nächstes Buch, hatte Kanther behauptet. Der Anwalt hatte ihn nervös über die Ränder seiner Brille taxiert und kein Wort geglaubt.
    »Und was ist mit der Nichtanzeige geplanter Straftaten? Paragraf 138?«, warf Winters Tochter ein. Aber bevor Kan-ther reagierte, schlug sie sich gegen die Stirn und antwortete

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