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Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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ihrem Namen. »Agniezka?«
    Nichts. Nora suchte Blickkontakt. Die Kleine sah geradewegs durch sie hindurch. Nora streichelte behutsam mit den Fingerkuppen über den Handrücken des Mädchens. Plötzlich zuckte das Kind zusammen. Agniezka begann, auf ihrer Unterlippe herumzukauen. Ihr Atem ging stoßweise. Kaum sichtbar wiegte sie ihren Oberkörper vor und zurück.  
    Die Ursache für dieses Verhalten war sicher in dem Schock zu suchen, den das Mädchen erlitten hatte. Nora ergriff Agniezkas Handgelenk, diesmal ohne Reaktion, und fühlte den Puls. Er ging schnell. Sie wusste, dass Kleinkinder einen höheren Puls hatten als Erwachsene, aber galt das für eine Sechsjährige auch noch?
    Das Kind schwankte stetig vor und zurück, den Blick ins Nichts gerichtet, ohne irgendeinen Gefühlsausdruck auf dem Gesicht.
    Ihre sechs Jahre alte Zeugin hatte sich offenbar an einen Ort tief in ihrem Inneren zurückgezogen. Sie von dort unversehrt an die Oberfläche ihres Bewusstseins zurückzuholen, würde eine riesige Herausforderung sein. Aber auch eine Riesenchance.
    *
    Lebenslauf Bär, Siegfried Ekkehard.
    Auszug aus INPOL, ViCLAS und den Daten des Einwohnermeldeamtes sowie des Jugendamtes Bochum:
    15.11.1964: geb. in Bochum
    1976–1981: in staatlicher Obhut
    1981–1989: mehrfach vorbestraft wegen gewerbsmäßigem Drogenhandel
    Juli 1989: Verurteilung durch das LG Frankfurt zu 9 Monaten Freiheitsentzug
    Februar 1991: in Singapur wegen des Besitzes von 650g Cannabis zum Tod durch den Strang verurteilt. Das Urteil wurde im April desselben Jahres in eine lebenslange Zuchthausstrafe umgewandelt.
    März 2010: im Rahmen einer Generalamnestie zum 35. Jahrestag der Staatsunabhängigkeit vorzeitig entlassen.
    Derzeitiger Aufenthaltsort unbekannt, den Singapurer Behörden liegen keine gültigen Ausreisedaten vor.
     
    Aufgrund der Entwicklungen der letzten Nacht hatten Nora und Richter das Gespräch mit Kanther auf den Nachmittag verschieben müssen. Der Schriftsteller hatte nach Auskunft des Wachhabenden den größten Teil des Vormittags schlafend in der Gewahrsamszelle zugebracht. Nora hatte das schmale Dossier unter den Arm geklemmt. Richter und sie waren auf dem Weg zum Vernehmungsraum, in dem Kan-ther wartete. Er galt nicht mehr als Beschuldigter. Aber das wusste er noch nicht.
    »Der Gefängnisaufenthalt würde erklären, warum Bär so lange inaktiv war«, sagte Nora. »Er musste eine Zwangspause einlegen.« Während sie auf den Aufzug warteten, dachte sie darüber nach, was zwanzig Jahre Gefängnis aus einem Mann mit Siegfried Bärs Biografie machten.
    »Um ein Haar hätten sie ihn gehängt. Dann wäre das Rätsel für immer ungelöst geblieben«, grübelte sie.
    »Dann hätte es keine neuen Morde gegeben. Und der Fall wäre abgeschlossen«, meinte Richter süffisant.
    »Sind Sie etwa für die Todesstrafe?«
    »Nicht wirklich.« Es klang wenig überzeugend. »Zeitlich würde es jedenfalls passen. Die Morde sind alle vor Juli 1989 passiert. Siegfried weiht Kanther ein, geht nach der Haftentlassung nach Südostasien und landet in der Todeszelle. Zwanzig Jahre später lassen sie ihn wieder frei. Er kommt zurück nach Deutschland und bringt erneut Prostituierte um.«
    »Wir wissen gar nicht, ob er wieder hier ist«, wandte Nora ein. »Es gibt weder Ausreisedaten aus Singapur noch Einreisedaten in einem deutschen Flughafen.«
    »Typen von seinem Kaliber kennen sicher jemanden, der ihnen falsche Papiere besorgt. Vor allem, wenn sie so lange im Knast saßen. Oder er ist über eine andere europäische Großstadt eingereist. Amsterdam, Paris, Wien.«
    »Dann müssen wir bei der Bundespolizei nachfragen.«
    »Er ist ja nicht zur Fahndung ausgeschrieben«, entgegnete Richter missmutig. »Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, ob diese Länder die Daten aller Ankommenden speichern. Wir können eine Anfrage starten, aber allzu viel würde ich mir nicht davon versprechen.«
    Sie hatten das Vernehmungszimmer erreicht. Nora sah durch das kleine Fenster mit dem grünlich schimmernden Glas. Die Tür war schallgedämmt: Weder konnte man draußen hören, was drinnen gesprochen wurde, noch umgekehrt. Kanther sah aus, als schliefe er im Sitzen.
    »Vielleicht weiß er, wo Bär steckt.«
    »Es ärgert mich, dass wir ihn laufen lassen müssen«, sagte Richter. »Er weiß bestimmt viel mehr, als er zugibt.«
    »Er war es nicht. Das wissen wir jetzt leider. Also müssen wir ihn gehen lassen. Für etwas anderes gibt uns Dr. Keitel keine Handhabe. Aber das

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