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Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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beunruhigte sie zutiefst, jemandem nachzuspionieren, der drei Frauen nicht nur auf dem Papier, sondern womöglich auch in der Realität umgebracht hatte.
    Gemeinsam studierten sie das Gruppenfoto, das Therèse dem Hängeregister entnommen hatte. Kanther blätterte in den Dokumenten und zog schließlich eine Namensliste hervor.
    »Dann probieren wir es eben mit dem Ausschlussverfahren.«
    Wie bei den meisten Schreibseminaren gab es auch bei diesem ein Abschlussfoto mit Kanther und allen Teilnehmern. Acht Frauen, zwei Männer. Einer der beiden hatte das Gesicht zur Seite gedreht. Absichtlich, dachte Kanther, du hast das damals schon geplant.
    Er hatte vergessen, welchem der beiden Männer er den denkwürdigen Satz Schreibe nur über das, was du kennst unter seine Arbeit geschrieben hatte. Er konnte den zwei Männernamen auf der Liste kein Gesicht zuordnen. Aber es war einer der beiden gewesen, dessen war er ganz sicher. Suzanne Pollock erbot sich, die Liste mit Namen und Adressen für die Polizei zu kopieren, aber Kanther machte lediglich ein paar Notizen und steckte den Zettel ein. Dann stand er lächelnd auf.
    »Und jetzt, Martin?«, fragte Pollock unsicher. »Was hast du vor?«
    »Jetzt finde ich heraus, welcher von beiden Rittka ist«, sagte er.
    »Mach keinen Quatsch, überlass das lieber der Polizei.«
    Kanther sah aus dem Fenster. Die Luft, die sich in der Frühlingssonne zu erwärmen begann, blies gelbe Pollenschwaden in den Himmel. Gegenüber befestigte eine Frau eine kroatische Flagge an ihrem Balkon, deren rot-weiß kariertes Wappen an die Zielflagge der Formel-1-Rennen erinnerte.
    »Die Polizei hat ihre Agenda. Und ich habe eine andere«, erwiderte er. »Danke jedenfalls für deine Hilfe. Besonders nach allem, was passiert ist.« Dann raffte er seine Unterlagen zusammen und eilte zur Tür. Beim Hinausgehen stieß er fast mit Therèse zusammen.  
    Sie trug zwei schwere Plastiktüten und sah ihn frustriert an. »Und wer soll das jetzt alles essen?«
    Kanther zog einen Zehneuroschein aus der Hosentasche, nahm eine der Tüten und drückte Therèse das Geld in die Hand, nicht ohne dem Schein wehmütig nachzublicken. »Danke, ich nehme mein Essen mit.«
    Im nächsten Moment hörten sie ihn die Stufen im Treppenhaus hinunterpoltern.  
    Therèse sah ihre Chefin verunsichert an.
    »Die Welt steht kopf«, lachte Suzanne Pollock. »Martin Kanther bezahlt sein Essen selbst. Was für ein verrückter Tag.«
    *
    Er hatte es sich einfacher vorgestellt. Mit seinem Mentor Schritt zu halten und gleichzeitig ausreichend Abstand zu wahren, sodass Kanther ihn nicht bemerkte, erforderte seine ganze Aufmerksamkeit.
    Vor wenigen Minuten hatte er Kanther von der gegen-überliegenden Straßenseite aus beobachtet, der mit einer Plastiktüte in der Hand aus dem dunklen Hauseingang ins Sonnenlicht getreten und in Richtung U-Bahn-Haltestelle Niddapark marschiert war.
    Er hatte sich gefragt, zu welchem Zweck der Mentor das Haus in der Woogstraße aufgesucht haben mochte. Dann hatte er an der Eingangstür das schmucklose Schild entdeckt: Suzanne Pollock, Literaturagentin . Der Name der Frau war ihm natürlich bekannt.
    Kanther hatte also mit seiner Agentin gesprochen. Arbeitete er an einem neuen Werk? Nein, dann hätte er kaum den Auftrag seines ehemaligen Schülers angenommen. Vielleicht wollte er sein Manuskript an sie weiterleiten? Ja, so musste es sein. Sein Lehrmeister war so beeindruckt vom Drachenstich , von der Qualität der Geschichte und ihrer Authentizität, dass er sie Pollock empfehlen wollte. Bestimmt wählte die Agentin sich in diesem Moment auf der Suche nach einem Verlag bereits die Finger wund.
    Der Schüler atmete auf. Es war richtig gewesen, Kanther zu engagieren. Er hatte ihm stets gute Ratschläge erteilt. Schreibe über das, was du kennst – diese Worte aus seiner Beurteilung hatte er jahrelang mit sich herumgetragen, sie wie eine Beschwörungsformel vor sich hingebetet, ein Mantra, dessen Echo in seinem Kopf widerhallte, bis die Schwingungen irgendwann ein Ende fanden und Klarheit eintrat: das Wissen, was zu tun war und wie.
    Er folgte Kanther in die U-Bahn. Der Mentor hatte eine ganze Bank besetzt, eine Ikone wie er brauchte Freiraum. Nun griff er in die Plastiktüte und zog eine Schachtel heraus, auf der sich ein leuchtender, fein gestrichelter roter Drache befand und der Name eines Imbisslokals. Beim Anblick des Drachen spürte der Schüler einen Anflug von Erregung
    Der Mentor aß. Dabei sah er aus dem

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