Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
auf drängen.«
    »Kommen Sie ruhig. Crystal hat mir aufgetragen, Sie zu fragen. Wir sind im Strandhaus.«
    »Ich komme gern.«
    »Gut. Dann bis später.«
    Langsam leerte sich der Parkplatz. Die Menge zerstreute sich wie vor einem Kino, und manche Leute unterhielten sich noch, während schon die Autos an ihnen vorbeiglitten. Ich kehrte zu meinem VW zurück und reihte mich in den dünner werdenden Strom ein. Die Wolkendecke war ein bisschen aufgerissen, und ein blasser Hauch Sonne sickerte hindurch.
    Das Strandhaus lag nur drei Kilometer von der Kirche entfernt. Ich muss eine der Letzten gewesen sein, die eintrafen, da das Kiesbankett in der Paloma Lane komplett mit teuren Wagen zugeparkt war. Ich schnappte mir die erste Lücke, die ich sah, schloss mein Auto ab und ging den Rest des Weges zu Fuß. Ich spürte, dass der Zwickel meiner Strumpfhose mittlerweile zur Mitte des Schenkels gewandert war. Ich ließ ihn wieder hochrutschen, indem ich einen kleinen Hopser machte. Am liebsten hätte ich mir die Dinger vom Leib gerissen und in die Büsche geworfen.
    Als ich in Crystals Einfahrt trat, stand dort der gleiche Oldtimer, den ich vor Pacific Meadows gesehen hatte. Vorsichtig blieb ich stehen und sah mich um, um sicherzugehen, dass mich niemand beobachtete. Die gesamte rückwärtige Fassade von Crystals Strandhaus war fensterlos und die Straße hinter mir momentan unbefahren. Ich umkreiste den Wagen und studierte das Emblem des Herstellers, das am rechten vorderen Kotflügel angebracht war. Ein Kaiser Manhattan. Nie gehört. Alle vier Türen waren versperrt, und ein rascher Blick auf Vorder- und Rücksitze ergab nichts Interessantes.
    Die Haustür stand offen, und die nach außen dringenden Geräusche unterschieden sich nicht von denen einer normalen Cocktailparty. Es liegt in der Natur des Todes, dass er die Bindungen zwischen Angehörigen und Freunden neu definiert. Die Überlebenden versammeln sich und nutzen Essen und Trinken als einen Balsam, der dem Verlust entgegenwirken soll. Meist wird gelacht. Ich bin mir nicht ganz sicher, warum, aber ich vermute, es ist ein unabdingbarer Bestandteil des Heilungsprozesses, der Talisman der Trauernden.
    Es waren ungefähr sechzig Personen da, von denen ich die meisten bereits in der Kirche gesehen hatte. Die Glastüren zur Terrasse standen offen, und ich konnte das unablässige Rauschen der Brandung dahinter hören. Ein Herr in einem kurzen weißen Jäckchen kam mit einem Tablett an mir vorbei und blieb stehen, um mir ein Glas Champagner anzubieten. Ich dankte ihm und nahm eines. Dann suchte ich mir einen Platz neben der Treppe und nippte an meinem Champagner, während ich den Mann mit dem Schnurrbart und dem dichten silbergrauen Haar suchte.
    Jacob Trigg kam hinter mir herein und blieb genau wie ich am Rand der Menschenmenge stehen. Viele Trauergäste waren bereits in angeregte Gespräche vertieft, und die Vorstellung, in eines der bestehenden Kleeblätter einzubrechen, war beängstigend. »Kennen Sie diese Leute?«, fragte mich Trigg.
    »Nein, Sie?«
    »Ein paar. Ich habe gehört, dass Sie diejenige waren, die Dow gefunden hat.«
    »Ja, und es tut mir Leid, dass er tot ist. Ich hatte gehofft, er hätte sich nach Südamerika abgesetzt.«
    »Ich auch.« Triggs Lächeln war düster.
    »Hat Dow je erwähnt, dass von seinem Sparbuch Geld fehlte?«
    »Ich weiß zumindest, dass er es bemerkt hat. Der Leiter der Bank ist misstrauisch geworden und hat ihm eine Kopie des Auszugs und eine Anfrage dazu geschickt. Dow hat sich bei ihm bedankt, erklärt, dass er wisse, worum es sich handele, und er sich darum kümmern werde. In Wirklichkeit hörte er das erste Mal davon. Zuerst dachte er, es müsse Crystal sein, da die Auszüge an ihr Postfach umgeleitet wurden.«
    »Hat er sie gefragt?«
    »Nicht nach dem Geld, aber nach dem Postfach. Sie hat ihm gesagt, sie habe es ein Jahr zuvor schon gekündigt. Er wollte sie nicht weiter bedrängen, bevor er selbst Nachforschungen angestellt hatte. Es musste ja eigentlich jemand aus seinem Haushalt sein, denn wer sonst hätte schon Zugang zu der Servicekarte und der PIN-Nummer für dieses Konto gehabt?«
    »Wen hat er verdächtigt?«
    »Crystal oder Leila, obwohl es auch Rand gewesen sein könnte. Mehr Möglichkeiten gab es im Grunde nicht, aber er wollte kein Wort sagen, bevor er es sicher wusste. Er und Crystal hatten sich schon so oft wegen Leila gestritten, dass sie damit gedroht hat, ihn zu verlassen. Wenn er ein Problem mit Leila gehabt

Weitere Kostenlose Bücher