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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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hätte, hätte er es selbst geklärt. Aber wenn es um Rand ging, war Crystal genauso unbeugsam. Warum sich diesen Stress antun? Auch da hätte es jede Menge Ärger gegeben.«
    »Wie das?«
    »Rand ist der Einzige, dem sie Griff anvertraut hat. Wo wäre ohne Rand ihre Freiheit geblieben? Dow saß in der Zwickmühle, egal wie es auch ausging.«
    »Warum hat er das Konto nicht aufgelöst?«
    »Ich bin sicher, das hat er getan.«
    »Hat er je herausgekriegt, wer es war?«
    »Wenn ja, so hat er es mir nicht gesagt.«
    »Jammerschade. Nachdem sein Pass fehlt, haben die Cops vermutet, er hätte sich eventuell freiwillig aus dem Staub gemacht. Ich wüsste gern, warum Crystal die Polizei nicht informiert hat.«
    »Vielleicht wusste sie es nicht. Womöglich kam er zu dem Schluss, dass es ihm zu riskant war, der Sache nachzugehen.«
    »Er hätte jemanden mit dreißigtausend Dollar davonziehen lassen?«
    »Dad?«
    Wir wandten uns beide um. Eine Frau, deren dicker blonder Zopf ihr fast bis zur Taille reichte, stand hinter uns. Sie war Mitte vierzig, ungeschminkt und trug einen langen Baumwollpullover, einen Bauernrock und Sandalen. Sie sah wie die Sorte Frau aus, die sich nie die Beine rasiert, aber ich wollte nicht nachsehen. Immerhin war sie klug genug, um eine Strumpfhose anzuziehen, und dafür gab ich ihr Pluspunkte. Meine sackte schon wieder ab. Jeden Moment konnte sie mir bis auf die Knie rutschen, und ich würde zu hoppeln anfangen und winzige Trippelschritte machen müssen, wohin ich auch ging.
    »Das ist meine Tochter Susan.«
    »Schön, Sie kennen zu lernen«, sagte ich. Wir schüttelten uns die Hände und plauderten noch ein Weilchen zu dritt, bevor sie ihn am Arm nahm.
    »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn wir gehen. Das ist alles ein bisschen viel für meinen Geschmack«, sagte sie.
    »Sie glaubt, ich sei müde, und das stimmt auch«, gestand Trigg. »Wir sprechen uns ein andermal wieder.«
    »Das hoffe ich.«

21

    Sobald sie gegangen waren, stellte ich mein Glas ab und suchte mir die nächste Toilette. Die Tür war zu. Ich drehte am Knauf und merkte, dass sie abgeschlossen war. Ich lehnte mich an die Wand und wartete, um auch garantiert die Erste in dieser Einpersonenschlange zu sein. Ich hörte die Toilettenspülung und dann Wasser, das ins Waschbecken lief. Kurz darauf ging die Tür auf, und der Mann mit dem Schnurrbart und den silbergrauen Haaren kam heraus. Er lächelte mir höflich zu und ging ins Wohnzimmer.
    Ich schloss mich in der Toilette ein und bediente mich der sanitären Anlagen. Nachdem ich meine Strumpfhose so weit wie möglich nach oben gezogen hatte, ging ich hinaus und suchte mir einen Platz auf der Treppe, auf der dritten Stufe von oben — der ideale Aussichtspunkt, um die Versammlung zu betrachten. Rand drehte mit Griff auf der Hüfte die Runden. Griff trug einen himmelblauen Matrosenanzug, und Rand gab Griffs imaginären Monolog wieder, als wäre das Kind die Puppe eines Bauchredners. Leila hatte ich noch nicht gesehen, doch ich vermutete, dass sie irgendwo im Haus war. Crystal hätte es nie hingenommen, wenn sie das Begängnis boykottiert hätte.
    Der Partyservice war gerade damit fertig geworden, ein kaltes Buffet anzurichten. Es gab Hühnerbrüstchen ohne Knochen, drei Arten Salat, eingelegten Spargel, Teufelseier und Körbe mit frischen Brötchen. Die Leute standen in Grüppchen in der Nähe des Tischs, und jeder hielt sich zurück, um nicht der Erste zu sein, der zugriff. Normalerweise wäre ich schon lange wieder gegangen, aber ich wollte etwas über den Mann mit dem silbergrauen Haar in Erfahrung bringen. Ich sah ihn ins große Zimmer zurückkommen, diesmal in Gesellschaft einer ausgezehrten Brünetten, die in der einen Hand ein Weinglas hielt und sich mit dem anderen Arm bei ihm untergehakt hatte. Sie trug einen schwarzen, langärmligen Body unter einer hautengen schwarzen Lederhose mit einem breiten silbernen Gürtel. Ihre Aufmachung hätte sich besser dafür geeignet, an Straßenecken männliche Kunden abzuschleppen, als eine Trauerfeier zu besuchen. Ihr Körper war nicht ganz perfekt genug, um einer so gnadenlosen Enthüllung standzuhalten. Ihr Liposuktionist hätte noch einen halben Liter Fett aus jedem Oberschenkel absaugen sollen.
    Sie wirkte wachsam, und ihr Blick wanderte unruhig durch den Raum. Wenn je ein Lächeln auf ihrem Gesicht erschien, dann war es unsicher und reichte nie bis an die Augen. Ich weiß zwar nicht, ob ich an solches Gerede glaube, aber ihre »Aura«

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