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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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wenn das Haus seine Finanzierung verliert. Ganz zu schweigen von den ganzen Strafen, wissen Sie, Bußgelder und Rückerstattungen. Sie meint, vielleicht setzt es sogar Haftstrafen und dazu noch die öffentliche Bloßstellung. Die Purcells sind ja so großkotzige, affige Partygänger, also können Sie sich die Schande vorstellen. Dr. P. war derjenige, an dem dabei am meisten hängen geblieben wäre. Er saß ganz schön in der Scheiße. Das sind ihre Worte, nicht meine.«
    »Und was ist mit seinen Arbeitgebern?«
    »Ach, die beiden haben nichts mit der praktischen Seite zu tun. Die sind ständig in ganz Kalifornien unterwegs und kümmern sich um andere Geschäfte.«
    »Tja, das klingt aber beängstigend für Dr. Purcell.«
    »Ich an seiner Stelle wäre gestorben.«
    »Das kann ich mir denken«, sagte ich. »Wann ist das überhaupt ans Licht gekommen?«
    »Ich glaube, letzten Januar, lange vor meiner Zeit. Dann sind im März diese zwei Typen vom MFCU — das ist die Kontrollstelle für Betrug an Krankenversicherungen — unangemeldet aufgetaucht. Sie hatten Unmengen von Fragen und eine Liste mit sämtlichen Patientenakten, die sie einsehen wollten. Alle haben sich ein Bein ausgerissen, sind nach ihrer Pfeife getanzt und haben sich praktisch in die Hosen gemacht. Dr. P. wurde von Unmengen von Verstößen informiert. Da geht’s echt um Tausende von Dollar. Mindestens eine halbe Million, und das schon, wenn man nur an der Oberfläche kratzt. Womöglich entpuppt er sich als Riesenbetrüger.«
    »Es wundert mich, dass das nicht in die Zeitungen gekommen ist.«
    »Mrs. S. meint, sie halten es unter Verschluss, bis sie genau wissen, was sie in der Hand haben. Bis dahin sitzen sie ihm auf der Pelle, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste.«
    »Sie glaubt also, er hätte sich aus dem Staub gemacht, um einer Bestrafung zu entgehen?«
    »Also, ich hätte das an seiner Stelle auf jeden Fall getan.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass er es war? Es müssen doch auch noch andere Leute Zugang zu Rechnungsunterlagen gehabt haben. Vielleicht wurde die Buchhalterin deshalb entlassen«, sagte ich.
    Sie senkte den Blick und lehnte sich vor. »Sie sagen das nicht weiter, schwören Sie? Hand aufs Herz.«
    Ich legte eine Hand auf mein Herz und hielt die andere in die Höhe.
    »Mrs. Dorner — das ist die Chefin der Personalabteilung. Sie glaubt, Dr. P. hätte auch entführt worden sein können. Auf dem Parkplatz abgefangen, um ihn daran zu hindern, dass er den Mund aufmacht.«
    Ich sagte »Wow« und setzte eine skeptische Miene auf. »Dummerweise sagt die Polizei, dass im Grunde nichts darauf hinweist.«
    »Dazu gehört nicht viel. Ihm Isolierband auf den Mund klatschen, ihn in den Kofferraum werfen und losfahren«, meinte sie. »Sie hätten sein eigenes Auto benutzen können — deshalb ist es ja auch nicht gefunden worden.«
    »Das klingt ziemlich plausibel«, sagte ich. Merry wandte sich ab und begann auf einmal, hektisch an der Post herumzufummeln.
    Ich sah nach hinten. Eine Schwester in weißer Uniform stand in der Tür. Sie fixierte uns mit einem Blick, der schlau und einschüchternd zugleich war. Ich räusperte mich und sagte: »Also, Merry. Ich sause jetzt lieber los und halte Sie nicht länger von der Arbeit ab. Ich komme am Montag noch einmal vorbei und spreche mit Mrs. Stegler.«
    »Ich richte ihr aus, dass Sie da waren.«
    Die Schwester drehte sich um und sah mich an, als ich nur wenige Zentimeter von ihr entfernt durch die Tür ging. Ich unterdrückte den Drang, mich vor Widerwillen zu schütteln, nachdem ich mich umgewandt hatte, und fragte mich, wie viel sie wohl mitbekommen hatte.
    Am Eingang holte ich Regenmantel und Schirm und kleidete mich wieder wetterfest ein. Als ich aus dem Pflegeheim trat, hatte der Regen bis auf ein Nieseln nachgelassen, und zarter Nebel waberte wie Rauch über den Asphalt. Von den Dachrinnen tropfte immer noch in unregelmäßigen Abständen Wasser. Ich wich einer Pfütze aus und überquerte den Parkplatz, bis ich dort anlangte, wo mein VW stand. Jetzt, mit geschärftem Blick, konnte ich erkennen, dass der frisch übermalte Name am Ende der Parklücke »P. Delacorte« lautete.
    Als ich im Auto saß, riss ich das Päckchen Karteikarten auf und machte mir Notizen — ein Fakt pro Karte — , bis mein Hirn restlos alles ausgespuckt hatte.

7

    Nachdem ich Pacific Meadows verlassen hatte, fuhr ich zu Kingman und Ives und ging zur Seitentür hinein. Ich betrat mein Büro, streifte den Regenmantel ab und

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