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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Harrington hat dann gemeint, dass sie sich vielleicht auch lieber woanders eine Stelle suchen möchte, und das hat sie dann gemacht. Aber das habe ich alles nur gehört.« Sie unterbrach ihre Ausführungen, und ihre Augen hinter dem roten Plastikgestell schienen sich zu weiten. »Sie machen sich doch keine Notizen? Ich soll nämlich nicht tratschen. Da kennt Mrs. S. keine Gnade.«
    Ich hielt die Hände in die Höhe. »Ich mache nur Konversation, bis der Regen nachlässt.«
    Sie klopfte sich auf die Brust. »Puh! Einen Moment lang wurde ich schon ganz nervös. Ich möchte nämlich nicht, dass Sie einen falschen Eindruck bekommen. Ich meine, es ist, wie ich ihr versichert habe — ich würde nie die Privatangelegenheiten von irgendwem ausplaudern. Das ist nicht meine Art.«
    »Ihre nicht und meine auch nicht«, sagte ich. »Und wer ist Mr. Harrington? Ich habe nie von ihm gehört.«
    »Er arbeitet für die Betreiberfirma in Santa Maria.«
    »Und er hat Sie eingestellt?«
    »Sozusagen. Er hat das Gespräch mit mir am Telefon geführt, aber erst nachdem Mrs. S. meine Bewerbung bereits gebilligt hatte. So läuft es eben hier. Man muss die Männer glauben lassen, dass sie das Sagen haben, während in Wirklichkeit wir die Fäden in der Hand halten.«
    »Ich dachte, Dr. Purcell hätte sämtliche Einstellungen und Entlassungen unter sich gehabt.«
    »Darüber weiß ich nichts. Ich war noch keine zwei Wochen hier, als er, Sie wissen schon, abgehauen ist oder was auch immer. Ich glaube, deshalb war ja Mr. Harrington zum Einschreiten gezwungen.«
    »Wo arbeitet Mrs. Delacorte jetzt? Hat das irgendjemand erwähnt?«
    »Drüben im St. Terry’s. Das weiß ich, weil sie letzte Woche vorbeigekommen ist, um Mrs. S. zu besuchen. Sie hat sogar einen Superjob dort gekriegt, also kann sie echt von Glück sagen. Gekündigt zu werden kann ein wahrer Segen sein, obwohl sie sagt, dass es ihr damals nicht so vorkam.«
    »Wie steht’s mit Mrs. Bart?«
    »Wo die jetzt arbeitet, weiß ich nicht.«
    »Kannten Sie Dr. Purcell?«
    »Ich weiß, wer er war, aber weiter nichts. Das da drüben ist sein Büro. Er ist einfach irgendwie verschwunden. Da läuft’s mir eiskalt über den Rücken.«
    »Echt unheimlich. Ich frage mich, was mit ihm passiert ist.«
    »Kann man nicht wissen. Das ganze Personal ist fassungslos. Und die Patienten haben ihn vergöttert. Er hat dafür gesorgt, dass jeder an seinem Geburtstag eine Karte kriegt und solche Sachen. Er hat aus seiner eigenen Tasche dafür bezahlt, nur damit diese bedauernswerten alten Leute das Gefühl haben, dass jemand an sie denkt.«
    »Hat irgendjemand eine Vermutung geäußert, was ihm zugestoßen sein könnte?«
    »Am Anfang haben sie von nichts anderem geredet. Also, ich natürlich weniger, weil ich ihn kaum kannte.«
    »Was könnte denn...«
    Ich merkte Merry an, dass sie mit ihrem Gewissen rang, und es dauerte gut sieben Sekunden, bevor Sie-die-niemals-tratscht sich zu mir herüberbeugte. »Versprechen Sie mir, dass Sie das nicht weitersagen...«
    »Keinem einzigen Menschen.«
    Sie senkte die Stimme. »Mrs. S. glaubt, er hat das Land verlassen.«
    Ich senkte auch die Stimme. »Wegen...«
    »Medicare.«
    »Ach ja, klar. Das hat schon mal jemand erwähnt, aber ich konnte nicht näher nachfragen. Was bedeutet das?«
    »B-E-T-R-U-G. Letzten Winter hat die OIG —«
    »OIG?«
    »Ach, das ist das Office of Inspector General, das Aufsichtsamt. Es gehört zum Gesundheits- und Sozialministerium. Jedenfalls hat uns das OIG diese Liste gefaxt, auf der die Tabellen und Rechnungsaufstellungen stehen, die sie einsehen wollten. Mrs. S. meinte, dass sich Dr. Purcell zuerst überhaupt nichts dabei gedacht hat. Manchmal machen sie das, nur um einen auf Trab zu halten. Aber dann haben sie nochmal nachgehakt, und da wurde ihm klar, wie ernst es war. Immer wieder ist er die Daten durchgegangen, um festzustellen, wie es auf sie wirken würde. Nicht gut. Bis Oberkante Unterlippe in der Kacke, um ihre Formulierung zu gebrauchen.«
    »Hat er deshalb die letzten beiden Monate ständig Überstunden gemacht?«
    »Ja, schon.«
    »Dann wird das Haus hier also einer Rechnungsprüfung unterzogen?«
    »Allerdings. Angefangen hat es mit einer Kassenrevision. Sie wollten einen Haufen Zeug sehen, das die letzten zwei Jahre betrifft. Da hat Dr. R als medizinischer Direktor angefangen. Ich meine, er ist medizinischer Direktor und Verwaltungsleiter, mit einem Schrägstrich dazwischen. Laut Mrs. S. muss Pacific Meadows schließen,

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