Tödliche Gier
Bezirke bereist und Ärzte in ihren Praxen aufgesucht. Dow habe ich kennen gelernt, als er noch seine Praxis in der Nähe des St. Terry’s hatte.«
»Sie müssen gut verdient haben. Dieses Anwesen ist beeindruckend.«
»Das war das Schmerzensgeld auch. Nicht, dass es mich entschädigen würde. Früher habe ich gejoggt und Tennis gespielt. Man nimmt seinen Körper als etwas Selbstverständliches hin, bis er einen im Stich lässt. Verteufelte Sache, aber ich habe doch mehr Glück gehabt als mancher andere.« Er hielt inne und spähte zu mir herüber. »Sie haben ja schon mit Crystal gesprochen. Sie hat mich angerufen und mir gesagt, dass Sie sich vermutlich bei mir melden würden. Wie kommen Sie denn bis jetzt voran?«
»Es ist frustrierend. Ich habe eine Menge Leute getroffen, und das Einzige, was ich zu hören bekam, sind Theorien, aber was ich brauche, sind Fakten.«
Seine zerzausten Augenbrauen trafen sich in der Mitte und kräuselten sich. »Ich fürchte, ich kann die allgemeine Verwirrung nur steigern. Ich habe über Dow nachgedacht und mir einiges noch mal durch den Kopf gehen lassen. Die Polizei hat mich in der ersten Woche nach seinem Verschwinden befragt, aber ich war ebenso ratlos wie alle anderen.«
»Wie oft haben Sie ihn gesehen?«
»Ein oder zweimal die Woche. Er ist auf dem Weg nach Pacific Meadows ab und zu morgens zum Kaffee gekommen. Ich weiß, dass Frauen denken, Männer sprächen nicht über persönliche Dinge... Sie stellen sich vor, es ginge eher um Sport, Autos und Politik. Dow und ich, wir waren da anders, vielleicht, weil er miterlebt hat, wie viel Kummer und Schmerzen ich durchmachen musste. Ohne zu jammern, möchte ich hinzufügen. Er war ein Mann, der seine Meinung für sich behielt, und ich glaube, das schätzte er auch an anderen. Er war nur acht Jahre älter als ich, aber ich habe ihn wie einen Vater gesehen. Ich konnte ihm ohne Hemmungen alles erzählen. Wir haben ein sehr vertrautes Verhältnis aufgebaut, und mit der Zeit hat auch er sich mir offenbart.«
»Die Menschen bewundern ihn.«
»Das ist auch angebracht. Er ist ein guter Mensch... oder war einer. Ich weiß überhaupt nicht, wie wir von ihm sprechen sollen. In der Gegenwart, hoffe ich, aber das werden wir noch sehen. Crystal hat mir erzählt, dass Fiona Sie engagiert hat.«
»Das stimmt. Fiona ist derzeit geschäftlich in San Francisco, aber sie kommt heute Nachmittag wieder. Ich forsche herum, rede mit so vielen Leuten, wie ich kann, und hoffe, sie auf diese Art davon zu überzeugen, dass ihr Geld gut angelegt ist.«
»Darüber würde ich mir nicht den Kopf zerbrechen. Fiona kann man es nur schwer recht machen«, sagte er. »Wer steht außer mir noch auf Ihrer Liste?«
»Also, ich habe mit einem seiner beiden Arbeitgeber gesprochen...«
»Mit welchem?«
»Joel Glazer. Zu Harvey Broadus hatte ich noch keinen Kontakt. Außerdem habe ich einige Personen im Pflegeheim befragt und seine Tochter Blanche, aber nicht Melanie.«
Seine Augenbrauen fuhren bei Nennung dieses Namens in die Höhe, aber er gab keinen Kommentar ab. »Wie steht’s mit Lloyd Muscoe, Crystals Exmann? Haben Sie den gesprochen?«
»Der Gedanke ist mir noch gar nicht gekommen, aber das könnte ich machen. Ich habe ihn am Freitagnachmittag bei Crystal gesehen, als er Leila abgeholt hat. Was hat er denn mit der Sache zu tun?«
»Wer weiß? Vor etwa vier Monaten hat Dow erwähnt, dass er zu Lloyd gefahren ist, um mit ihm zu sprechen. Ich habe vermutet, dass es etwas mit Leila zu tun hatte, aber vielleicht war das falsch. Sie wissen ja, dass Leila kurz bei Lloyd gewohnt hat. Sie hat überall herumgeprahlt, sie sei alt genug, um selbst zu entscheiden. Crystal wurde es leid, mit ihr zu streiten, und so ist Leila zu Lloyd gezogen. Sie hat die achte Klasse in einer öffentlichen Schule dort oben angefangen, aber kaum war sie zwei Monate dort, brach sie völlig aus. Ihre Noten wurden schlechter, sie schwänzte die Schule, trank Alkohol und nahm Drogen. Dow sprach ein Machtwort, und dann sind sie eingeschritten und haben sie nach Fitch geschickt. Jetzt wird sie streng kontrolliert, und das macht sie Dow zum Vorwurf. Sie sieht ihn als Tyrannen — wobei ein Tyrann für sie jeder ist, der ihr nicht ihren Willen lässt.«
»Ich glaube, sie ist auch wütend auf Lloyd. Als ich dort war, hat sie es abgelehnt, ihn zu besuchen, aber Crystal bestand darauf.«
»Ich kann mir gut vorstellen, dass sie wütend auf ihn ist. Sie findet, es sei seine Aufgabe, sie dort
Weitere Kostenlose Bücher