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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ich. Als ich an Ida Ruths Schreibtisch vorbeikam, wich diese meinem Blick absichtlich aus. Zweifellos freute sie sich diebisch darüber, dass ich zum Opfer von Jeniffers anhaltender Unfähigkeit geworden war.
    Die Tür zu meinem Büro war geschlossen. Ich trat schnell ein und sah eine Frau auf dem Besucherstuhl sitzen. Sie hatte ihren leeren Kaffeebecher am Rand des Schreibtischs vor sich abgestellt. Als ich dessen Fläche musterte, hätte ich schwören können, dass meine Akten ein ganz klein wenig durcheinander waren. Ich sah sie fragend an, und sie erwiderte meinen Blick mit Augen, die so ausdruckslos und blau waren wie die einer Siamkatze.
    Sie konnte nicht älter als sechsundzwanzig sein, trotzdem waren ihre Haare von einem verblüffenden Silbergrau, das glänzte wie Zinn. Sie trug sehr wenig Make-up, aber ihr Hautton wirkte warm im Kontrast zu dem frostigen Haar, das sie zurückgekämmt und hinter die Ohren geklemmt trug. Sie hatte fein geschnittene Kieferknochen, eine kräftige Nase, ein markantes Kinn und zart gefiederte Brauen. Der Rock ihres korrekten grauen Kostüms war kurz, und die dünne schwarze Strumpfhose unterstrich ihre wohl geformten Knie, wo sich auf einem davon die Spuren einer alten Narbe abzeichneten. Links neben ihrem Stuhl stand ein schwarzer Aktenkoffer auf der Erde. Sie wirkte wie eine teure Anwältin aus einer erfolgreichen Kanzlei. Vielleicht wollte mich jemand verklagen.
    Argwöhnisch ging ich um meinen Schreibtisch herum und setzte mich. Sie streifte lässig die Jacke ab und hängte sie über die Stuhllehne, damit sie nicht verknitterte. Aus der Form ihrer Schultern und Oberarme schloss ich, dass sie wesentlich härter trainierte als ich.
    »Ich bin Mariah Talbot«, stellte sie sich vor. Das schwarze Seidentop raschelte leise, als sie über den Tisch fasste, um mir die Hand zu schütteln. Sie hatte lange ovale Fingernägel, die in einem neutralen Ton lackiert waren. Die Wirkung war elegant. Diese Person hatte überhaupt nichts Grelles an sich. Das Auffälligste war eine knotige weiße Narbe, vermutlich eine Verbrennung, an der Außenseite ihres rechten Unterarms.
    »Sind wir verabredet?«, fragte ich, außer Stande, meinen gereizten Unterton zu verbergen.
    »Nein, aber ich bin in einer Angelegenheit gekommen, die Sie sicher interessieren wird«, sagte sie ungerührt. Ich konnte so missmutig sein, wie ich wollte, davon würde sie sich nicht stören lassen. Das Bild, das sie ausstrahlte, sprach von Gelassenheit, Kompetenz, Tüchtigkeit und Entschlossenheit. Wenn sie überhaupt je lächelte, so wurde ihr Gesicht davon kaum weicher.
    »Worum geht’s?«
    Sie beugte sich vor und legte ihre Visitenkarte direkt vor mir auf den Tisch. Darauf stand: Mariah Talbot, Abteilung für Sonderermittlungen, Guardian Casualty Insurance. Darunter folgten eine Adresse und eine Telefonnummer, die ich mir nicht näher ansah. Das Logo war ein vierblättriges Kleeblatt, dessen vier Schleifen jeweils mit Haus, Auto, Leben und Gesundheit beschriftet waren. »Wir müssen uns über Ihren Vermieter unterhalten.«
    »Henry?«
    »Richard Hevener.«
    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber das jedenfalls nicht. »Was ist mit ihm?«
    »Es mag Ihnen unbekannt sein, aber Richard und Tommy sind zweieiige Zwillinge.«
    »Tatsächlich?«, sagte ich, während ich mir dachte: Das interessiert doch keine Sau.
    »Es gibt noch etwas, das Ihnen unbekannt sein dürfte. Richard und Tommy haben 1983 in Texas ihre Eltern ermordet.«
    Ich merkte, wie sich meine Lippen leicht voneinander lösten, wie zur Vorbereitung auf die Pointe in einem Witz.
    Die Kombination aus den blauen Augen und den silbernen Haaren war faszinierend, und ich konnte kaum den Blick von ihr abwenden. Sie fuhr fort, ohne ihre nonchalante Art abzulegen: »Sie haben jemanden angeheuert, der ins Haus eingebrochen ist. Soweit wir wissen, war geplant, dass der Einbrecher den Safe aufbohrt und sich mit einer großen Geldsumme sowie Schmuck im Wert von fast einer Million Dollar aus dem Staub macht. Brenda, die Mutter der Zwillinge, war die ältere von zwei Töchtern einer ungeheuer reichen texanischen Familie namens Atcheson. Brenda hat eine sagenhafte Schmucksammlung geerbt, die sie testamentarisch ihrer einzigen Schwester Karen vermacht hat. Es handelt sich um Stücke, die seit Jahren innerhalb der Familie weitergereicht werden.«
    Sie griff in ihre Aktentasche und zog einen dicken braunen Faltordner heraus. Sie entnahm ihm einen gelben Hefter und reichte ihn

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