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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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mir. »Das sind die Zeitungsausschnitte und je eine Kopie der beiden Testamente.«
    Ich schlug den Hefter auf und besah mir die beiden ersten Ausschnitte, datiert vom 15., 22. und 29. Januar 1983. In allen drei Artikeln waren Richard und Tommy abgebildet, die ernst und in sich gekehrt dreinsahen und von ihrem Anwalt in seinem dreiteiligen Anzug begleitet wurden. Die Überschriften besagten, dass die beiden im Zuge der andauernden Ermittlungen über den Mord an Jared und Brenda Hevener befragt wurden. Weitere Artikel berichteten über den Fortgang der Untersuchung im Taufe eines Jahres. Ich nahm mir nicht die Zeit, die Testamente zu lesen.
    Mariah Talbot fuhr fort. »Sicher ist Ihnen aufgefallen, dass der Name ihrer Tante Karen in einigen der Artikel auftaucht. Der Einbrecher war ein Kleinkrimineller namens Casey Stonehart, der bereits sechsmal wegen verschiedener Vergehen in Haft gewesen war, angefangen von Bagatelldiebstahl bis hin zu Brandstiftung, einer kleinen Spezialität von ihm. Wir glauben, dass er den Safe mit Hilfe der Kombination geöffnet hat, die die Brüder ihm genannt haben. Dann hat er die Rauchmelder abmontiert und ein Feuer gelegt, das das Verbrechen verdecken sollte. Offenbar — aber das ist nur eine Vermutung — war ausgemacht, dass er den größten Teil des Schmucks bekommt, für den er einen Hehler an der Hand gehabt hätte. Die Jungs hätten das Bargeld und vielleicht ein paar ausgesuchte Stücke genommen, und später eine Schadensmeldung über das Haus, den Hausrat, den Schmuck und alles andere, womit sie durchkommen konnten, an die Versicherung geschickt. Ach ja, und die Autos. Zwei Mercedes-Benz wurden durch die Feuersbrunst zerstört. Mr. und Mrs. Hevener wurden gefesselt und geknebelt im Schlafzimmerschrank gefunden. Sie sind an Rauchvergiftung gestorben, was immerhin nicht ganz so schlimm ist, wie bei lebendigem Leib zu verbrennen — die Glücklichen. Keiner der Zwillinge war auch nur in der Gegend. Ja, wundersamerweise waren sie alle beide verreist und besaßen unerschütterliche Alibis«, sagte sie. »Stonehart, der Typ, der die Drecksarbeit gemacht hat, ist kurz danach verschwunden. Vermutlich ist er tot und liegt irgendwo verscharrt, aber dafür haben wir keine Beweise. Er wird seither vermisst, also können wir davon ausgehen, dass sie ihn aus dem Weg geräumt haben. Ein Komplize ist immer die Schwachstelle bei solchen Geschichten.«
    »Könnte er sich nicht versteckt halten?«
    »Wenn dem so wäre, hätte er sich zumindest bei seiner Familie gemeldet. Sie sind allesamt Schnorrer und Versager, aber loyal bis ins Letzte. Es würde sie nicht stören, was er getan hat.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass ihre Loyalität sich nicht auch darauf erstreckt, zu verschweigen, wo er steckt?«
    »Der Sheriff lässt die Post überwachen und das Telefon abhören. Glauben Sie mir, die Funkstille war hundertprozentig. Der Typ hat massive Abhängigkeitsprobleme. Wenn er noch am Leben wäre, könnte er die Trennung nicht aushalten.«
    Ich räusperte mich. »Wann war das noch mal?« Ich wusste, dass sie es mir bereits gesagt hatte, aber ich konnte mich nur mit Mühe konzentrieren.
    »1983. In Hatchet, Texas. Es hat nicht lange gedauert, bis der Verdacht auf die Zwillinge fiel, aber sie waren extrem schlau. Es gab kaum etwas, was auf ihre Rolle in der Sache hingewiesen hätte... das heißt, über das Offensichtliche hinaus. Finanziell haben sie natürlich abgesahnt. Für sie muss es besser gewesen sein als ein Sechser im Lotto. Allem Anschein nach hatte es kein böses Blut zwischen ihnen und ihren Eltern gegeben, keine öffentlichen Streitigkeiten, keine Erhöhungen von Versicherungssummen in den vorangegangenen Monaten. Außerdem gab es nur sehr wenig, was sie in Verbindung zu Casey Stonehart brachte. Keine Unterlagen der Telefongesellschaft, die Gespräche zwischen den Zwillingen und ihm nachgewiesen hätten. Die Bankkonten zeigten keine ungewöhnlichen Abhebungen, die auf eine Anzahlung für Caseys Dienste hätten schließen lassen. Der Typ war derart asozial, dass er nicht mal ein Konto hatte. Er hat sein Geld in der Matratze aufbewahrt: die Dormilux Federkern Spar- und Kreditbank. Die drei gingen auf dieselbe High School. Casey war ein Jahr unter den Heveners, aber es gab keine offenkundige Verbindung zwischen ihnen. Sie haben also nicht in der gleichen Liga Bowling gespielt oder sich abends in der Kneipe getroffen.«
    Alles, was ich je für Tommy empfunden hatte, hatte sich in Luft aufgelöst.

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