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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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und andere Unternehmungen hineingeschrieben hatten. Aus der Handschrift und der Art der eingetragenen Termine schloss ich, dass Leilas Schrift die überdimensionale mit den Druckbuchstaben war — abgewinkelte Ts und kringelige /s. Crystal hatte eine elegante Schreibschrift und benutzte rote Tinte. Und von Rand musste das Gekritzel mit dem blauen Kugelschreiber stammen. Die persönlichen Gedächtnisstützen umfassten Verabredungen, Tennisstunden, Zahnarzt- und andere Arzttermine sowie die wöchentliche Spielgruppe für Griff. Der Audi war Anfang des Monats beim Kundendienst gewesen. An den Rändern waren verschiedene Telefonnummern notiert worden. Entsprechende Bemerkungen an jedem zweiten Wochenende wiesen auf Leilas Heimkehr aus dem Internat hin. Offenbar wurde sie dieses Wochenende nicht erwartet, vielleicht weil sie das vorherige schon bei Crystal verbracht hatte.
    Hinter mir waren Crystal und Nica darin vertieft, in Leilas Abwesenheit über sie zu schimpfen. Ich blätterte drei Monate zurück, zu Juli und August, wo mir eine vierte Handschrift auffiel: kühne Blockbuchstaben in Schwarz. Die (so mutmaßte ich) stammten wohl von Dr. Purcell, dessen Gegenwart bis Montag, den 8. September erkennbar war, also vier Tage vor seinem Verschwinden. Er hatte sich zwei Vorstandssitzungen, ein Ärztesymposion an der Universität von Los Angeles und einen Golftermin im Country Club notiert. Keine dieser Eintragungen schien bedeutsam zu sein, und außerdem nahm ich an, dass die Polizei allem nachgegangen war.
    »Ich bin es ein für allemal leid mit ihr«, sagte Crystal gerade. »Ich weiß nicht, warum ich mich überhaupt noch aufrege. Das ist doch genau das, was sie will.«
    »Wahrscheinlich ist sie auf dem Weg zu Lloyd. Es wäre doch typisch für Leila, schnurstracks zu ihm zu laufen.«
    »Großartig. Soll er sich um sie kümmern. Ich hab’s satt. Wenn sie nicht bald auftaucht, verständige ich die Polizei. Ich brauche nur zu erklären, dass sie eine schwer erziehbare Minderjährige ist, dann ist sie erledigt.«
    »Was soll denn das bringen?«, fragte Anica. »Ich weiß ja, dass du wütend bist, aber wenn du sie den Behörden übergibst, wirst du das bitter bereuen.«
    »Sie ist diejenige, die es bitter bereuen wird. Das hier hat doch schon wieder mit Paulie zu tun. Da wette ich Dollars gegen Doughnuts.«
    »Reg dich nicht wegen Paulie auf. Das ist doch zwecklos.«
    Ich nahm den Kalender und trat an die Kochinsel hinüber, wo ich mir meine Kaffeetasse holte. »Darf ich Sie in Bezug hierauf etwas fragen?«
    Crystal sah zerstreut zu mir herüber. »Was wollen Sie denn wissen?«
    Ich legte den Kalender auf die Arbeitsfläche und tippte auf die Seite. »Ich nehme an, dass Leila nicht jedes Wochenende nach Hause kommt.«
    »Meistens schon. Normalerweise wechselt sie mit den Besuchen zwischen Lloyd und mir ab, aber es kommt auch mal was dazwischen.«
    »Was zum Beispiel?«
    Crystal blickte auf den Kalender und wies auf das zweite Juliwochenende. »An dem Wochenende war sie von ihrer Freundin Sherry nach Hause eingeladen worden, nach Malibu Colony. Sherrys Vater ist in der Filmbranche und führt die Mädchen zu den ganzen großen Premieren aus.«
    Ich wies auf das Wochenende des 12. September, an dem Dow Purcell verschwunden war. »Und an dem hier?«
    »Das Gleiche, nur bei einer anderen Freundin. Emilys Familie besitzt Pferde. Sie haben eine Ranch bei Point Dume. Leila reitet für ihr Leben gern. Aber dieses Wochenende wurde abgesagt — ich glaube, Emily wurde krank — , und Leila war dann doch drüben bei Lloyd. Warum fragen Sie?«
    Ich zuckte die Achseln und blätterte durch die Monate zurück. Leilas Gewohnheiten schienen wechselhaft zu sein, aber es hatte den Anschein, als führe sie im Durchschnitt einmal im Monat mit zu einer Schulfreundin. »Ich halte es für möglich, dass sie den Campus mit einer ihrer Klassenkameradinnen von Fitch verlassen haben könnte.«
    »Möglich ist das wohl schon, aber ich bezweifle es. Die meisten ihrer Freundinnen bereiten sich aufs College vor. Sie würden nie riskieren, hinausgeworfen zu werden.« Sie wandte sich zu Nica. »Was meinst du?«
    »Es kann nicht schaden, sich zu erkundigen. Mir ist das auch in den Sinn gekommen, daher habe ich gleich die Telefonliste der Schule mitgebracht, falls wir jemanden von den anderen Eltern anrufen müssen.« Sie fasste in die große dunkelblaue Tasche zu ihren Füßen und zog ein spiralgebundenes Adressbuch mit einem großen Logo der Schule auf dem

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