Tödliche Grenze im All
Türen in einem Korridor. Er hörte auf zu rennen und sank nach Atem ringend, zu Tode erschöpft, an die Wand. Der Durchblick befand sich in knapp zwei Meter Höhe. Er konnte ihn leicht erreichen.
Er ging in die Knie und sprang dann hoch wie ein Frosch. Seine Finger krallten sich in den Rahmen des Durchblicks, und seine Fußspitzen kratzten an der Tür, um noch etwas hinaufzukommen. Die Durchblicköffnung war mit einem Laden versehen. Er fand einen Knopf und drückte ihn, und der Laden gab den Durchblick frei.
Auf der anderen Seite der Tür lag ein anderer Korridor, genau wie alle Korridore bisher.
Tränen stiegen ihm brennend in die Augen, liefen über seine Wangen, schmeckten salzig, als sie seinen Mund erreichten.
Er zwängte sich durch die kleine Öffnung und ließ sich auf der anderen Seite auf den Boden fallen. Dann lief er wieder, unaufhörlich von einem Korridor und von einem Raum zum anderen, ohne Ahnung, in welcher Richtung er rannte. Aber irgendwo mußte doch einmal ein Ausgang zu finden sein!
Er vermied absichtlich, zu überlegen, was er tun wollte, wenn er einen Ausgang fand. Würde das Raumschiff noch da sein? Und wenn es da war, würde er versuchen, allein damit fortzukommen, oder würde er versuchen, seine Freunde mitzunehmen? Jeden Gedanken dieser Art, der in ihm auftauchte, unterdrückte er.
War das ein Geräusch? Er hielt inne, einen Fuß erhoben wie ein Storch. Sein Körper bebte.
Stille.
Er hatte zu schreien aufgehört, aber ohne es zu wissen. Er verhielt, um tief Luft zu holen. Fliehe, fliehe! schienen Millionen von Stimmen aus den Wänden zu flüstern, aus dem Boden, aus den Türen, aus dem Schweigen des Gebäudes.
Am Ende des Ganges war wieder eine Tür. Vielleicht führte sie nach draußen. Sie schien größer zu sein als alle, durch die er bisher gekommen war. Es war vielleicht möglich, daß …
Er schlich ganz leise auf die Tür zu. Sie war grau und glatt und schien freundlich zu lächeln, wie er meinte. Er langte nach dem Griff, hielt inne und drückte sie auf.
„Ich hätte Ihnen gleich sagen sollen, daß Ausreißen keinen Zweck hat“, sagte der Mann im weißen Gewand.
Rumbold, McOrdle und Nolan starrten ihn mitleidig an.
* *
*
Hennessey sank zusammen wie eine leere Hülle. Er war aber nicht bewußtlos. Er lag mit offenen Augen auf dem Boden, sein Mund zuckte hilflos. Sein Kopf war merkwürdig schiefgedreht, und er sah die anderen mit leeren Blicken an.
Plötzlich kam er auf einen Gedanken.
„Wie lange war ich weg?“ fragte er krächzend.
„Wieso?“ fragte Nolan zurück. „Sie sind durch eine Tür ’rausgegangen und durch die andere wieder hereingekommen. Weiter nichts. Sie sind gar nicht weggewesen.“
„Eine Sekunde lang vielleicht“, sagte Rumbold.
„Überhaupt nicht. Raus und rein wie der Blitz“, brummte McOrdle.
Für sie bin ich nicht weggewesen, dachte Hennessey innerlich stöhnend. Aber ich selbst – o mein Gott!
Der Mann im weißen Gewand sah ihn bedauernd an. „Zeit ist schließlich nur eine Illusion, nicht wahr“, sagte er beruhigend.
„Dann sind wir in einer anderen Dimension?“ fragte Nolan.
„Ja – in einer anderen Ebene.“
„Aber warum denn? Aus welchem Grunde behalten Sie uns hier? Wie sind wir denn überhaupt hierhergekommen? Und die Träume, die wir alle hatten …“
Das fremde Wesen machte eine ausweichende Bewegung mit der Hand. „Das ist alles eine sehr lange und komplizierte Geschichte“, sagte es. „Sie sind hier, weil Sie nicht weiterkommen. Wenn Sie behaupten wollen, Sie seien in der vierten Dimension – warum nicht. Sie könnten vieles tun, was dümmer ist, als die Sache so aufzufassen. Was die Träume anbetrifft: um Ihnen diese erklären zu können, müßten Sie den spezifischen Charakter der Daseinsebene, in der Sie sich jetzt befinden, verstehen. Sie wissen ja wohl, daß das Unterbewußtsein gegen psychische Dinge weit aufgeschlossener ist als das Bewußtsein? Als Sie den Superantrieb einschalteten, verloren Sie das Bewußtsein, aber das hochempfindliche Unterbewußtsein war hellwach – viel wacher und aufnahmefähiger für meine Gedanken als sonst. Als Sie bewußtlos waren, bereitete ich Ihre Ergreifung vor …“
Rumbold sah den Priester wie hypnotisiert an. Vor diesem Wesen empfand er eine uneingeschränkte Ehrfurcht. Er wollte sprechen, wollte tausend Fragen stellen, aber die Worte verhedderten sich, ehe er sie äußern konnte. Schließlich sagte er:
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