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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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breitestes Ostküstenamerikanisch.
    »Kein Problem, ist er denn bereits Kunde bei uns?« Der Verkäufer lächelte gekünstelt. Er war ein Mann in den Dreißigern mit weißen Zähnen und einem schlaffen Händedruck.
    »Nein, aber er ist gerade dabei, hierherzuziehen«, sagte ich. »Richard Evans, ein berühmter Zeitungsmogul aus New York, bestimmt haben Sie schon von ihm gehört?«
    Der Verkäufer nickte eifrig, während er mir den Weg durch das Tor wies.
    »Was hat er sich denn vorgestellt?«
    »Eine Marquis«, antwortete ich. »Es hat gar keinen Sinn, dass Sie mir etwas anderes zeigen. Mr. Evans ist ein richtiger Marquis-Liebhaber.«
    »Eine gute Wahl. Eine ausgezeichnete Wahl. Viele kaufen amerikanische Schiffe, wenn der Dollar niedrig steht. Und über welche Größe sprechen wir?«
    Ich legte ihm vertraulich die Hand auf den Arm.
    »Zeigen Sie mir einfach, was Sie haben«, antwortete ich.
    Ich erkannte sie sofort wieder. Zwei Marquis-Yachten lagen nebeneinanderund schaukelten leicht, sie sahen aus wie großer und kleiner Bruder Marquis, genauso großspurig und selbstgefällig und mit dem gleichen heimtückischen Blick aus ihren schwarzen Fenstern.
    »Die große, die ist es.«
    »Die Königin«, sagte der Verkäufer mit einem zärtlichen Tonfall. Er strich mit der Hand am Geländer der Gangway entlang, als wäre die Yacht seine künftige Ehefrau.
    »Eine 69 Fuß Marquis«, erklärte er. »Ausgezeichnete Wahl. Und wenn er in Euro bezahlt, beträgt der Preis derzeit nur 1,8 Millionen, eine halbe Million weniger als ein entsprechendes europäisches Schiff.«
    »Dürfte ich sie mir mal ein bisschen näher ansehen?«
    »Selbstverständlich.« Der Verkäufer betrat die Gangway und streckte die Hand aus, um mich an Bord zu geleiten. »Das ist eine richtige Schönheit, mit einer Grazie und Eleganz, wie Sie Ihnen keine andere Yacht bieten kann. Sie werden feststellen, dass der Innenraum mehr Platz bietet, als man es normalerweise kennt, sogar bei größeren Yachten als dieser hier.«
    »Mein Chef möchte alles wissen«, sagte ich und ging an Bord. »Können wir mit dem Schlafzimmer anfangen?«
    Die Musik wummerte laut aus dem Inneren von Puerto Banus, wo die Clubs noch viele Stunden geöffnet hatten, aber am Pier O war bereits Nachtruhe eingekehrt. Die Restaurants entlang der Promenade hatten geschlossen. Ein paar Mädchen stolperten auf hohen Absätzen von einer Yacht, die Ma Petite hieß, in der Ferne hörte ich ihre Kommentare über die miese Party, als sie in irgendeinen Klub weiterzogen.
    Ich hatte mich auf den Boden gesetzt und lehnte mit dem Rücken an einen kleinen Turm am Ende von Pier O, müde vom Herumlaufen von Bar zu Bar, wo ich alkoholfreie Drinks getrunken und mich gegen die Avancen betrunkener Golftouristen hatte wehren müssen.
    Der graugrüne Jaguar hatte sich den ganzen Abend nicht bewegt.Zweimal hatte ich beobachtet, wie der Skipper vom Oberdeck gestiegen war, um eine Zigarette zu rauchen, während er sehnsüchtig auf die Lichter des Hafens spähte. Wahrscheinlich wartete er darauf, dass der Besitzer das Schiff für die Saison verlassen würde, damit er die drei Schlafzimmer auf dem Unterdeck nach eigenem Gutdünken nutzen konnte.
    Alain Thery hatte sich den ganzen Abend nicht blicken lassen.
    Ich entschied, noch eine halbe Stunde zu warten und die Augen zu schließen. Der Schlaf zog mich tief in die schwarze Leere hinein. Doch ich schreckte gleich wieder hoch, nur um erneut die Augen zufallen zu lassen. Der Jaguar war noch da. Nirgends brannte Licht. Wenn er jetzt nicht schlief, würde er nie schlafen.
    Ich öffnete die große Goldtasche, die ich zu einem Schleuderpreis erstanden hatte, und holte meine neuen Schuhe heraus. Meine abgewrackten Sneakers schmiss ich zusammen mit meinem Anorak unter einen Busch – die letzten Überreste meines alten Ichs. Die Schultertasche hatte ich in den Mülleimer der Kaufhaustoilette gestopft, wo ich meine Kostümierung mit raffiniert viel Make-up vollendet hatte, und mein Handy ins Meer geworfen, als ich eine Runde über Pier 1 geschlendert war, um die Epona von der anderen Seite zu begutachten.
    Die neuen Schuhe hatten einen spitzen Absatz und eine Goldschnalle an der Seite und waren eine halbe Nummer zu klein. So hatte ich sie mit Absicht gewählt, damit sie fest am Fuß saßen und auf den Treppen nicht rutschten. Es bestand keine Gefahr, innerhalb von so kurzer Zeit wunde Füße zu bekommen.
    Ein letztes Mal kontrollierte ich mit der Hand den Inhalt meiner Tasche.

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