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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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noch immer andauerten.
    In einer späteren Meldung wurde der Verdacht auf Brandstiftung ausgeräumt. Der Polizei zufolge war die Ursache des Brandes auf einen Kurzschluss zurückzuführen, möglicherweise auch auf die Nachlässigkeit eines Gastes. Der Hotelbesitzer musste mit einer Anzeige wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen rechnen. Noch dazu hatte er keine akzeptable Buchführung für seinen Hotelbetrieb nachweisen können.
    Der Brand war kein Einzelfall. Ich klickte mich durch die verknüpften Links.
    Im April 2005 starben vierundzwanzig Menschen beim Brand eines Budgethotels im Nordosten von Paris. Die meisten Opfer waren afrikanische Einwanderer, die vom Sozialamt dort untergebracht worden waren. Im August desselben Jahres kamen neun Kinder beim Einsturz eines baufälligen Hauses ums Leben.
    »Um einen Mietvertrag zu bekommen, braucht man Papiere«, sagte ein Einwanderer namens Said, der seinen Nachnamen derZeitung nicht nennen wollte. »Ohne Papiere ist man auf den Schwarzmarkt angewiesen, wo die Vermieter keine Scheu haben, einsturzgefährdete, lebensgefährliche Unterkünfte zu vermieten, wo kein Mensch mit normalen Bürgerrechten seinen Fuß hineinsetzen würde.«
    Die Behörden hatten viel Kraft in die Aufgabe investiert, heruntergekommene Gebäude räumen zu lassen. Dabei hatten sie unter anderem eine stillgelegte Druckerei entdeckt, in der siebzig Flüchtlinge lebten und sich eine einzige, funktionsfähige Toilette teilten.
    Ich kehrte zur Google -Startseite zurück, klickte auf verwandte Links, tippte neue Varianten der Suchbegriffe ein: Hotel Brand Paris Einwanderer illegal ohne Papiere Europa.
    Ich stellte mir vor, wie ich mit Patrick um die Wette lief, als ich mich Seite um Seite vorarbeitete, und dass ich auf dem Weg zum nächsten Artikel möglicherweise bereits einen Blick auf seinen Rücken erhaschen konnte.
    Allein in Paris gab es mindestens vierhunderttausend Einwanderer ohne Papiere, in ganz Westeuropa bis zu acht Millionen, und die Einwanderungspolitik verschärfte sich. Mittlerweile erstreckten sich die europäischen Grenzkontrollen bis in den Senegal und die Strände wurden radarüberwacht; trotzdem gelang es immer wieder neuen Flüchtlingen, sich auf Lkws, überlasteten Booten oder mit gefälschten Pässen per Flugzeug einen Weg nach Europa zu bahnen. Manche erkauften sich die Fahrt mit geliehenem Geld, andere wurden eingeschleust, um an die Sexindustrie verkauft zu werden, eine wachsende Anzahl wurde zu reiner Sklavenarbeit ausgebeutet.
    Ich lehnte mich zurück und räkelte mich. Sklavenarbeit war ein Wort, das ständig wiederkehrte: im Notizbuch, im Gespräch mit dem Hotelportier.
    Ich tippte den Begriff ins Suchfenster ein und erhielt eine neue Reihe von Treffern.
    Unter anderem stieß ich auf die Chinesen, von denen mir Richard Evans erzählt hatte. Einundzwanzig Menschen waren inder Bucht von Liverpool beim Muschelsammeln ertrunken, als sie von der Flut überrascht wurden. Die Überlebenden berichteten, dass man ihnen für einen vollen Muschelkorb sieben Euro zahlte; davon zog der Gangmaster , der Arbeitsvermittler, dann aber die Miete für einen engen Kellerraum und die Reiseschulden ab. Das Unglück hatte sich vor mehreren Jahren ereignet und hatte sogar als Stoff für einen Dokumentarfilm gedient. Es war also nicht gerade eine Neuigkeit. Ich klickte mich weiter, überflog die Texte.
    In der Toskana arbeiteten Tausende von Chinesen in geheimen Textilfabriken. Made in Italy, sagte ein kleines chinesisches Mädchen und hielt dabei stolz ein Kleidungsstück in die Kamera. Die billige Kleidung wurde per Schiff zu Straßenmärkten und touristischen Zielen in ganz Europa transportiert. Als Lohn bekamen die Arbeiter Verpflegung und einen Schlafplatz in der Fabrik. Sie mussten Schulden in Höhe von bis zu zwanzigtausend Euro an die Snakeheads zurückzahlen, die ihnen die Reise nach Europa organisiert hatten.
    Raffiniert, dachte ich. Ein Sklavenhandel, bei dem die Opfer selbst für ihre Anreise aufkommen müssen. Kein Wunder, dass Patrick auf die Sache angesprungen war.
    Ich las weiter. Artikel über Kinder, die in Rumänien verschwinden und als Kinderdiebe in London, Paris und Stockholm arbeiten, über lebensgefährliche Jobs auf Baustellen, nächtliche Putzarbeit und Mädchen, die als Haushaltssklavinnen verkauft wurden.
    Dort blieb ich mit dem Blick hängen. Mein Puls stieg, ich konnte hören, wie er gegen mein Trommelfell pochte.
    Der Bericht handelte von einem fünfzehnjährigen

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