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Toedliche Intrige

Toedliche Intrige

Titel: Toedliche Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
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wurde, desto mehr wünschte ersich welche. Er wollte einen Erben. Jemanden, der nach ihm den ganzen Reichtum übernehmen sollte. Bettý sollte ihm diesen Erben schenken.
    Sie waren zwei Jahre lang zusammen gewesen, als Bettý schwanger wurde und er seine Freude mit einem neuen Testament dokumentierte. Aber zwei Monate später hatte Bettý eine Fehlgeburt, und seitdem war nichts geschehen. Es sah nicht danach aus, dass ein Tómas Zöega junior jemals das Licht der Welt erblicken würde, und Bettý bekam das zu spüren. Ihre Beziehung zu Tómas wurde immer schwieriger. Zwar hatte er das Testament noch nicht geändert, aber sie merkte, dass sein Interesse an ihr nachließ.
    So erzählte sie es mir. Eine Abends begann sie wie aus heiterem Himmel über die gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf Ehe und Erbrecht zu reden. Nach isländischem Gesetz ist der Partner der so genannte gesetzliche Erbe, was bedeutet, dass die Frau im Falle des plötzlichen Ablebens des Mannes Alleinerbin ist, falls es keine Kinder gibt. Es bedarf keines Testaments, keiner Papiere, die Gesetze allein besagten, dass die Ehefrau alles bekam. Falls Tómas das Zeitliche segnete, würde Bettý alles erben.
    Falls sie verheiratet wären.
    »Warum habt ihr nicht schon längst geheiratet?«, fragte ich und erinnerte mich an das Gespräch in London.
    »Es stand immer auf dem Programm«, sagte Bettý. Sie zuckte mit den Achseln. »Er war aber bereits zweimalverheiratet gewesen und meinte, er wolle unsere Beziehung vorsichtiger angehen. Und jetzt ...« »Was?«
    »Jetzt ist sie auf dem absteigenden Ast«, sagte sie. »Ich spüre das, es wird nicht mehr lange gut gehen.«
    »Ist das der Grund, warum ihr nicht geheiratet habt?«, fragte ich. »Will er nicht, dass dir das Unternehmen zufällt?«
    »Ich habe das Testament gesehen«, sagte Bettý. »Ich bekomme mehr als genug, wenn irgendwas passiert.«
    Als Bettý und ich uns das erste Mal begegneten, befand sich ihre Beziehung in dieser kritischen Phase. Tómas Ottósson hielt Ausschau nach einer anderen Frau, einer Frau, mit der er Kinder bekommen könnte, vielleicht sogar eine jüngere als Bettý.
    Bettý weinte, als sie mir von der Fehlgeburt erzählte.
    Später erfuhr ich die Wahrheit über diese kullernden Tränen, aber da war es zu spät.
    *
    Ab und zu besucht mich eine Psychologin von der Staatsanwaltschaft. Auch die Psychiaterin, die manchmal kommt, sich mit mir unterhält und mir irgendwelche Tests vorlegt, arbeitet in ihrem Auftrag. Zwei Frauen. Ich weiß, dass sie mich nicht verurteilen. Sie machen einen sehr liberalen Eindruck. Die Psychologin ist etwa zehn Jahre älter als ich und immer wie aus dem Ei gepellt, sie färbt sich die Haare blond und mit künstlerischerAkribie die Augenbrauen schwarz, hat lange Mascara-Wimpern und ein beinahe glänzendes Make-up, das jedes Fältchen, jeden unerwünschten Fleck verhüllt. Ich verstehe sie gut. Sie hat ein schönes Gesicht und versucht nach Kräften, es zu konservieren. Die Psychiaterin dagegen macht einen richtig schlampigen Eindruck. Manchmal geht ein unangenehmer Geruch von ihr aus, wenn sie mir in Jeans und dickem, grünem Pullover gegenübersitzt. Hässlich. Sie hat tatsächlich eine Warze am Kinn. Wenn ich sie anschaue, muss ich unwillkürlich an Gundel Gaukeley denken.
    Indem ich das Geschehene wieder und wieder rekapituliere, kann ich nicht umhin, mir Gedanken darüber zu machen, wie unser Bettgeflüster zu dem Vorsatz werden konnte, einen Mord zu begehen, aber begreifen tue ich es trotzdem nicht. Wie sehr ich mir auch den Kopf zerbreche, ich kann den Augenblick nicht festmachen. Ich weiß nicht genau, wann es geschah. Wann sich die Idee in einen festen Vorsatz verwandelte. Vielleicht habe ich es aus Scham in die Tiefen des Unterbewusstseins gedrängt. Es zu vergessen versucht wie ein Geschwür. Doch es verschwindet nicht, auch wenn ich das möchte. Ganz im Gegenteil, es wuchert immer mehr und verursacht mir unerträgliche Qualen.
    Manchmal kommt es mir so vor, als gäbe es diesen einen Augenblick gar nicht. Ich glaube, dass wir niemals zu einem bestimmten Zeitpunkt gesagt haben: Ja, das machen wir, wir bringen Tómas um. Wenn es so war, habe ich es vergessen. Vielleicht willentlich. In Wirklichkeitwurde auch nie etwas ausdrücklich gesagt, oder ich erinnere mich nicht mehr. Nichts, was von Bedeutung gewesen wäre. Wir haben nicht dagesessen und bis tief in die Nacht hinein mit mordlüsternem Glitzern in den Augen die Möglichkeiten ausgelotet.

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