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Toedliche Intrige

Toedliche Intrige

Titel: Toedliche Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
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Spiel«, sagte ich.
    Sie sagte eine Weile nichts und fragte dann: »Ist das vielleicht ein heikles Thema für dich?«
    »Waren wir nicht fertig für heute? Ich dachte, du würdest jetzt gehen. Hast doch schon abgecheckt, welche Schrauben bei mir locker sind.«
    »Findest du es unangenehm, über deine Mutter zu reden?«
    »Findest du es unangenehm, über deine Mutter zu reden«, äffte ich sie nach.
    »Ganz und gar nicht«, sagte sie. »Aber zu meinem Vater habe ich nie eine Verbindung gehabt. Das ist viel schwieriger. Das ...«
    Sie unterbrach sich mitten im Satz und fragte dann: »Und dein Vater?«
    »Ich bin nicht daran interessiert, über meine Familie zu sprechen«, sagte ich und wurde wütend. »Sie hat überhaupt nichts damit zu tun, und ich habe definitiv etwas dagegen, dass du mich nach meinen Eltern oder meinem Bruder fragst oder etwas dergleichen. Ich will das nicht, verstehst du?«
    Sie nickte.
    »Was ist deiner Meinung nach wohl der Grund dafür?«, fragte sie schließlich, und ich sah den Starrsinn in ihren Augen. Aus dem gleichen Starrsinn heraus weigerte sie sich, die Warze am Kinn mit einem simplen, billigen und schmerzlosen Eingriff entfernen zu lassen.
    »Können wir Schluss machen?«, fragte ich.
    »Was ist los?«
    »Nichts. Lass mich in Ruhe.«
    »Das scheint dir ja eindeutig nahe zu gehen«, sagte sie.
    Ich schwieg, aber sie gab nicht auf.
    »Da ist irgendwas, was das Ganze erklärt, nicht wahr?«, sagte sie. »Erklärt, warum du so bist. Erklärt, was du getan hast.«
    »Ich habe nichts getan!«
    »In Ordnung.«
    »Warum lässt du dir nicht die Warze entfernen?«, fragte ich.
    Ich wollte sie verletzen. Ich wollte sehen, ob es mir gelingen konnte, sie zu verletzen. Ich wollte ihren Gesichtsausdruck sehen. Wollte wissen, ob ich ihre Selbstsicherheit erschüttern und einen Wutausbruch provozieren konnte. Natürlich weiß ich, dass man solche Fragen nicht stellen darf, unter gar keinen Umständen. Ich hätte diese Warze gar nicht wahrnehmen sollen, hätte so tun sollen, als sei sie gar nicht vorhanden. Ich weiß, dass es keine Entschuldigung ist, dass ich mehr Tage in Untersuchungshaft zugebracht habe, als ich zählen kann, und es angefangen hatte, mir zuzusetzen. Bettý hätte sie gleich am ersten Tag danach gefragt und überhaupt nicht versucht, sich zu entschuldigen.
    Meine Besorgnis war unbegründet.
    »Ich bin stolz darauf, wie ich bin, der Mensch zu sein, der ich bin«, sagte die Psychiaterin. »Es ist ein sehr gutes Gefühl, aber ich glaube, dass du es nie gehabt hast.«
    »Verdammt noch mal, was weißt du schon darüber?« »Vielleicht versuche ich, es herauszufinden.« »Lass mich in Ruhe!«
    »In Ordnung«, sagte sie. Wir können uns später darüber unterhalten.«
    »Ja, oder wir können es auch vergessen.« Sie stand auf.
    »Entschuldige«, sagte ich, »ich wollte dich nicht...«
    »Genau das wolltest du aber. Es hat dir bloß etwas ausgemacht, weil du im tiefsten Inneren von guten Gefühlen, Anständigkeit und Fairness gesteuert wirst und nicht von Bosheit, genau wie die meisten anderen.«
    Wir schauten einander in die Augen.
    »Du weißt wohl immer hundertprozentig Bescheid«, sagte ich. »Du hast dir das alles wunderbar zurechtgelegt, du weißt alles und hast die Antworten auf alles ...«
    »Weshalb glaubst du eigentlich, dass du hier einsitzt? Weshalb wohl?«
    Ich schwieg.
    »Hast du nicht immer nach Anerkennung in irgendeiner Form gesucht? Geht es deiner Meinung nach nicht um die Frage nach Anerkennung? Vielleicht um etwas, was mit deiner Mutter zu tun hat?«
    Ich gab ihr keine Antwort. Ich saß nur schweigend da, dachte über ihre Worte nach und wurde wütend. War Anerkennung so wichtig? Jetzt war ich aber nicht wütend auf sie, sondern auf meine Schwäche, mit der ich immer gekämpft habe. Ich wusste ganz genau, dass ich ihretwegen im Gefängnis gelandet war.
    »Hau ab«, sagte ich. »Hau ab und lass mich in Ruhe. Mach, dass du wegkommst und LASS MICH VERDAMMT NOCH MAL IN RUHE!«, brüllte ich sie an.

16
    A ls sie fort war, kehrte ich in meine Zelle zurück, legte mich auf die Pritsche und starrte in die Dunkelheit hinein, während meine Gedanken wieder zu dem Abend zurückkehrten, den ich verdrängt hatte, der aber immer gewaltsamer seinen Weg zurück in mein Bewusstsein erobert hatte. Dem Abend, an dem ich Tómas besucht hatte und Bettý nicht zu Hause war.
    Tómas und ich hatten noch nie eine Arbeitsbesprechung in seinem Haus in Akureyri gehabt. Wir hatten uns fast immer in

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