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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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drehte ihm den Rücken zu, zog den Bademantel
aus und kroch unter die Bettdecke. Er klopfte an die Tür und sagte
beiläufig: »Das Licht wird allerdings die ganze Nacht
über anbleiben müssen. Es geht leider nicht anders.«
      »Macht nichts. Du scheinst zu vergessen,
daß ich in dieser Beziehung schon reichlich Erfahrung habe. Man
kann fast sagen, daß ich schon einmal hier war.«
      Die Tür wurde wieder abgeschlossen. Ich lag im
Bett und starrte die Decke an. Nach einer Weile hörte ich, wie der
Schlüssel ins Schloß gesteckt wurde; Thompson kam mit einer
großen Tasse herein, die er an der Wand neben der Tür
abstellte.
      Er lächelte mir etwas verlegen zu. »Ich
dachte mir, Sie würden vielleicht eine Tasse Tee nicht
verachten.«
      »Warum kommen Sie denn nicht näher? Hat O'Hara Sie davor gewarnt? Wo ist denn Ihr Herr Kollege?«
      »Flattery? Wahrscheinlich schon unten im Dorf.
Trinkt gern ein Bier. Heute ist sein freier Abend, und wegen Ihnen ist
er später losgekommen. Das wird er Ihnen bestimmt nicht vergessen.
An Ihrer Stelle wäre ich deshalb ihm gegenüber etwas
vorsichtig.«
    Er ging wieder hinaus, schloß die
Tür hinter sich ab; danach wurde ich in dieser Nacht nicht mehr
gestört. Ich war endlich allein. Ich sah hinüber zu der Tasse
Tee auf dem Boden neben der Tür. Aus irgendeinem Grund fühlte
ich mich an die Box in Tay Son erinnert. Es war alles schon einmal
dagewesen. Ich schlief irgendwann ein und träumte von Madame Ny.

    Ich schlief erstaunlich gut in dieser Nacht; Thompson und Flattery
mußten mich wecken, als sie mir um halb acht das
Frühstück auf einem Tablett servierten. Porridge ohne Milch,
lauwarmes Rührei und kalten, bröckeligen Toast. Sie
ließen mich allein, während ich aß, kamen nach einer
guten Viertelstunde wieder und führten mich zum Waschraum.
      Als ich im Bett lag, hatte ich mich irgendwie wieder
ganz normal gefühlt, etwas komisch im Kopf, aber sonst nichts.
Erst als ich aufstand und gehen wollte, bemerkte ich, daß ich
immer noch nicht der alte war. Die Wände schwankten leicht, der
Gang schien ins Unendliche. zu führen, ich hatte erneut das
sonderbare Gefühl, nicht mehr in meiner Haut zu stecken.
      Dennoch war ich, zumindest bildete ich mir das ein, zu
klaren Gedanken, zu einer einigermaßen zutreffenden Beurteilung
meiner Umwelt fähig. Flattery zum Beispiel war anders –
anders in seinem Verhalten mir gegenüber. Mir kam es vor, als
hätte jemand mit ihm über mich gesprochen, ihn vielleicht vor
mir gewarnt.
      Aber die Sache mußte viel subtiler sein. Er
schien sich für mich plötzlich sogar zu interessieren, mich
aus Berechnung zu beobachten; mir fiel das ganz deutlich auf, als ich
mich mit einem elektrischen Rasierapparat, den sie mir gegeben hatten,
vor einem kleinen Spiegel rasierte. Er sah nur zu mir herüber,
wenn er meinte, ich würde es nicht bemerken. Und als die beiden
mich wieder zurückführten, hielt er mich viel sanfter am Arm
fest als am Abend zuvor.
    Meine Füße schienen den Boden
nicht zu berühren, ich bewegte mich wie in Zeitlupe, hatte mich
allem Anschein nach völlig in der Gewalt. Irgend etwas muß
man mir aber dann doch angesehen haben, denn Thompson rief etwas mir
Unverständli ches, seine Stimme hallte tausendfach wider, und er
faßte mich am anderen Arm.
      In diesem Moment öffnete sich die Tür zum
Lift, und Sean O'Hara trat heraus. Er erkannte die Situation vermutlich
mit einem Blick, denn ich sah, wie er uns entgegeneilte, seine Lippen
sich bewegten, als würde er reden.
      Das nächste, was ich weiß, ist, daß
ich in meinem Zimmer auf dem Bett lag und die Glühbirne an der
Decke anstarrte, die aus einem unerfindlichen Grund so groß wie
ein aufgeblasener Luftballon war, es dann plötzlich
›Klick‹ in meinem Kopf machte und sie auf normale
Größe zurücksprang.
      Flattery stand an der Tür, Thompson hielt Sean
eine Schale hin, und der war dabei, eine Spritze aufzuziehen. Ich
setzte mich langsam auf, worauf er sogleich zu mir ans Bett kam.
      »Willst du mir etwa dieses Ding verpassen?« begehrte ich von ihm zu wissen.
      Er sah auf die Spritze in seiner Hand, lächelte
und legte sie in die Schale, die Thompson ihm geflissentlich reichte.
»Wie fühlst du dich?«
      »Ein bißchen schwach, aber ich kann wieder
klar denken. Eine Zeitlang war ich wieder weg von dieser Welt.«
      Sean nickte besorgt. »Ich fürchte, das wird
noch einige Tage andauern. Zumindest weißt du, was mit

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