Tödliche Jagd
seines
Vaters zu übernehmen, und prompt nur drei Jahre gebraucht, um sie
kaputtzumachen. Er hat eigentlich nie zu etwas getaugt.«
Er setzte sein Barett ab, holte eine Akte aus seinem
Koffer und nahm am Schreibtisch Platz. »Man hätte dich nicht
aus der Militärakademie rauswerfen sollen.«
»War kein so schwerer Schlag für mich.«
»Du wolltest ja von Anfang an nicht hin, stimmt's?«
»Scheinst ja alles schon zu wissen.«
»Warum bist du aber dann nach Vietnam?«
Ich nahm mir eine Zigarette aus der Schachtel, die auf
dem Tisch lag. »Weil ich es damals für eine gute Idee
hielt.«
Er tippte mit dem Finger auf die vor ihm
liegende Akte. »Hier drin ist eine Kopie deiner vom Pentagon
erstellten Personalakte. ›Der geborene Soldat mit herausragenden Führungseigenschaf ten‹ Steht
da, wörtliches Zitat. Die Auszeichnungen, die sie dir während
deiner Dienstzeit verliehen haben, der Orden, den du mit St. Claire
für die Flucht bekommen hast, das stellt schon etwas dar.«
»Aber irgendwo muß aber auch
›Seitdem für jeden Dienst untauglich‹ stehen, oder
hast du diese wichtige Information übersehen? Völlig
übergeschnappt, obwohl sie es sicher höflich umschrieben
haben.«
»Dein Großvater muß sehr stolz auf dich gewesen sein.«
»Laß bloß meinen Großvater aus
dem Spiel, der kann mir gestohlen bleiben«, erwiderte ich
ungehalten und drückte die Zigarette aus. »Überhaupt:
Was hat das alles mit dem zu tun, was gestern passiert ist?«
Erst jetzt im nachhinein wird mir klar, daß er
damit nur die Absicht verfolgte, sich langsam an das eigentliche Thema
heranzutasten, mich zum Reden zu bringen.
»Also gut. Was ist denn nun gestern passiert?«
»Ganz einfach. Ich bin gestern früh
aufgewacht, habe soviel LSD geschluckt, daß jeder andere daran
krepiert wär', damit ich mir einbilden kann, Vietkongs machen in
der Marsch Jagd auf mich. Das hatte natürlich zur Folge, daß
meine Partnerin meinen besten Freund um Hilfe anflehte, der auch sofort
herbeieilte, sich dann aber dafür entschied, mit ihr ins Bett zu
gehen und sie zu bumsen, worauf mir nichts anderes übrigblieb, als
die zwei abzuknallen und mich dann selbst zu richten.«
Er warf den Kopf zurück und schüttelte sich
vor Lachen. »Du verstehst dich wirklich treffend
auszudrücken, alter Junge, das muß ich dir
bestätigen.«
Als er sich jetzt so zurücklehnte,
sah ich mir irgendwie ganz nebenbei sein Gesicht genauer an. Ein
markantes Gesicht, in dem eine gewisse Arroganz zu lesen war, aber
nicht freundlich, wie ich bei unserem ersten Zusammentreffen gemeint
hatte.
Das Gesicht eines Soldaten, aber auch das eines
Gelehrten. Eines jedenfalls stand für mich fest: Mitgefühl
und Rücksicht waren ihm fremd. Er wirkte auf mich wie ein Lebemann
des 19. Jahrhunderts, der in die falsche Zeit geboren worden war. Der
Typ, der die ganze Nacht Karten spielt, eine halbe Stunde für
seine Geliebte erübrigt und im Morgengrauen im Park seinem
Duellgegner eine Kugel in den Kopf schießt.
»Hast du gewußt, daß deine Freundin
Sheila Ward während der Zeit ihres Kunststudiums in einer
marxistischen Gruppe aktiv mitarbeitete?« ließ er wie
beiläufig einfließen. Ich sah ihn verständnislos an,
und er fuhr davon unbeeindruckt fort. »Diese Besuche donnerstags
bei St. Claire, wenn er in London war, sind keine Erfindung von Dix.
Hältst du es für möglich, daß die beiden was
miteinander hatten?«
Ich stand auf und ging ans Fenster. »Ich war
nicht ihr Aufpasser. Wir lebten nicht miteinander, weil wir verliebt
waren oder was Ähnliches, sondern weil wir einander helfen
konnten. Sie kümmerte sich auf ihre Art um mich und ich auf meine
um sie. Wenn sie und Max miteinander was hatten, dann war das ganz
allein ihr Bier.«
»Die andere Erklärung wäre, daß
sie ihm ganz einfach regelmäßig darüber berichtet hat,
wie's dir geht.«
»Wäre vorstellbar. Er hat sich Sorgen um mich gemacht.«
Vaughan sah in die vor ihm liegende Akte. »Eine
Sache ist mir komisch vorgekommen. Du kommst wieder ins Haus,
phantasierst ihr etwas vor, und sie ruft sofort General St. Claire
an.«
»Es war schon öfter vorgekommen, daß
ich Probleme dieser Art hatte, und er ist immer sofort gekommen. Wir
beide hatten ein ganz spezielles Verhältnis zueinander.«
»Aber warum hat sie dann so lange
gewartet, bis sie deinen Psychiater angerufen hat? Auf dem Weg nach
Foulness mußten beide den Kontrollpunkt bei Landwich
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