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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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in den Wald. Er hätte mich beinahe erwischt, war aber jetzt
zwischen den dicht stehenden Bäumen mit dem Pony etwas im
Nachteil. Seltsamerweise hatte er anscheinend keine Feuerwaffe bei
sich, sondern nur ein Schwert mit Elfenbeingriff unter der linken
Achsel, dessen Scheide mit einer langen Schlinge versehen war, die er
sich um den Hals gehängt hatte. Er zog das Schwert, trieb das Pony
an, hieb in die Zweige, die ihn behinderten.
      Er war vielleicht drei, vier Meter hinter mir; ich
drehte mich plötzlich um, schlug einen Haken, griff ihn von links
an, erwischte seinen Fuß und zog ihn aus dem Sattel.
      Wir wälzten uns am Boden, keiner von uns beiden
wußte im ersten Moment so recht, wo er war. Ich versuchte, ihn
mit der einen Hand an der Gurgel zu packen, mit der anderen an der
Hand, mit der er das Schwert umklammerte.
      Es nützte ihm unter den gegebenen Umständen
wenig, denn es war knapp einen Meter lang und gebogen – eine der
alten chinesischen Klingen, denen das japanische Samurai-Schwert
nachgebildet ist. Eine fürchterliche Waffe in den Händen
eines geübten Kendo-Kämpfers, doch im Nahkampf eher
hinderlich.
      Es gelang mir, ihm einen Handkantenschlag gegen die Kehle zu versetzen, und er rührte sich nicht mehr.
    Das Pony war gut dressiert, denn es war einige Meter daneben
    stehengeblieben und wartete, nervös mit einem Vorderhuf
scharrend. Ich dachte eine volle Sekunde lang nach und tat dann das
Naheliegende: Ich entledigte meinen Freund da vor mir auf dem Boden
seiner Kleidung.
      Die shuba und die Mütze waren alles, was
ich brauchen konnte; sie stanken zwar abscheulich, waren jedoch
zumindest auf größere Entfernung eine wirksame Verkleidung.
      Ich nahm das Schwert, steckte es wieder in die Scheide
und hängte mir die Schlinge um den Hals. Er lebte noch, als ich
wegging, sah allerdings, wie ich zugeben muß, nicht mehr allzu
frisch aus. Aber darüber konnte ich mir im Moment keine Gedanken
machen. Ich packte das Pony am Zügel und führte es zwischen
den Bäumen hindurch hinaus in offene Gelände.
      Ich stieg auf und trieb es schräg zum Waldrand
den Hang hinauf. Die ganze Ponyherde folgte mir, einige stürmten
sogar mit gesenktem Kopf an mir vorbei. Der Regen kam direkt von vorn
und erschwerte die Sicht; ich war deshalb ziemlich erschrocken, als
eine Gruppe von Reitern auf der Kuppe des Hügels auftauchte und am
Horizont dahingaloppierte.
      Das Safrangelb ihrer Gewänder verschwamm im Grau
des Regens; die Szene erinnerte mich irgendwie an alte chinesische
Aquarelle. Ich hob leicht die Hand zum Gruß und ritt weiter,
dankbar dafür, daß mir die Ponys gefolgt waren. Die Reiter
verschwanden im Dunst; ich ritt über die Kuppe auf die Bäume
hinter dem Haus zu.
      Die Ponys drängten sich um mich, stießen
und schnaubten, als ich abstieg; die feuchte Luft war erfüllt von
ihrem Geruch. Ich schlug meinem Pony fest auf die Hinterhand, so
daß es den Weg zurückgaloppierte, den wir gekommen waren,
die anderen hinterher, und ging in den Wald.
    Eine graue Steinmauer, ungefähr
einsfünfzig hoch, trennte ihn von den um das Haus angelegten
Gärten ab. Ich kletterte drüber und versteckte mich in einem
Rhododendrengebüsch. Alles sah sehr gepflegt aus: Das Laub war
ordentlich auf kleine Häufchen zusammengerecht, der Rasen ganz
kurz geschnitten, die Wege frei von Unkraut. So wie man es eben
erwarten konnte von Leuten, für die jegliche Arbeit nicht nur eine
moralische Verpflichtung, sondern gleichzeitig eine Form der
Gottesverehrung war.
      Ich arbeitete mich näher ans Haus heran, was
nicht weiter schwierig war, weil die Rhododendren mir genügend
Deckung boten. Ich kroch in ein altes Sommerhaus und legte eine kleine
Pause ein. Es wirkte genauso vernachlässigt wie alles, was
längere Zeit nicht mehr benützt wurde. Spinnweben glitzerten
in jeder dunklen Ecke, durch eine zerbrochene Fensterscheibe regnete es
herein. Mich beschlich kurz ein unangenehmes Gefühl, die
unbewußte Erinnerung an ein Kindheitserlebnis vielleicht, als ich
mich dort ausruhte.
      Der arme kleine Ellis Jackson, der es wieder mit der
ganzen Welt aufnimmt. Ich mußte lächeln bei diesem Gedanken
und stand auf. Ich könnte hier bleiben, mich so lange verstecken,
bis Vaughan mit seinen Männern eintraf, aber auch versuchen,
hinüber ins Haus zu kommen, und das reizte mich.
      Es schien fast darauf zu warten, daß ich es
betrat. Wenn ich es wagen würde, dann erforderte dies auf jeden
Fall einiges an

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