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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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bestimmte ihn, indem er
mir den Rücken zudrehte und aus dem Fenster schaute. Eine solche
Gelegenheit durfte ich mir wohl nicht entgehen lassen; ich schlich mich
hinter ihn und setzte einen einfachen shimewaza an, einen Würgegriff, bei dem die Halsschlagader abgedrückt wird, und Sekunden später war er bewußtlos.
      Ich ließ ihn auf den Boden gleiten und dort
liegen, weil ich auch nicht wußte, was ich sonst mit ihm anfangen
sollte, nahm das AK schußbereit in die Rechte, einen Finger am
Abzug, und drückte vorsichtig den Türgriff herunter. Die
Tür ging langsam auf, und ich schlüpfte in den Raum.
      Ich befand mich in einem großen, freundlichen
Zimmer mit blaßgelben Tapeten, weiße Vorhänge
bauschten sich in der Brise, die durch das offene Fenster hereinwehte.
In der einen Ecke stand ein Bett, neben dem Fenster ein Tisch. Helen
St. Claire stand vor dem Tisch – ihr Bruder saß dahinter.

    Einen Augenblick war sie für mich irgendwie nicht existent.
Er saß hinter dem Tisch, hatte den gleichen Wollpullover an wie
die beiden Wachen, nur eine Nummer zu klein, und starrte mich mit
ungläubigem Erstaunen an.
    »Mein Gott, Ellis«, hörte ich Helen sagen.
      Und dann lächelte er – dieses berühmte
St.-Claire-Lächeln, das ihn von allen anderen Menschen unterschied
und zu einer einzigartigen Persönlichkeit machte. Dann sprang er
so plötzlich auf, daß der Stuhl hinter ihm umfiel.
    »Es wurde ja auch langsam Zeit, mein Junge.«
      »Ich dachte, du wärst schon längst
weg«, erwiderte ich. »Sie müssen dir was in den Tee
getan haben.«
    Aber nach der Art zu urteilen, wie er
hinter dem Tisch vorkam, war das nicht der Fall gewesen. Es war wieder
wie in Tay Son, und ich freute mich über unser Wiedersehen so
sehr, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte.
    Ich streckte ihm die Hand zur
Begrüßung entgegen, und als ich nahe genug herangekommen
war, trat er mich mit aller Kraft in den Magen, und ich fiel um wie ein
gefällter Baum.

    10
    Black Max

    Ich blieb bei Bewußtsein – rang nach Luft, als ich
mich mit schmerzverzerrtem Gesicht, die Augen geschlossen, auf dem
Boden krümmte. Helen kniete neben mir; es mußte so sein,
denn ich roch ihr Parfüm, kannte die kühle Hand, die mich
berührte. Für St. Claires Verhalten hatte ich keine
Erklärung – im Moment jedenfalls keine, die
einigermaßen plausibel war.
      Als ich die Augen aufschlug, sah ich die Gesichter,
die sich über mich beugten, nur ganz verschwommen. Ich
schloß die Augen wieder, spürte, wie ich hochgehoben, durch
das Zimmer getragen und in einen Stuhl gesetzt wurde.
      Nach einer Weile öffnete mir jemand den Mund und
flößte mir Brandy ein. Nur ganz wenig, aber er brannte mir
in der Kehle, und ich mußte husten. Eine Hand schlug mich
zwischen die Schulterblätter, und St. Claire lachte.
    »Komm, Junge, war doch nicht so schlimm.«
      Ich blickte zu ihm hin und sah ihn auf der Tischkante
sitzen. Er grinste und meinte kopfschüttelnd: »Mein Gott,
Ellis, du bist ja unverwüstlich.«
      Ich ignorierte seine Bemerkung und sah Helen an, die
auf der anderen Seite des Tisches stand und völlig verzweifelt
schien.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Sie brach darauf in Tränen aus, etwas, was ich noch nie bei
    ihr erlebt hatte, schluchzte hilflos, daß ihr ganzer
Körper bebte. St. Claire ging zu ihr, nahm sie in seine Arme,
streichelte ihr Haar, redete besänftigend auf sie ein, aber so
leise, daß ich nichts verstehen konnte.
      Ich blickte kurz über die Schulter und sah den
zweiten Wachtposten, eine Maschinenpistole im Anschlag, hinter mir
stehen, womit jede Hoffnung auf eine Möglichkeit zur Flucht
bereits im Keim erstickt worden war. Im selben Moment ging die Tür
auf und Chen-Kuen kam herein. Er trug ungegerbte, lederne Reitstiefel,
ein safrangelbes Gewand, das gerade die Knie bedeckte, darüber
eine schwarze, gefütterte shuba m it weiten Ärmeln. Eine imposante, energische Gestalt wie aus dem Mittelalter, die sofort den Raum beherrschte.
      Er nickte St. Claire zu. »Bring sie nach
nebenan, Max. Ich laß dich holen, wenn ich dich brauche.«
      St. Claire tat, wie ihm geheißen, legte den Arm
um seine Schwester und verließ unverzüglich den Raum.
      Chen-Kuen befahl dem Posten auf chinesisch,
draußen zu warten, setzte sich dann auf den Tisch und musterte
mich mit einem leichten Stirnrunzeln, das Besorgnis verriet. Seine
rechte Hand war unter dem Gewand verborgen.
    »Wie geht's Ihnen?«
    »Ich werd's

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