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Tödliche Küsse

Tödliche Küsse

Titel: Tödliche Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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wäre der Ausdruck seiner Liebe. Wahrscheinlich gibt es keine stärkere Liebe als die eines Vaters oder einer Mutter gegenüber einem Kind. Du und ich haben keinerlei Erfahrung auf diesem Gebiet, aber das heißt nicht, dass es das nicht gibt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Selbst wenn das Kind alles andere als perfekt ist?«
    »Vielleicht besonders dann. Als ich ein Junge in Dublin war, gab es dort eine Frau, deren Tochter bei einem Unfall einen Arm verloren hatte. Sie hatten kein Geld für eine Prothese. Die Frau hatte fünf Kinder und liebte sie alle. Aber vier waren gesund und eines war behindert. Sie hat ein Schutzschild um dieses Kind errichtet, um es vor den neugierigen Blicken, dem Flüstern und dem Mitleid der anderen zu schützen. Es war das behinderte Mädchen, das sie zu Höchstleistungen antrieb, dem sie sich mit besonderer Hingabe widmete. Weißt du, die anderen Kinder haben sie einfach nicht so sehr gebraucht wie die Kleine mit dem fehlenden Arm.«
    »Aber es gibt einen Unterschied zwischen einer körperlichen Behinderung und einem seelischen oder geistigen Defekt«, beharrte Eve.
    »Ich frage mich, ob ein Vater oder eine Mutter das genauso sieht.«
    »Aus welchen Gründen auch immer Marco Angelini die Tat gestanden haben mag, wir werden am Ende doch die Wahrheit herausfinden.«
    »Das werdet ihr bestimmt. Wann ist deine Schicht vorbei?«
    »Was?«
    »Deine Schicht«, wiederholte er geduldig. »Wann ist sie vorbei?«
    Sie blickte auf den Bildschirm und bemerkte die Uhrzeit in der unteren Ecke. »Seit etwa einer Stunde.«
    »Gut.« Er erhob sich und reichte ihr die Hand. »Dann komm mit.«
    »Roarke, es gibt da noch ein paar Dinge, die ich unbedingt erledigen sollte. Ich will das Verhör mit Marco Angelini noch einmal durchgehen. Vielleicht stoße ich dann endlich auf irgendwelche Ungereimtheiten.«
    Er blieb geduldig, da er keinen Zweifel daran hatte, dass er am Ende seinen Willen durchsetzen würde. »Eve, du bist so müde, dass du noch nicht mal mehr bemerken würdest, wenn er dir statt seines eigenen einen völlig fremden Namen genannt hätte.« Er ergriff entschieden ihre Hand und zog sie auf ihre Füße. »Also kommst du besser mit.«
    »Also gut, vielleicht kann ich wirklich eine kurze Pause brauchen.« Knurrend schaltete sie den Computer aus. »Ich muss den Typen im Labor mal ein bisschen Feuer unterm Hintern machen. Sie brauchen ewig mit dem Messer.« Seine Hand fühlte sich gut an. Sie machte sich noch nicht einmal Gedanken über die Frotzeleien der Kollegen, die sie im Flur oder im Fahrstuhl sehen könnten. »Wohin gehen wir?«
    Er hob ihre verschlungenen Hände an seine Lippen und sah sie lächelnd an. »Das habe ich noch nicht entschieden.«
    Schließlich fiel seine Wahl auf Mexiko. Es war ein kurzer Flug, und seine Villa an der turbulenten Westküste war stets empfangsbereit. Im Gegensatz zu seinem Haus in New York wurde es zwar nur bei längeren Aufenthalten von menschlichem Personal geführt, doch während der übrigen Zeit war es durchgehend automatisiert.
    Auch wenn Roarke Droiden und Computer eher unpersönlich fand, reichten sie für diesen Kurzbesuch vollkommen aus.
    Er wollte Eve für sich allein, er wollte sie entspannt, er wollte sie glücklich lächeln sehen.
    »Himmel, Roarke.«
    Sie blickte auf das hoch aufragende, mehrstöckige Haus am Rand der Klippe und rang nach Luft. Als wären die durchgängigen gläsernen Wände von der Witterung poliert, wirkte es wie eine Verlängerung der Felsen, auf denen es stand. In den terrassenförmig angelegten Gärten verströmten exotische Gewächse in unzähligen Formen und Schattierungen ihren schweren, süßen Duft.
    Am Himmel, der sich langsam verdunkelte, herrschte keinerlei Verkehr. Außer weißen Wattewolken und den blitzenden Schwingen lautlos dahingleitender Vögel war dort nichts zu sehen. Eve kam sich vor wie in einer völlig fremden Welt.
    Während des Fluges hatte sie tief und fest geschlafen und die Augen erst geöffnet, als der Flieger am Fuß der im Zickzack die hoch aufragenden Klippen erklimmenden steinernen Stufen aufgesetzt hatte. Doch sie war noch derart benommen, dass sie automatisch nach der Virtual-Reality-Brille tastete, die er ihr – da war sie sich ganz sicher – im Schlaf auf die Nase geschoben hatte.
    »Wo sind wir?«
    »In Mexiko«, kam die schlichte Antwort.
    »Mexiko?« Verblüfft versuchte sie, sich den Schlaf und den Schock aus den Augen zu reiben, und Roarke dachte zärtlich, dass sie aussah, wie ein

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