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Tödliche Küsse

Tödliche Küsse

Titel: Tödliche Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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Erste möglichst einfach auszudrücken. Ihr Mann ist ein Lügner, der sich mühelos einredet, dass seine Lügen die Wahrheit sind, weil er nur so seine Selbstachtung bewahren kann. Er ist abhängig von der guten Meinung und vom Lob anderer und ist es gewohnt, dass er beides und obendrein stets seinen Willen bekommt.«
    »Und wenn das mal nicht der Fall ist?«
    »Dann gibt er anderen die Schuld. Nichts ist jemals seine Schuld, noch trägt er jemals für irgendetwas die Verantwortung. Er lebt wie auf einer Insel, Lieutenant, und zwar auf einer Insel, in der sich ständig alles nur um ihn dreht. Er hält sich für erfolgreich und für talentiert, und wenn er versagt, dann liegt es daran, dass jemand anderes einen Fehler gemacht hat. Er spielt, weil er nicht glaubt, dass er verlieren kann, und weil er den Kick des Risikos genießt. Dabei verliert er, weil er sich ständig hoffnungslos überschätzt.«
    »Wie würde er auf das Risiko reagieren, dass ihm jemand wegen seiner Spielschulden die Knochen brechen könnte?«
    »Er würde davonlaufen und sich verstecken, und da er extrem abhängig von seinen Eltern ist, würde er erwarten, dass sie die Sache für ihn in Ordnung bringen.«
    »Und wenn sie sich weigern würden?«
    Mira schwieg einen Moment. »Sie wollen, dass ich sage, er würde wütend, würde mit Gewalt, vielleicht sogar mit Mord auf eine solche Weigerung reagieren. Aber das kann ich nicht tun. Es ist natürlich eine Möglichkeit, die keiner von uns zur Gänze ausschließen kann. Kein Test, keine Beurteilung kann die Reaktion eines Individuums unter bestimmten Bedingungen hunderprozentig voraussagen. Aber statt jemals den vermeintlichen oder tatsächlichen Verursacher ihrer Probleme anzugreifen, hat unsere Testperson während der gesamten Untersuchung stets mit Verdrängung, Flucht und Schuldverschiebung reagiert.«
    »Vielleicht hat er seine wahren Reaktionen ja zurückgehalten, um die Bewertung zu verfälschen.«
    »Möglich, aber unwahrscheinlich. Tut mir Leid.«
    Eve, die ruhelos im Zimmer auf und ab gegangen war, unterbrach ihre Wanderung und ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Dann läuft der Mörder also Ihrer Meinung nach vielleicht immer noch irgendwo da draußen herum.«
    »Ich fürchte, ja. Das macht Ihren Job natürlich umso schwieriger.«
    »Wenn ich bisher an der falschen Seite gesucht habe«, sagte Eve zu sich selbst, »wo ist dann die richtige Stelle? Und welche Frau kommt dann als Nächste an die Reihe?«
    »Unglücklicherweise ist bisher weder die Wissenschaft noch die Technik in der Lage, die Zukunft vorherzusagen. Sie können Möglichkeiten, ja sogar Wahrscheinlichkeiten mit ziemlicher Genauigkeit errechnen, aber Impulse oder Emotionen werden dabei völlig außer Acht gelassen. Steht Nadine Furst weiter unter Personenschutz?«
    »So gut es nur geht.« Eve trommelte mit einem Finger auf ihr Knie. »Sie ist eine Einzelgängerin, und die Sache mit Louise Kirski geht ihr ziemlich an die Nieren.«
    »Ebenso wie Ihnen.«
    Eve sah Dr. Mira an, ehe sie widerwillig nickte. »Ja, das könnte man so sagen.«
    »Trotzdem wirken Sie heute Morgen ungewöhnlich erholt.«
    »Ich habe einfach gut geschlafen.«
    »Traumlos?«
    Eve zuckte mit den Schultern und schob Angelini und den Fall in eine Ecke ihres Gehirns, in dem er, wie sie hoffte, weiter ungestört vor sich hinköcheln würde. »Wie würden Sie über eine Frau urteilen, die anscheinend nur dann gut schlafen kann, wenn ein bestimmter Mann neben ihr im Bett liegt?«
    »Ich würde sagen, dass sie vielleicht in ihn verliebt ist, und sich ganz sicher in positiver Hinsicht an ihn gewöhnt hat.«
    »Sie würden ihr keine übermäßige Abhängigkeit attestieren?«
    »Können Sie ohne ihn funktionieren? Fühlen Sie sich in der Lage, Entscheidungen zu treffen, ohne ihn vorher um seinen Rat, um seine Meinung, um eine Direktive zu bitten?«
    »Natürlich, aber…« Sie machte sich bestimmt zur Närrin. Nun, aber wenn sie anscheinend das Bedürfnis hatte, sich wie eine Närrin zu benehmen, gab es dann einen geeigneteren Ort als das Sprechzimmer einer Seelenklempnerin? »Vorgestern, als er auf Reisen war, habe ich eins seiner Hemden bei der Arbeit angezogen. Das ist – «
    »Wunderbar«, erklärte Mira mit einem leisen Lächeln. »Romantisch. Warum fürchten Sie sich vor Romantik?«
    »Tue ich ja gar nicht. Ich – okay, auch wenn ich nicht weiß, warum, macht sie mir eine Heidenangst. Ich bin es nicht gewohnt, einen Menschen zu haben, der mich ansieht – so wie

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