Tödliche Küsse
Freiheit abzuschrecken, aber die grundlegende Natur des Menschen können wir nicht ändern.«
»Sie meinen die grundlegenden Motive für Gewaltanwendung, die von der Wissenschaft nicht herausgefiltert werden können: Liebe, Hass, Habgier, Neid und Zorn.«
»Durch sie unterscheiden wir uns von den Droiden, oder etwa nicht?«
»Und sind gleichzeitig empfänglich für Freude, Leid und Leidenschaft. Aber diese Debatte überlassen wir vielleicht besser den Wissenschaftlern und den Intellektuellen. Was uns augenblicklich interessiert, ist die Frage, welchem dieser Motive Cicely Towers und Yvonne Metcalf zum Opfer gefallen sind.«
»Sie sind einem Menschen zum Opfer gefallen, Ms. Furst. Und dessen Motiv ist uns bisher nicht bekannt.«
»Aber sicher wurde inzwischen ein psychologisches Täterprofil erstellt.«
»Natürlich«, bestätigte Eve. »Und wir werden es ebenso wie alle anderen uns zur Verfügung stehenden Hilfsmittel benutzen, um den Mörder ausfindig zu machen. Ich werde ihn ausfindig machen«, erklärte Eve im Brustton der Überzeugung und blickte dabei starr in die Kamera. »Und sobald die Gefängnistür hinter ihm ins Schloss gefallen ist, wird vollkommen egal sein, aus welchem Motiv heraus er die Morde begangen hat. Alles, was dann noch zählt, ist, dass er seine gerechte Strafe für die Verbrechen erfährt, die er verübt hat.«
»Das klingt wie ein Versprechen, Lieutenant. Wie ein persönliches Versprechen.«
»Das ist es auch.«
»Die New Yorker werden sich darauf verlassen, dass Sie dieses Versprechen halten. Das war Nadine Furst mit einem Bericht für Channel 75.« Sie wartete eine Sekunde und nickte dann zufrieden mit dem Kopf. »Nicht übel, Dallas. Gar nicht übel. Das Ganze wird noch mal um sechs, um elf und in einer Zusammenfassung um Mitternacht gebracht.«
»Gut. Gehen Sie mal ein bisschen frische Luft schnappen, Pete.«
Der Kameramann zuckte mit den Schultern und verließ den Raum.
»Ich hätte noch eine inoffizielle Frage«, wandte sich Eve an Nadine. »Wie viel Sendezeit können Sie mir verschaffen?«
»Zu welchem Zweck?«
»Publicity. Ich möchte, dass man mich so oft wie möglich auf dem Bildschirm sieht.«
»Ich hatte mir bereits gedacht, dass Ihre Bereitschaft, mir ein Interview zu geben, mit irgendeinem Hintergedanken verbunden war.« Nadine atmete hörbar aus. »Allerdings muss ich sagen, dass Sie mich enttäuschen, Dallas. Dass Sie derart publicitygeil sind, hätte ich niemals gedacht.«
»In ein paar Stunden muss ich im Fall Mondell meine Aussage machen. Können Sie eine Kamera vorbeischicken?«
»Sicher. Ist keine besonders große Sache, aber ‘ne kurze Meldung ist er wert.« Sie zückte ihren Kalender und gab den Termin dort ein.
»Und dann besuche ich heute Abend diese Veranstaltung im New Astoria. Eins dieser Dinner, bei denen man von goldenen Tellern isst.«
»Der Astoria Dinner Ball, sicher.« Das Lächeln der Journalistin wurde eindeutig verächtlich. »Ich arbeite nicht für die Klatschspalte, Dallas, aber ich kann Bescheid sagen, dass einer der anderen dort erscheint. Sie und Roarke sind immer für ein paar Zeilen gut. Es geht doch um Sie beide, oder etwa nicht?«
»Ich werde es Sie wissen lassen, wo Sie mich in den nächsten paar Tagen erreichen«, ging Eve über die Beleidigung hinweg. »Und außerdem werde ich Sie über die Ermittlungen auf dem Laufenden halten, sodass Sie mit Ihren Berichten immer auf dem neuesten Stand sind.«
»Fein.« Nadine erhob sich. »Vielleicht stolpern Sie auf Ihrem Weg zum Ruhm ja zufällig irgendwo über den Mörder. Haben Sie schon einen Agenten?«
Eve ließ schweigend ihre Fingerspitzen gegeneinander trommeln. »Ich dachte, Ihr Job wäre es, Sendezeit zu füllen und dem Anspruch der Öffentlichkeit auf Information gerecht zu werden, statt den Moralapostel zu spielen.«
»Und ich dachte, Ihr Job wäre es, den Menschen zu dienen und sie zu beschützen, statt Kohle zu scheffeln.« Nadine schnappte sich wütend ihre Tasche. »Ich sehe Sie dann auf dem Bildschirm, Lieutenant.«
»Nadine.« Zufrieden lehnte sich Eve auf ihrem Stuhl zurück. »Sie haben vorhin eins der Grundmotive für zwischenmenschliche Gewalt vergessen. Den Kick, den eine Gewalttat manchen Menschen verschafft.«
»Ich werde es mir notieren.« Nadine zerrte an der Tür und ließ dann die Klinke wieder los. Als sie sich zu Eve umdrehte, war ihr Gesicht unter dem Kamera-Make-up kreidebleich. »Sind Sie vollkommen wahnsinnig geworden? Sie wollen den Köder
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