Tödliche Küsse
ermordet wurde wie zuvor meine Mutter, konnte ich nur noch daran denken, so schnell wie möglich wegzulaufen.«
Er machte eine Pause und nahm einen letzten hastigen Schluck von seinem Wodka. »Meinen Sie, ich wüsste nicht, dass Sie mich unter die Lupe genommen, dass Sie allen möglichen Leuten alle möglichen Fragen über mein berufliches und privates Leben gestellt haben? In Ihren Augen war ich doch von Anfang an verdächtig. Wie viel schlimmer kann es für mich denn wohl noch kommen, nachdem ich jetzt auch noch direkt habe mit ansehen müssen, wie ein neuer Mord geschah?«
Eve erhob sich von ihrem Platz und wandte sich zum Gehen. »Das werden Sie bald herausfinden.«
14
E ve vernahm ihn noch einmal in der weniger tröstlichen Umgebung des Verhörraums C. Inzwischen hatte er sein Recht auf anwaltlichen Beistand wahrgenommen, sodass nun zwei kalt dreinblickende Herren sowie eine Dame in Nadelstreifen neben ihrem Schützling an dem schlichten Tisch saßen.
Insgeheim hatte Eve die drei mit den Spitznamen Moe, Larry und Curly versehen.
Moe war eindeutig der Boss. Sie trug einen strengen Pagenschnitt und vertrat mit harter Stimme die Interessen ihres Mandanten, während ihre beiden Partner ernste Gesichter machten und hin und wieder gewichtig etwas auf die gelben Blöcke kritzelten, ohne die die Anwaltszunft nicht auszukommen schien.
Darüber hinaus drückte Curly gelegentlich mit gerunzelter Stirn ein paar Knöpfe seines Organizers und murmelte Larry verschwörerisch etwas ins Ohr.
»Lieutenant Dallas.« Moe legte ihre gefalteten Hände so vor sich auf den Tisch, dass man ihre gefährlichen, mehrere Zentimeter langen, scharlachrot lackierten Nägel überdeutlich sah. »Mein Mandant ist mehr als bereit, mit Ihnen zu kooperieren.«
»Wie Sie selbst durch das erste Gespräch bestätigt sehen, war er das bisher nicht«, erwiderte Eve mit ruhiger Stimme. »Erst nachdem seine ursprüngliche Geschichte widerlegt wurde, hat er zugegeben, dass er einen Tatort verließ, ohne das Verbrechen ordnungsgemäß zu melden.«
Der Seufzer, den Moe ausstieß, klang müde und enttäuscht. »Natürlich können Sie Mr. Angelini diesen Lapsus vorhalten, doch dann werden wir uns auf beschränkte Zurechnungsfähigkeit wegen des Schocks und des durch den Tod der Mutter erlittenen emotionalen Traumas berufen. Durch dieses Geplänkel würde die kostbare Zeit der Gerichte und das Geld der Steuerzahler unnötig vergeudet.«
»Bisher habe ich diesen… Lapsus Ihres Mandanten noch gar nicht zur Anzeige gebracht. Im Grunde geht es hier schließlich um viel Größeres.«
Curly kritzelte etwas auf seinen Block, schob ihn Larry hinüber, und wieder murmelten die beiden einander mit ernsten Mienen ein paar Worte zu.
»Sie haben bestätigt bekommen, dass mein Mandant am fraglichen Abend tatsächlich einen Termin beim Sender hatte.«
»Ja, er hatte einen Termin, den er um elf Uhr fünfunddreißig abgesagt hat. Nur seltsam, dass er trotz seiner beschränkten Zurechnungsfähigkeit und seines emotionalen Traumas dazu in der Lage war.« Ehe Moe etwas erwidern konnte, wandte sich Eve an Angelini und bedachte ihn mit einem kalten, harten Blick. »Sie kennen Nadine Furst?«
»Ich weiß, wer sie ist. Ich habe sie in den Nachrichten gesehen.« Er zögerte, beugte sich zu Moe hinüber, um sich mit ihr zu beraten, und nickte schließlich mit dem Kopf. »Wir sind uns hin und wieder auf irgendwelchen Parties über den Weg gelaufen, und nach dem Tod meiner Mutter habe ich kurz mit ihr gesprochen.«
All das war Eve hinlänglich bekannt. »Ich bin sicher, dass Sie auch ihre Reportagen gesehen haben. Schließlich hatten Sie ein berechtigtes Interesse daran, sie sich anzusehen, denn schließlich ging es darin um die jüngsten Mordfälle und somit auch um den Mord an Ihrer eigenen Mutter.«
»Lieutenant, was hat das Interesse meines Mandanten an der Berichterstattung über den Tod seiner Mutter mit dem Mord an Ms. Kirski zu tun?«
»Das frage ich mich auch. Sie haben also in den letzten Wochen regelmäßig die Berichte von Ms. Furst gesehen, Mr. Angelini.«
»Natürlich habe ich das.« Inzwischen hatte er sich weit genug erholt, um verächtlich die Mundwinkel zu verziehen. »Sie selbst kamen ziemlich häufig darin vor, Lieutenant.«
»Stört Sie das?«
»Ich finde, es ist peinlich, dass eine Beamtin, die von der Stadt bezahlt wird, danach strebt, durch eine Tragödie persönlichen Ruhm zu erlangen.«
»Klingt ganz so, als würde Sie das ziemlich
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