Tödliche Legenden Sammelband 1 (German Edition)
abwehren. Doch dann fiel ihr Blick auf das offene Küchenfenster. Dort stand Maria und schaute sie bittend an.
„Hilfst du mir nicht?“, fragte sie enttäuscht.
Emily trat an den Rand der Klippe und schaute herab. Es ging ziemlich tief runter.
„Du schaffst das!“, machte Nane ihr Mut. Emily zögerte noch kurz, aber dann drückte sie Nane ihre Handtasche in die Hand. Sie nahm über das kurze Stück, was ihr zur Verfügung stand, Anlauf, sprang am Rand ab und ließ sich elegant ins Wasser fallen.
Erleichtert merkte Emily, dass sie sich tatsächlich verwandelt hatte. Sie konnte atmen, ihr blauer Fischschwanz glänze im Mondlicht, das ins Wasser fiel. Sie tauchte kurz auf und winkte zur Klippe herauf, damit die anderen wussten, dass es ihr gut ging. Dann tauchte sie wieder ab und schaute sich um. Ein Stück weiter vorn konnte sie tatsächlich eine Strömung erkennen. Sie schwamm hin und folgte ihr. Eine ganze Weile konnte Emily nichts entdecken, doch nun tauchte neben ihr ein schmaler Spalt im schroffen Felsen auf. Sie schwamm hinein. Es waren vielleicht drei oder vier Meter, dann ging der Fels schräg aufwärts. Vorsichtig zog sie sich hoch, dann war ihr Kopf plötzlich über Wasser. Hier war wirklich ein kleiner Spalt, der nicht unter Wasser lag! Sie zog sich hinein, soweit es ging und tastete sie den Fels ab. Als sie schon dachte, sie wäre falsch hier, ertastete sie doch noch Marias Knochen. Emily schauderte kurz, tastete dann aber mutig weiter. Viele der Knochen waren nicht intakt, Maria musste schwere Verletzungen gehabt haben. Überhaupt musste es ein grausamer Tod gewesen sein. Laut ihrem Geist hatte sie ja noch eine Weile gelebt, halb ertrunken und mit schlimmen Schmerzen. In völliger Dunkelheit, alleine und ohne Ausweg. Als Emily den Schädel ertastete, kamen ihr die Tränen.
„Maria Rose, hiermit segne ich deine Überreste. Sie ruhen jetzt in Frieden. Möge dein Geist dahin gehen, wo er seinen Frieden findet. Geh und nimm deinen einzig wahren Mann mit. Er wartet auf dich“, sagte sie leise. Sie spürte die Energie, die von ihrem Herzen durch ihren Arm und ihre Hand in den Schädel glitt. Die Knochen glommen kurz auf, sodass die Höhle in helles Licht getaucht war. Dann erlosch es wieder. Emily drehte sich erleichtert auf den Rücken. Sie hatte es geschafft.
Als Emily wieder am Strand angekommen war, ging die Sonne schon auf. Die anderen standen da und warteten auf sie. Zu ihrer großen Freude waren auch Dascha, Viola und Sally dabei. Lilith stand ein Stück hinter den anderen und lächelte zufrieden. Schnell stieg Emily aus dem Wasser, rannte über den Strand und fiel Dascha in die Arme. „Ich hab mir solche Sorgen gemacht! Was bin ich froh, dass du wieder heil hier bist!“, sagte sie glücklich und drückte Dascha fest an sich. „Ich freu mich auch, dich wieder zu sehen. Aber mach bitte nicht so doll, du erdrückst mich ja!“, antwortete Dascha lachend.
„Ich wusste doch, ihr schafft es! Ihr seid die tapfersten und stärksten Mädchen, die ich kenne!“, sagte Lilith stolz. Jetzt fiel Dascha das Pentagramm auf Emilys Brust auf.
„Was ist das denn?“, fragte sie erstaunt.
„Kinder, wir sollten uns jetzt alle erst mal hinlegen und uns ausschlafen. Jetzt, wo alles überstanden ist, können wir uns auch morgen in Ruhe über alles unterhalten. Gehen wir doch zurück nach Rose Black. Grace, komm doch mit. Nach dem, was ich jetzt erfahren habe, steht ein Zimmer in Rose Black dir genauso zu wie mir!“, mischte sich Nicole ein. Sie war sichtlich überglücklich.
„Also, da sage ich nicht Nein!“, freute sich auch Grace, und alle zusammen gingen zurück zum Herrenhaus. Hier würde jetzt bestimmt nicht so schnell wieder ein Geist spuken.
Dascha saß wieder an ihrem Strand, als sie zwei Gestalten auf sich zukommen sah. Sie waren aus dem Schatten des Schiffwracks getreten und kamen direkt auf sie zu. Es waren Kim und Maria.
„Oh, hallo ihr beiden!“, grüßte sie überrascht.
„Wir wollten dir danken. Danke für unseren Seelenfrieden, auch wenn wir jetzt in der Hölle leben und für Abbadon arbeiten müssen“, sagte Kim und umarmte sie kurz.
„So schlimm ist die Hölle ja auch gar nicht. Wir müssen halt für die Dämonen arbeiten, aber die behandeln ihre Angestellten gut. Sie wollen ja auch etwas von ihnen haben. Ach, sag doch bitte der Wasserfrau danke von mir. Allen anderen natürlich auch. Es war grausam, jahrelang durch dieses Haus zu streifen. Am Ende wusste ich kaum
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