Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
unangenehm berührt, als Finn hinter ihm in der Auffahrt anhielt.
»Wie geht es Miss Reynolds?«
»Sie hat eine Gehirnerschütterung«, meinte Finn knapp.
»Sie haben sie über Nacht zur Beobachtung dabehalten. Ich hatte es im Gefühl, Sie hier anzutreffen.«
Jenner nickte, als sie zusammen die Auffahrt hochgingen. »Kühle Nacht«, meinte er im Plauderton. »Im Bericht hieß es, Ihr Anruf sei um ein Uhr dreiundzwanzig eingegangen. Um ein Uhr achtundzwanzig war der erste Wagen da.«
»Da haben Sie aber sehr schnell reagiert.« Als er diese endlosen fünf Minuten lang sich einen ersten Überblick über die Zerstörungen in seinem Haus verschafft hatte, war es ihm allerdings wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen. »Gehören Einbrüche und Vandalismus auch zu Ihrem Tätigkeitsbereich, Lieutenant?«
»Mir gefällt es, meine Arbeit möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Aber ehrlich gesagt …« Direkt vor der Haustür blieb er stehen. »… glaube ich, daß ich inzwischen nach dieser Geschichte in Greektown und den Ermittlungen zu den Briefen, die Miss Reynolds die ganze Zeit bekam, an dieser Sache ein persönliches Interesse habe. Stört sie das?«
Finn warf Jenner im Sternenlicht einen forschenden Blick zu. Der Mann wirkte erschöpft und gleichzeitig völlig wach. Diese Kombination war Finn alles andere als fremd. »Nein.«
»Nun, vielleicht machen Sie ja die große Runde mit mir«, meinte Jenner und zerschnitt das Absperrband der Polizei über der beschädigten Tür.
Riley war ein Mann, der sich der Wirkung seiner Kleidung bewußt war, dachte Jenner, als sie ins Haus hineingingen. Er war aber einfach auch der Typ für Lederjacken und ausgeblichene Jeans. Als Jenner es selbst einmal mit einer Lederjacke probiert hatte, hatte man ihm schon von weitem angesehen, daß er Polizist war. Allerdings sah man ihm das immer direkt an.
»Haben Sie Miss Reynolds schon etwas von dem Ärger hier erzählt?«
»Nein.«
»Kann ich Ihnen nicht verübeln. Sie hat eine harte Nacht hinter sich.« Er blickte sich um. Das Haus sah innen aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. »Sie allerdings ebenfalls.«
»Das kann man wohl sagen. Fast jedes Zimmer ist verwüstet
worden.« Finn deutete in sein Wohnzimmer. »Ich hatte noch nicht viel Zeit, mir den Schaden genauer anzusehen.«
Jenner gab ein zustimmendes Grunzen von sich. Wie er gehört hatte, war Finn aus dem Haus gestürmt, sobald er erfahren hatte, was im CBC-Gebäude geschehen war.
»Sie werden ganz schön in Rage sein«, meinte Jenner. Und das war wahrscheinlich noch gelinde ausgedrückt, dachte er. In Finns Gesicht sah er nur noch kalte Wut. Wenn Finn der Kerl, der das hier angerichtet hatte, über den Weg gelaufen wäre, hätte er ihn in Stücke gerissen. Und Jenner hätte viel darum gegeben, das mitzuerleben, auch wenn das nicht gerade seinem Berufsstand entsprach.
»Den materiellen Schaden kann ich ersetzen«, meinte Finn, als sie nach oben gingen.
»Ja.« Jenner trat in das Schlafzimmer und deutete mit einem Kopfnicken zur Wand. »Unser Freund ist also mittlerweile dazu übergegangen, seine Botschaften an die Wände zu schreiben.« Jenner zog seinen Notizblock hervor und hielt die Ausführung der Buchstaben auf einer leeren Seite fest. Das war jetzt das erste Mal, daß der Schreiber sich auf diese Weise gezeigt hatte. »Er drückt sich klar aus.« Mit einem raschen Blick hatte Jenner die Verwüstungen im Zimmer erfaßt. »Da steht der Spurensicherung ja noch einiges bevor, bis sie dieses Chaos gesichtet hat.« Mit der Spitze seines Fußes stieß er gegen eine zerbrochene Parfümflasche. »Tiffany«, meinte er. »Einhundertfünfzig Dollar das Fläschchen. Meine Frau mag diesen Duft. Ich habe ihr davon das Eau de Cologne zum Geburtstag geschenkt. Und diese Decken. Irisches Leinen. Meine Großmutter hat ein Tischtuch aus diesem Stoff. Als Kind habe ich immer mein Gesicht daran gerieben.«
Finn lehnte sich an die Türfassung. Mit einem Anflug von Belustigung studierte er Jenner. »Ist das Ihre Art von Recherche, Lieutenant? Oder arbeiten Sie nebenbei schwarz für eine Versicherungsgesellschaft?«
»Ich hatte immer schon eine Schwäche für Qualität.« Jenner ließ den Notizblock wieder in die Tasche an seinen Platz direkt über der Waffe gleiten. »Ich würde sagen, Mr. Riley, das haben wir gemeinsam.«
»Ich würde sagen, Lieutenant, da stimme ich mit Ihnen überein.«
»Der Mord geschah um Mitternacht.« Jenner kratzte sich im Nacken. »Die Fahrt vom
Weitere Kostenlose Bücher