Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
Nachrichten mit klarem Kopf und Mitgefühl moderieren. Eine ungewöhnliche Kombination.«
»Und ein ungewöhnliches Kompliment. Vielen Dank.«
Er sah sich mit prüfendem Blick im Nachrichtenraum um. Zwei Reporter führten ein erbittertes Streitgespräch über Baseball, Telefone schrillten, ein Mitarbeiter schob einen mit Akten überhäuften Karren durch die schmalen Lücken zwischen den Schreibtischen. »Interessanter Ort.«
»Das ist er auf jeden Fall. Ich würde Sie gerne ein wenig herumführen, aber ich muß noch ein Manuskript für das Mittagsmagazin schreiben.«
»Dann werde ich später noch einmal darauf zurückkommen.« Er blickte zu ihr hinüber und hatte wieder dieses freundliche, unbeschwerte Lächeln um die Mundwinkel. »Deanna, da wir sozusagen Seite an Seite im Schützengraben gestanden haben, hoffte ich, Sie würden sich zu einem Abendessen mit mir bereit erklären.«
»Ein Abendessen.« Sie musterte ihn jetzt ein wenig aufmerksamer, wie es eine Frau tut, wenn ein Mann plötzlich nicht nur Mann ist, sondern zu einem möglichen Beziehungspartner wird. Es wäre töricht gewesen, so zu tun, als würde er sie nicht anziehen. »Ja, vermutlich wäre ich bereit, das zu tun.«
»Heute abend? Sagen wir um halb acht?«
Sie zögerte. Spontanen Impulsen folgte sie nur selten. Er war ein Profi, dachte sie, hatte gute Manieren und bot einen erfreulichen Anblick. Und was noch wichtiger war: Er hatte seine Intelligenz und sein Herz unter Beweis gestellt. »Aber sicher.« Sie nahm einen Zettel aus dem Rauchglaskasten und schrieb ihre Adresse auf.
Drittes Kapitel
I m Mittagsmagazin zeigen wir die Geschichte einer Frau, die ihr Haus und ihr Herz den unterprivilegierten Kindern Chicagos geöffnet hat, ferner die aktuellen Sportberichte mit Les Ryder und die Wettervorhersage für das Wochenende mit Dan Block. Seien Sie heute mittag um zwölf Uhr mit dabei!«
Kaum war das rote Licht verloschen, machte Deanna ihr Mikrofon los und stand auf. Sie mußte noch ein Manuskript vollenden, ein Telefoninterview stand auf ihrem Terminkalender, außerdem mußte sie ihre Notizen für die nachfolgende Ausgabe von Deannas Viertelstunde noch einmal durchgehen. Zwei Wochen waren jetzt vergangen, seit sie für Lew eingesprungen war, und in dieser Zeit hatte sie mehr als einhundert Stunden auf ihre Arbeit verwandt, ohne ihr Tempo zu verlangsamen.
Sie stieß die Studiotüren auf und war bereits den halben Flur in Richtung Nachrichtenraum entlanggestürmt, als Angela sie anhielt.
»Meine Liebe, bei dir gibt es wirklich nur zwei Gangarten: stehenbleiben oder vorwärtsstürmen.«
Deanna blieb nur deswegen stehen, weil Angela ihr den Weg versperrte.
»Im Moment ist eindeutig Vorwärtsstürmen angesagt. Ich versinke in Arbeit.«
»Mir ist nicht bekannt, daß du jemals irgend etwas nicht auf die Reihe bekommen oder einen Termin nicht genau eingehalten hast.« Damit Deanna ihr nicht entwischte, legte Angela ihr eine Hand auf den Arm. »Es dauert auch nur eine Minute.«
Deanna kämpfte gegen ihre Ungeduld an. »Du kannst
zwei Minuten haben, wenn wir uns beim Gehen unterhalten.«
»Schön.« Angela drehte sich um und paßte ihren Schritt Deannas Tempo an. »Ich bin in einer Stunde zu einem Geschäftsessen verabredet, daher habe ich selber nicht viel Zeit. Du mußt mir einen winzigen Gefallen tun.«
»In Ordnung.« Mit ihren Gedanken war Deanna bereits bei ihrer Arbeit, als sie zum Nachrichtenraum abbog und ihren Schreibtisch ansteuerte. Nach ihrer Dringlichkeit geordnet stapelten sich dort die Papiere: die Notizen, die sie zu einem Manuskript erweitern mußte, die Liste von Fragen für den Mitarbeiter am Telefon, die Karten mit den Anmerkungen für Deannas Viertelstunde . Sie schaltete ihren Computer an und gab ihr Kennwort ein, während sie auf Angelas Erklärungen wartete.
Angela nahm sich Zeit. Seit Monaten war sie jetzt nicht mehr im Nachrichtenraum gewesen, dachte sie sich. Möglicherweise war es sogar noch länger her. Ihre Büros und ihr Studio befanden sich jetzt im ›Turm‹, wie die Angestellten der CBC den kleinen, weißen Speer nannten, der aus dem Gebäude herausragte. Auf diese nicht gerade subtile Weise wurden die landesweit ausgestrahlten Programme und die nicht zu den Nachrichten gehörenden Sendungen räumlich von den Lokalprogrammen getrennt.
»Ich gebe morgen abend eine kleine Party. Heute abend wird nämlich Finn Riley aus London zurückerwartet, und ich wollte ihm ein kleines Willkommenfest
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