Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
klapperten. An einer Wand zuckten die gegenwärtig laufenden Programme der CBC und der drei anderen Sendernetze über die Monitore. Man konnte riechen, daß vor kurzem jemand Kaffee verschüttet hatte.
»Was ist dein Aufmacher?« fragte sie Roger.
»Der Brand gestern nacht in der South Side.«
Deanna nickte und setzte sich an ihren Tisch. Im Unterschied zu den meisten anderen Fernsehjournalisten herrschte auf ihrem Tisch immer peinliche Ordnung. Gespitzte Bleistifte steckten mit den Spitzen nach unten in einem geblümten Keramikbecher, daneben hatte ein Notizblock seinen festen Platz. Ihr Filofax war mit dem heutigen Datum aufgeschlagen.
»Brandstiftung?«
»Das wird allgemein vermutet. Ich habe die Aufzeichnung eines Interviews mit dem Brandmeister und eine Direktübertragung vom Schauplatz des Geschehens.« Roger hielt ihr seine Tüte mit Lakritzbonbons hin. »Und da ich ein netter Mensch bin, habe ich dir deine Post mitgebracht.«
»Das sehe ich gerade. Danke.«
»Ich habe heute morgen ein paar Minuten von Angela erwischt.« Nachdenklich kaute er auf seinem Bonbon herum. »Macht das die Leute nicht nervös, wenn so früh am Tag über Ehebruch debattiert wird?«
»Dann haben die Leute etwas, über das sie sich beim Mittagessen
unterhalten können.« Sie nahm ihren Brieföffner aus Ebenholz und schlitzte den ersten Umschlag auf.
»Wenn sie im Fernsehen ihren Gefühlen freien Lauf lassen?«
Sie hob eine Augenbraue. »Im Fernsehen den Gefühlen freien Lauf gelassen zu haben, scheint zumindest der Beziehung der Forresters gutgetan zu haben.«
»Für mich sah es so aus, als ob das andere Paar geradewegs auf den Scheidungstermin zusteuert.«
»Manchmal ist auch eine Scheidung die Lösung.«
»Ist das deine Meinung dazu?« Er ließ die Frage bewußt harmlos klingen. »Wenn dein Ehemann dich betrügen würde, würdest du ihm verzeihen und alles vergessen oder die Scheidung einreichen?«
»Nun, ich würde ihm zuhören, darüber reden und herauszufinden versuchen, wieso das passiert ist. Und dann würde ich diesem Schwein von Ehebrecher ein paar Kugeln in den Leib jagen.« Sie grinste ihn an. »Aber so würde ja nur ich handeln. Siehst du? Immerhin hatten auch wir etwas, über das wir uns unterhalten konnten!« Sie blickte auf das Blatt Papier in ihrer Hand. »He, schau dir das mal an!«
Sie hielt das Blatt Papier so, daß sie es beide einsehen konnten. Auf der Blattmitte stand in dunkelroter Farbe ein einziger getippter Satz:
Deanna, ich liebe dich.
»Der geheime Bewunderer alten Schlages, hmmm?« meinte Roger mit gleichgültiger Stimme. Sein Blick jedoch hatte sich verfinstert.
»Sieht ganz danach aus.« Neugierig drehte sie den Umschlag herum. »Kein Absender, keine Briefmarke.«
»Ich habe die Post gerade aus deinem Fach gezogen.« Roger schüttelte den Kopf. »Jemand muß sie dort hineingesteckt haben.«
»Ist ja vermutlich süß gemeint.« Sie rieb sich über die Arme, an denen sie plötzlich fröstelte, und lachte. »Aber auch ein wenig unheimlich.«
»Du könntest ja herumfragen, ob jemand einen Mann gesehen hat, der um deinen Briefkastenschlitz herumschlich.«
»Ach, das ist nicht weiter wichtig«, meinte sie, warf Brief und Umschlag in den Papierkorb und nahm den nächsten Brief in die Hand.
»Entschuldigen Sie.«
»Oh, Dr. Pike.« Deanna legte ihre Post wieder hin und lächelte den Mann an, der hinter Roger stand. »Haben Sie sich auf dem Weg nach draußen verlaufen?«
»Nein, eigentlich wurde mir gesagt, ich könnte Sie hier finden.«
»Dr. Marshall Pike, Roger Crowell.«
Marshall reichte den beiden die Hand und sagte: »Ich schaue bei Ihnen häufig zu, folglich kenne ich Sie ja gewissermaßen.«
»Und ich habe heute morgen zufällig einen Teil Ihres Auftritts mitbekommen«, erwiderte Roger und ließ dabei die Bonbontüte geistesabwesend in seine Tasche gleiten. In Gedanken beschäftigte er sich immer noch mit dem Brief. Er nahm sich vor, ihn bei der erstbesten Gelegenheit aus dem Papierkorb zu fischen. »Wir brauchen übrigens noch das Manuskript über die Hundeausstellung, Dee.«
»Kein Problem.«
»Nett, Sie getroffen zu haben, Dr. Pike.«
»Das gleiche gilt für mich.« Als Roger wegging, wandte sich Marshall wieder an Deanna. »Ich wollte Ihnen noch dafür danken, heute morgen dafür gesorgt zu haben, daß alle bei Verstand geblieben sind.«
»Das ist eines der Dinge, die ich besonders gut kann.«
»Da muß ich Ihnen beipflichten. Ich war immer der Meinung, daß Sie die
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