Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
nicht vor zehn hereinkommen und sie stören, weil sie noch Termine habe.« Geziert zog sie den Saum ihrer Dienstkleidung gerade. »Eigentlich arbeite ich nicht gerne so spät, aber sie war sehr freundlich.« Die Zwanzigdollarnote war noch freundlicher gewesen. »Ich sah sie auch schon im Fernsehen. Aber sie war überhaupt nicht hochnäsig oder so etwas. Sie war richtig höflich. Allerdings auch ziemlich unordentlich«, fügte sie hinzu. »Sie und ihr Mann benutzten jeden Tag ungefähr sechs Badehandtücher, in jedem Aschenbecher waren haufenweise Zigarettenkippen, und überall stand Geschirr herum.« Sie blickte sich im Salon um. »Für jemanden aufzuräumen,
ist wirklich sehr aufschlußreich«, sagte sie und beließ es dabei.
»Da bin ich mir sicher.« Finn lächelte sie aufmunternd an. »War Miss Perkins mit ihrem Mann zusammen, als Sie in ihrer Suite das Bett aufdeckten?«
»Das kann ich nicht sagen. Ich sah und hörte ihn nicht. Aber die andere habe ich gehört.«
»Die andere?«
»Die andere Frau. Die beiden haben sich doch wie Katzen angefaucht.« Carla zog wieder an ihrem Saum und warf einen prüfenden Blick auf ihre Schuhe. »Natürlich habe ich da gar nicht weiter hingehört. Ich kümmere mich um meine eigenen Angelegenheiten. Immerhin arbeite ich jetzt seit sieben Jahren in diesem Hotel, und das können Sie nicht tun, wenn Sie Ihre Nase in das Privatleben der Gäste stecken. Als ich jedoch hörte, wie sie, Miss Perkins, ermordet wurde, sagte ich zu Gino, das ist mein Mann, also ich sagte zu Gino, daß sich Miss Perkins mit dieser Frau in ihrer Suite nur wenige Stunden vor ihrem Tod in den Haaren lag. Er sagte, ich sollte das vielleicht meinem Vorgesetzten erzählen, aber dann dachte ich, das gäbe vielleicht Ärger.«
»Dann haben Sie das also niemandem erzählt?« half Finn nach.
»Nein. Als Sie beide hereinkamen und sagten, Sie wollten mit mir über die Leute in Zimmer 2403 sprechen, dachte ich, Sie wüßten bereits darüber Bescheid.« Plötzlich schaute sie wieder hoch. »Aber vielleicht ist das ja gar nicht so.«
»Was können Sie uns denn über die Frau erzählen, die bei Miss Perkins war, Mrs. Mendez?«
»Ich habe sie nicht gesehen, habe aber genau gehört, was sie sagte. Ich habe beide gehört. Die Frau sagte: ›Ich bin es jetzt satt und habe keine Lust mehr, bei deinen Spielchen mitzumachen, Angela. Und so oder so wird es damit ein Ende haben.‹ Miss Perkins lachte. Ich wußte, das war jetzt Miss Perkins, denn wie ich bereits sagte, sah ich sie im Fernsehen. Sie lachte, wie es Menschen tun, die ganz niederträchtig sind, und sagte: ›Oh, ich bin mir sicher, daß du weiter mitspielen wirst.‹« Carla zog ihre Nase kraus, als sie sich konzentrierte.
»›Für dich steht doch viel zuviel auf dem Spiel, als daß du etwas anderes tun würdest‹, sagte sie. Eine Weile beschimpften sich die beiden noch. Dann sagte die andere Frau: ›Ich könnte dich umbringen, Angela. Aber vielleicht mache ich etwas, das sogar noch besser ist.‹ Dann hörte ich das Knallen der Tür, und wieder das Lachen von Miss Perkins. Ich machte alles ganz schnell fertig und ging in den Flur hinaus.«
»Wissen Sie, Mrs. Mendez, ich glaube, Sie sollten es einmal mit meiner Art von Arbeit versuchen.« Sie zupfte wieder ihren Saum zurecht und zog ihn gerade. »Sie sind nämlich eine sehr gute Beobachterin«, fügte Finn hinzu.
»Dazu kommt es ganz natürlich, denke ich. Wenn man in einem Hotel arbeitet, sieht man so manche komischen Dinge.«
»Da bin ich mir sicher. Ich frage mich nur … Haben Sie die Frau eigentlich zu Gesicht bekommen, die gegangen war?«
»Nein. Hinterher war kein Mensch draußen, aber ich habe auch noch ein paar Minuten gebraucht, bis ich die frischen Handtücher alle auf einen Haufen gelegt hatte. Die Frau hatte dadurch bestimmt genug Zeit, bis zum Fahrstuhl zu gelangen. Da es mein letztes Zimmer war, bin ich anschließend nach Hause gegangen. Am nächsten Morgen hörte ich dann vom Mord an Miss Perkins. Zuerst dachte ich, vielleicht ist diese Frau zurückgekommen und hat Angela direkt hier in dieser Suite umgebracht, doch wie ich herausfand, ist der Mord überhaupt nicht hier im Hotel geschehen, sondern in dem Sender, in dem Deanna Reynolds ihre Talk-Show macht. Mir gefällt Deannas Sendung viel besser«, fügte sie arglos hinzu. »Sie hat ein so schönes Lächeln.«
Deanna versuchte es gerade mit diesem Lächeln bei Finn, der zögernd in der Tür des Blockhauses stand. »Mir geht es
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